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Schlossgarten Open Air: Es wurde stimmungsvoll – und persönlich

Zum Mini-Festival im niedersächsischen Osnabrück kamen fast 11.000 Menschen, die mit Hits zum Mitsingen und exklusiven Einblicken in das Leben der Musiker belohnt wurden.

Geballte deutsche Pop-Kraft: Luna, Clueso und Bosse

Die mächtige Bühne glänzt nicht nur wie neu, sie ist es auch: Erst zweimal ist auf ihr eine Band aufgetreten. Und die Stahlkonstruktion musste an diesem Abend einiges aushalten. Der gut aufgelegte Clueso unternahm einen inoffiziellen Versuch, den Weltrekord im Hüpfen zu brechen.

Bevor der Erfurter Popstar loslegt, steht erst einmal Newcomerin Luna in den Startlöchern. Manche der Zuhörenden sind noch jünger als die 2002 geborene Passauerin, aber auch viele Ältere sind beim Auftritt der 19-Jährigen zu sehen. Lunas Texte sind voller Selbstreflexion und Analyse der eigenen Entwicklung, die sie durchgemacht hat. Ihren Song „Blau“ nutzt die lesbische Künstlerin, um über ihr Coming-Out zu sprechen. Ihre brandneue Single „Arschloch“ wird vom Publikum interessiert aufgenommen – zum Tanzen ist vielen da aber noch nicht zu Mute. Lunas Auftritt deutet an, wie viel Routine sich Musikschaffende über die Jahre erarbeiten müssen, um einen solchen Auftritt so locker wirken zu lassen, als ob all das keine kräftezehrende Schwerstarbeit wäre.

Bosse übernimmt

Als Axel Bosse die Bühne entert, kommt allmählich Bewegung ins Publikum. Der Sänger hat mächtig Energie mitgebracht – und eine Gitarre. „Ich zeig‘ euch das Instrument nochmal genau, für diejenigen unter euch, die nicht mehr wissen, wie sowas aussieht“, sagt er und macht klar, was er vom Playback-Trend vieler Artists auf Live-Konzerten hält: „Nichts.“

Seine Interaktion mit der Menge ist nahbar, Bosse verteilt unzählige Handküsse und wirkt von der Stimmung ganz berührt. Zu dieser tragen auch Anekdoten aus seiner eigenen Jugend bei. „In meinem Dorf bei Braunschweig musste ich immer diesen blöden Hügel hoch“, erzählt er und baut sich eine Brücke zum Lied „Hallo Hometown“. Bosses Lieder sind so geschrieben, dass sich jeder ein Stück mit ihnen identifizieren kann, ohne dabei beliebig zu sein.

Der Musiker gerät in Plauderlaune, und so erfahren seine Fans mehr über die Hintergründe zu seinem Song „So oder so“, dessen Text aus einem Brief an eine Freundin stammt, die nach einer Trennung verzweifelt war. Bosse gibt Einblick in sein Inneres und erntet dafür die Gunst der Elftausend. Mit „Schönste Zeit“ beendet Bosse seinen schwungvollen Auftritt und beschert einer Gruppe Mädchen dieselbe, indem er ihnen das Mikrofon überlässt. Kein Playback also, dafür aber „Arbeitsteilung“ zwischen Sänger und Publikum.

Auch bei Clueso wird es emotional

Bosse hatte den Osnabrückern so sehr eingeheizt, dass sich Clueso sinnbildlich nur noch ans gemachte Feuer setzen musste. Der überwältigt wirkende 42-Jährige lobte das Publikum überschwänglich für die von ihm ausgehende Energie. „Ihr seid krass, Osnabrück, was für ein geiler Empfang!“, schwärmte er. Bei ein paar Grad weniger – 37 um genau zu sein – sang Clueso mit „37 Grad im Paradies“ einen seiner neuesten Hits und zeigte beim Chorus mit rockigen Elementen seine stimmliche Wandelbarkeit.

Als ihm ein Fan den Wunsch zuruft, seinen Durchbruch-Song „Gewinner“ zu spielen, lacht Clueso laut. „Super Idee, falscher Zeitpunkt“, entgegnet der Erfurter und bleibt zunächst bei seinen dynamischen Stücken wie „Tanzen“, während er Pirouetten im Takt dreht. Clueso gibt den Animateur im Befehlston: „Ihr müsst tanzen!“. Das Publikum lässt sich daraufhin nicht zweimal bitten.

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Dann aber wird es auch bei Cluesos Teil des Abends emotional. „Dieser Song ist für meinen Großvater“, sagt der Sänger und erklärt, warum ihm das Lied „Anlauf nehmen“ so viel bedeutet. „Ich war damals ein ‚Sorgenkind‘ in der Schule, aber mein Opa hat immer gesagt: ‚Ich mache mir keine Sorgen um den Jungen‘ und mir das Gitarrespielen beigebracht.“ Mit „Zu schnell vorbei“ lässt er eine weitere Ballade folgen, die manchen Zuhörenden Tränen über die Augen kullern lassen.

Clueso spielt mit seinem ausgewogenen Set mit den Emotionen des Publikums, versetzt es abwechselnd in Melancholie und Euphorie. Und obwohl Clueso allen Grund hätte, pünktlich Schluss zu machen – schon am Samstag gibt er das nächste Konzert in seiner Heimatstadt Erfurt – überzieht der Musiker am Ende deutlich und nimmt das Publikum noch einmal mit auf eine letzte Reise: Nach „Chicago“. Zum Schluss gibt’s ein Küsschen für den Saxophonisten, der wie alle Bandmitglieder über die knapp zwei Stunden mit diversen Soli zu beeindrucken weiß, und einem „Bis bald, Osnabrück!“.

Fotocredit: Stefan Mückner

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