Im vergangenen Monat waren wir auf dem Reeperbahn Festival unterwegs, das dieses Jahr zum 17. Mal stattgefunden hat. Vier Tage lang bietet das größte Clubfestival in Europa neben zahlreichen Konzerten auch Workshops und Vorträge an, die sich rund um die Popkultur drehen. Das Festival dient jedes Jahr als ein Ort des Zusammenkommens von Künstler*innen, Musik- und Kulturinteressierten sowie Fachbesucher*innen aus der ganzen Welt. Diskussionsrunden zu aktuellen Entwicklungen in der Musikwirtschaft sind ebenso im Programm. Das Reeperbahn Festival lohnt sich für alle, die Bock auf Livemusik haben und neue Acts entdecken wollen.
Auftakt mit BILBAO und Beachpeople
Musikalisch hat das Reeperbahn Festival für uns am Mittwoch mit der Band BILBAO im Spiegelzelt der Festival Village gestartet. Die Indie-Pop Band aus Hamburg lieferten einen energievollen Start in das Programm. Für die Jungs dürfte der Auftritt wohl etwas ganz besonderes gewesen sein, denn die Idee für die Gründung von BILBAO kam auf dem Reeperbahn Festival 2019. Passender als ihr tanzbarer Spätsommer-Indie-Pop hätte der Anfang nicht sein können.
Ganz anders ging es mit Beachpeople weiter. Bei gemütlicher Atmosphäre in den roten Samtsesseln des Imperial Theaters konnten wir dort sanften melancholischen Träumereien lauschen. Zwischen der enormen Lebhaftigkeit des Festivals konnte man sich dort der Musik völlig hingeben und vergaß jegliches Zeitgefühl.
Kaftklub legen die Reeperbahn lahm
Die Stimmung auf dem Reeperbahn Festival war krass. Wie könnte man das toppen? Eine Frage, die leicht zu beantworten ist. Auf dem Spielbudenplatz lief die Bavarian Export Session mit Elena Steri. Ein kurzer Blick über den Zaun und man sah, wie die komplette Reeperbahn abgesperrt wurde und eine Bühne mitten auf der Straße stand. Menschenmassen strömten auf die Bühne zu und es war kein Ende in Sicht. Was das bedeutet, merkte man ungefähr 30 Sekunden nachdem Elena Steri ihr Set auf der Bühne beim Spielbudenplatz beendet hatte.
Ein paar Meter weiter setzen Gitarren ein und Menschen jubelten. Und dann war Kraftklub da! Die Stimmung war nicht zu toppen. Einen Tag nach Album-Release sind alle im Kraftklub Fieber. Als dann auch noch Special Guest Casper auf die Bühne kommt, weiß man, dass dieser Gig zum Festival-Highlight werden könnte. Zum Schluss sprang noch Bill Kaulitz bei „Fahr mit mir (4×4)“ auf die Bühne.
Moshpit mit Paula Hartmann
Erwartungsvoll machten wir uns auf den Weg zu Paula Hartmann. Beim Uebel & Gefährlich angekommen, sahen wir schon viele andere in der Halle stehen. Die Vorfreude war natürlich nicht unbegründet! Friso kam als erster auf die Bühne. Ein Moshpit nach dem anderen spielte sich in der Mitte ab und Paulas melancholische Texte sangen alle mit, während zu den Beats getanzt wurde. Gegen Ende ihres Sets stimmte sie noch ihre Version von „Another Love“ von Tom Odell an. Stolz erzählte sie, dass sie am Tag vorher in Hamburg auf einem Konzert von ihm war. Genauso schön war es, als auch bei diesem Track alle mitsangen. Nach dem Konzert waren wir verschwitzt, aber vor allem glücklich und voller Euphorie.
Malerischer Indie-Rock mit M.Byrd und Luke Noa
Die St. Pauli-Kirche in Hamburg vermutet man erstmal nicht als Location für ein Musikfestival. Steht man aber im Gang neben den Kirchenbänken und schaut auf die Bühne, entwickelt sich ein unglaublicher Charme. Die beiden Künstler M.Byrd und Luke Noa haben dort im Rahmen des Festivals ein Konzert gegeben und mit ihrer Musik eine ganz besondere Atmosphäre kreiert. Das Zusammenspiel von Klang und Kulisse verlieh dem Clubkonzerte-Alltag eine schöne Abwechslung.
Die Kulisse war perfekt für den träumerischen Indie-Rock Sound von M.Byrd. Auch Luke Noa hat auf der Humming Records Labelnight im Drafthouse eine wahnsinnig gute Show mit Full-Band Line Up hingelegt. Seinen aktuellen Song „21“ hat er am Ende mit Sängerin Lina von Brockhoff performt – das war magisch.
Tränen bei der Betterov & Friends Session im Michel
Magisch ist auch das perfekte Wort für das Betterov & Friends Konzert im Michel. So besonders wie das Setting in der beeindruckenden Kirche, war auch die Setlist. Betterov betrat die Bühne, hinter ihm die Streicher, dirigiert von Tim Tautorat. Wir hörten Songs des neuen Albums und „Viertel vor Irgendwas“-Tracks, die sich warm und bekannt anfühlten. Im Verlauf des Konzerts kamen die Special Guests auf die Bühne. Novaa, Paula Hartmann, FIL BO RIVA und Olli Schulz performten jeweils einen Betterov-Track und einen eigenen Song im Duett. Irgendwann hatten wir aufgehört die Gänsehaut-Momente zu zählen – es waren sehr viele! Vor allem das Duett von Betterov und Paula Hartmann mit „Nie Verliebt“ war wunderschön. Zweistimmig sangen die beiden den letzten Chorus, dann setzen die Live-Streicher mit dem Outro ein. Der Klang der Kirche hat der*m einen oder anderen glitzernde Tränen über die Wangen geschickt.
Das offizielle Aftermovie vom Reeperbahn Festival 2022
Fotocredits: Amélie Ostara Freund