Es ist wohl nicht mal mehr ein offenes Geheimnis, dass wir große Fans von Anoki sind. Nicht umsonst hat er es zwei Jahre in Folge in unsere artists to watch geschafft. Im April 2022 hat er nun seine EP „Irgendwann wird alles leichter“ veröffentlicht. Jule hat sich dazu Ende Mai mit ihm zum Brunchen getroffen, um über die zentralen Themen der EP – Rassismus, mentale Gesundheit und eine bessere Welt – zu sprechen. Das, und warum ihr Anoki in seiner freien Zeit zukünftig nur noch zu Wasser antreffen werdet, erfahrt ihr jetzt. Viel Spaß.
Anoki im Interview
Jule: Hey Anoki. Erst einmal freue ich mich stark, dass das heute geklappt hat. Wie geht’s dir?
Anoki: Mir geht es heute ausgesprochen gut, weil ich sitze jetzt hier mit dir, bei einem Kaffee und einem Croissant und das ist sehr schön. Mir geht’s wirklich gut. Wir sind gerade viel im Studio und machen eine neue Single für den Sommer fertig. Und der Sommer wird auch richtig gut, wir spielen viele Konzerte. Deswegen geht’s mir gerade… heute ist ein echt guter Tag, ja.
Jule: Das freut mich zu hören. Es ist jetzt knapp zwei Monate her, seit deine Platte „Irgendwann wird alles leichter“ erschienen ist. Ist für dich seitdem schon etwas leichter geworden?
Anoki: Ey, tatsächlich, also: Das Große und Ganze ist natürlich immer noch schwer. Aber diese Platte rauszubringen war für mich schon ein Schritt dahin, dass es leichter für mich ist, zu sagen: „Das ist, was ich mache, das ist die Musik, die ich mache, dafür stehe ich“. Das ist für mich auf jeden Fall immer ein großes Ding gewesen, zu Sachen richtig stehen zu können und in dem ganzen Wahnsinn, den wir jeden Tag zu tun haben, so eine Sache zu finden, die MEIN Ding ist. Ich habe in meinem Leben schon in super vielen unterschiedlichen Jobs gearbeitet. Aber das ist für mich eine so große Sache, dass es mir jetzt leicht fällt zu sagen, dass ich Musiker bin, das ist meine Musik, das ist mein Baby, da bin ich sehr stolz darauf – das ist schön.
Jule: Das war vorher anders?
Anoki: Ja, auf jeden Fall. Also jetzt nicht unbedingt, was den Musik-Anteil betrifft. Aber es ist ja trotzdem immer so, „Musik ist ja kein Job“. Bestes Beispiel: Stell dir vor, du bist auf einem Klassentreffen. Der eine sitzt im Autohaus, die andere arbeitet bei der Sparkasse. Dann gibt es vielleicht welche im Studium oder so, aber alle können handfest erzählen, was sie in ihrem Job machen, wie viel sie im Monat verdienen, dass sie sich irgendwo ein tolles Haus hingestellt haben. Und dann saß ich dabei und dachte mir „Ja keine Ahnung, ich mache halt Musik“. Da kommen dann natürlich die immer gleichen Fragen. Ich hatte da oft nicht die Energie, alles immer wieder zu argumentieren und zu rechtfertigen, es kommt trotzdem immer wieder dieses „Ah, und kann man davon leben? Ah, und wie lange willst du das noch machen? Und wie ist das? Und ist der und die, sind die nett?“. Dann habe ich halt sowas wie „Aber ich studiere ja auch“ oder „ich arbeite da und da“ gesagt, obwohl das dann vielleicht gar nicht stimmte, aber ich hatte meine Ruhe. Das hat sich auf jeden Fall geändert, ich kann jetzt freier sagen „Hey, das ist meine Musik, da kannst du sie hören, viel Spaß“.
Jule: Ist das echt immer noch so, dass man so oft gefragt wird, ob man damit Geld verdienen kann?
Anoki: (lacht) Ja, aber man ist ja auch so ein bisschen in einer Bubble. Wir arbeiten in dieser Branche, für uns sind die Strukturen klarer. Aber ich vergesse oft, dass es immer noch ein Außen gibt, eine Welt, die damit gar keine Berührungspunkte hat. Und das ist dann so die Schwelle, da gibt es sehr viele offene Fragen. Ich kann mir vorstellen, was man macht, wenn man in der Sparkasse arbeitet. Aber viele können sich nicht vorstellen, wie das ist, einen Song zu machen oder sowas. Du machst ja als Musiker*in erstmal alles: Du fährst auf Konzerte, kümmerst dich um den ganzen Ablauf. Das fängt schon bei Bus-Miete an, bei der Kalkulation, kannst du das mit der Gage überhaupt fahren? Du hast eine Band, die musst du bezahlen. Dann musst du gucken, macht das strategisch Sinn, wenn ich jetzt dreimal hintereinander in Hamburg spiele? Und währenddessen solltest du auch noch neue Songs schreiben. Nicht zu vergessen, Social Media: wäre schon cool, wenn du noch bisschen mehr auf TikTok machst. Es ist halt ultra kleinteilig und die Aufgaben und ihre Gewichtung verändern sich ständig, je nach Jahreszeit. Wir merken gerade beide, es gibt da einfach viel zu erzählen und dementsprechend auch viele offene Fragen.
„Das alles kann Rap sein, das macht Spaß, es gibt Möglichkeiten“
Jule: Apropos nicht wissen, wie man einen Song macht. Lass uns doch ein bisschen über die Entstehung deiner Platte quatschen. Wie ist „Irgendwann wird alles leichter“ zu dem geworden, was es heute ist?
Anoki: Also, ich wollte schon sehr, sehr lange eine EP machen, das war der große Plan, für viele Jahre. Ich habe super viele Songs geschrieben und nichts davon rausgebracht, weil ich, wenn ich ehrlich bin, nie zufrieden war mit dem, was da entstanden ist. Irgendwas klang immer ein bisschen zu sehr nach dem oder die Inspiration war nicht weit genug von dem entfernt. Und dann kam 2020, Lockdown, Stillstand. Alles war leer, es gab keine Events, keine Produktionen mehr, es war alles auf Null. Im April 2020 war dann die erste Session für diese Platte und wir haben „Sie bauen eine Mall“ geschrieben. Wir haben Instrumente in die Hand genommen, wir haben das alles eingespielt und das war für mich so – das alles kann Rap sein, das macht Spaß, es gibt Möglichkeiten. Und das war so der zündende Funke für mich, die Blaupause, wie ich das machen möchte. Und dann habe ich das mit Tim Tautorat und Dennis Borger möglich gemacht. Wir haben uns fast jeden Tag im Studio getroffen und an den Songs gearbeitet. Der Bremshebel war umgelegt, es hat sich ganz intuitiv einfach alles zusammengefügt. Wir sind dann 5 Tage und Nächte in die Freudenhaus Studios gegangen, haben tonnenweise Equipment im Studio aufgebaut und aufgenommen. Irgendwann war das auf einmal alles da. Nach diesem jahrelangen Prozess war es einfach da.
Jule: Aber warum nennst du die Platte EP und nicht Album, es sind ja immerhin 9 Songs drauf.
Anoki: (lacht) Das fragen sich einige. Ich bin einfach mit dem festen Wunsch rangegangen, dass es eine EP wird. Weil das Thema „Album“, ich finde das sehr holy irgendwie. Und ich weiß, dass „Irgendwann wird alles leichter“ einfach eine EP ist. Auch wenn sie einen roten Faden hat, auch wenn sie soundästhetisch zusammenpasst, auch wenn die Geschichte zusammenpasst, der Titel das alles zusammenfasst. Ich weiß, dass wenn ich das Album mache, dass das nochmal anders wird und ich weiß, dass es nochmal ein Schritt mehr wird. Ich wollte hier einfach auch ein paar Sachen ausprobieren so, weißt du? Bei einem Album möchte ich mir aber sicher sein, mit allem, was ich tue. Bei der EP bin ich mir im Nachgang auch sicher, aber der Weg dahin war super viel trial and error. Und jetzt weiß ich genau, wie ich möchte, dass das Album funktioniert.
Jule: Du hast gerade die zusammenpassenden Geschichten angesprochen. Deine Texte sind ja auch sehr intim, tun an den wichtigen Stellen weh, machen aber zum richtigen Zeitpunkt noch die Biege, sodass man gerade so nicht anfängt zu heulen. War es dir wichtig, dass die Platte diesen Funken Hoffnung behält? Sie ist ja schon sehr schwer, das muss man zugeben.
Anoki: Das hast du voll schön zusammengefasst, danke. Also der Titel alleine ist ja schon eine Kernessenz: Wir machen gerade so viel Scheiß mit, beißen uns irgendwie durch, weil wir alle davon ausgehen, dass es leichter wird. Sonst würden ganz viele Sachen auch gar nicht funktionieren. Ganz viele Leute könnten ihre schweren Jobs nicht machen und durch ihre schweren Tage kommen, wenn diese Hoffnung nicht da wäre. Und diese Perspektive zu haben, das ist der rote Faden der Platte. Ich habe genau das gesagt, was in mir vorgeht. Das sind oft sehr dunkle Sachen, aber wir haben die so in Instrumental-Gewänder eingebettet, dass es trotzdem irgendwie eine Leichtigkeit mitgibt. Es war eine krasse Challenge, aber ich finde, die Balance ist gut durchgekommen. Deswegen: Ja, war es mir sehr wichtig, dass diese Perspektive, das Leichte, auf jeden Fall fühlbar und erlebbar ist.
„Ich lege mich in die Sonne, lese ein Buch oder male irgendeinen Quatsch“
Jule: Du sprichst auch schon länger offen über Panik, Angst, Depression. Wie schaffst du es, dich selbst aus einem Loch rauszuholen? Ist das für dich auch die Musik oder gibt es auch andere Sachen, die dir helfen?
Anoki: Ich habe für mich rausgefunden, dass es mehr gibt als Arbeit. Guck mal, ich liebe ja, was ich tue und das macht mich immer happy. Das ist immer geil, aber es ist trotzdem alles Arbeit. Und rauszufinden, dass es auch andere Dinge gibt, die mich erfüllen können, die nicht Arbeit sind, also Sachen, die keinen verwertbaren Output haben: Ich lege mich in die Sonne, lese ein Buch oder male irgendeinen Quatsch. Das hat mir geholfen, nicht mehr in eine Panik reinzurutschen. Panik kommt bei mir immer mit einer ganz krassen Überforderung zusammen, wenn alles ballert und von allen Seiten über lange Zeit die Belastung hoch ist. Aber natürlich war das auch zwei Jahre Therapie. Das ist auf jeden Fall ein heißer Tipp für ganz viele Leute, auch wenn der Weg dahin super schwer ist – auch, sich das selbst einzugestehen. Es ist nicht normal, morgens aufzuwachen und müde zu sein oder abends im Bett zu liegen und Angst zu haben, dass es zu Ende geht. Nur mit einem guten Mindset und zu sagen „Ich mach Pausen und nur schöne Sachen“ ist eine Panikstörung oder Depression einfach nicht zu behandeln. Es ist einfach ein normales Krankheitsbild. Wenn du Rückenschmerzen hast, gehst du auch zum Arzt, das ist ganz normal. Aber eine Therapie nicht? Bestes Beispiel: Berufsunfähigkeitsversicherung. Kriege ich nicht, weil ich eine Therapie gemacht habe. Was zur Hölle ist das? Ich meine, ich gehe doch zur Therapie, damit ich noch ein bisschen mehr vom Leben habe und eventuell auch länger dabei bin. Aber für solche Versicherungen ist das einfach ein Ausschlusskriterium, da bist du einfach raus. Das ist doch nicht normal. Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in der das normal ist, ich möchte darüber offen sprechen können und nicht dafür bewertet und absolut nicht institutionell bewertet werden. Das finde ich ganz, ganz furchtbar.
Jule: Auch ein großes Thema der EP ist Rassismus, dem du selbst ausgesetzt warst und bist, dem andere ausgesetzt sind. In „Schüsse“ geht es um den Anschlag in Hanau am 19.02.2020 – einer von vielen, das muss man ja leider auch einfach mal sagen. Begleitet und beeinflusst dich sowas in deinem täglichen Leben?
Anoki: Auf jeden Fall, ja, klar. Das ist aber auch super vielschichtig. Ich komme ja aus einer Kleinstadt, bin in Bayern aufgewachsen und da habe ich das tagtäglich, physisch und psychisch, erlebt. Ob Polizei, Lehrkräfte, Mitschüler*innen, das war Gang und Gebe. Es gibt einfach hierarchische Strukturen, die sich aufbauen und oben stehen einfach selten Leute, die Migrationserfahrung haben. Kennst du diese Racial Stress Theorie? Durch das Aufwachsen in diesen Strukturen ist dein Stresslevel grundlegend einfach höher, weil du immer eine Bedrohungssituation siehst. Du bist einmal am „falschen Ort“ und bekommst die Fresse poliert. Das passiert dir ein-, zweimal. Dann siehst du eine Person, die sieht aus wie die, die dir das angetan hat. Das könnte jetzt also wieder eine Gefahrensituation sein. Damit ist dein Stresslevel ist die ganze Zeit angespannt. Ich war dann immer so, ich bin jetzt extra nett zu Leuten, ich spreche extra gut Deutsch mit ihnen, damit die sehen, okay, der ist gut integriert, bla bla bla. Das lässt sich auch direkt zusammenführen mit dem Thema Depression und Angststörung – was ich eben ja schon erzählt habe. Es gibt tagtäglich solche Situationen, das ist ein großes Thema.
„Ich würde mir wünschen, dass es gerechter zugehen würde“
Jule: Wie würde eine bessere Welt für dich aussehen?
Anoki: Also ich würde erst einmal ganz viel umverteilen und viele Leute enteignen (lacht). Das war jetzt ein bisschen plakativ gesagt, aber Fakt ist: Vieles ist einfach super ungerecht. Viele unserer Sorgen, Ängste, Nöte und Krankheiten basieren darauf, dass jeder Tag ein Struggle ist. Wie zahle ich die Miete? Wie bringe ich meine Familie durch? Will ich diesen Job? Das fußt alles darauf, dass für viele Leute jeder Tag ein Kampf ist. Es gibt Menschen, die sind über 50 und müssen drei Jobs machen, um zu überleben, das ist doch geisteskrank. Man redet immer so über diese Leistungsgerechtigkeit – das ist ja so ein geiles Wort von neoliberal argumentierenden Leuten. Wenn du viel leistest, verdienst du viel. Ja, haben wir in den letzten Jahren ja gesehen. Wenn du im Krankenhaus auf der Intensiv arbeitest, dann leistest du anscheinend sehr wenig, weil du verdienst ja auch sehr wenig. Ich würde mir wünschen, dass es gerechter zugehen würde. Wir hätten ein viel längeres Leben, wenn Armut nicht tabuisiert wird, sondern normalisiert wird und wenn Programme greifen und nicht stigmatisiert werden. Ich glaube, das wäre eine gute Welt. Im Song „Irgendwann wird alles leichter“ habe diesen Ort in meinem Kopf gebaut. Wo es egal ist, welche Schuhe wir tragen. Wo es egal ist, wo wir herkommen.
Jule: Auch ein zentraler Punkt auf deiner EP ist das Fragen und Hinterfragen. Und du traust dich aber auch, manche Fragen unbeantwortet zu lassen, weil du sie gerade einfach nicht beantworten kannst. Bei mir ist beim Hören angekommen, dass du dir über sehr viele Sachen Gedanken zu machen scheinst. Bist du ein nachdenklicher Mensch?
Anoki: Ich glaube, das ist Teil dieses Abwägens von Situationen: Ist die Situation gerade gut oder schlecht für mich, ist sie gefährlich oder nicht gefährlich. Meine Freund*innen nennen das „Grübeln“ und fragen mich oft „Grübelst du gerade wieder?“ (lacht). Ich merke das ja auch, ich mache das sehr viel und ich merke auch, dass ich das ein bisschen weniger machen muss, weil mir damit auch echt auch viel Energie und Freude flöten geht. Aber ich kann sehr schwer abschalten irgendwie. Das wird ein bisschen besser gerade, was aber auch damit zu tun hat, dass ich mich wohler fühle. Aber ja, ich denke ein bisschen zu viel nach und wünsche mir oft, das einfach mal ausmachen zu können und einen Moment einfach so geil zu finden. Das ist mein Projekt für den Festival-Sommer. Wir spielen so viele Shows, meine wunderbare Band und ich haben da so lange drauf hingearbeitet. Ich weiß nicht, wie lange wir das noch machen können, deshalb will ich es einfach nur genießen.
Jule: Du überzeugst ja nicht nur mit genre-übergreifenden Sounds, darauf war ich vorbereitet. Aber auf die Wortgewandtheit und Texte, darauf war ich nicht so ganz vorbereitet. Und die hat mir beim ersten Hören der EP ein bisschen den Boden unter den Füßen weggezogen. Weißt du eigentlich, wie gut du mit Worten bist?
Anoki: Wow Jule ey, danke (lacht). Also ich schreibe ja schon sehr lange Texte. Ich habe immer Musik gemacht, habe aber nie ein Instrument gelernt – mit Zettel und Stift konnte ich aber trotzdem immer an einer Band teilnehmen. Das habe ich schon immer gemacht und deshalb auch Linguistik studiert, weil ich das super geil finde. Ich schreibe ja auch für viele andere Künstler*innen, weil ich Sprache liebe. Ich meine schon, dass ich ein gutes Gespür habe für Wortästhetik und so.
Jule: Das meine ich auch!
Anoki: … das freut mich wirklich sehr, weil mir Texte super wichtig sind. Ich habe jetzt diesen einen Schritt gemacht. Früher habe ich immer eine Grenze gezogen, dass ich Texte nicht zu nah werden lasse. Ich wollte immer noch so eine Mauer haben zwischen dem, was in meinem Inneren abgeht und dem, was ich sage. Und das habe ich jetzt einfach mal versucht einzureißen. Ich habe diese Worte, dann kann ich sie doch auch benutzen. Warum versperre ich mich dagegen, die Dinge zu sagen, die tatsächlich in mir vorgehen? Deshalb finde ich es sehr schön, wenn Leute diese Texte gut finden und mit diesen Aussagen etwas anfangen können. Wir haben auf der Platte auch komplett auf den Aufbau von typischen Popsongs geschissen. Und diese Texte stehen irgendwie trotzdem so im Vordergrund und die Songs bauen sich so um diese Texte rum auf, das war ein cooler Step irgendwie.
„Auf der eigenen Tour zu zocken, das wird ultra geil“
Jule: Ein nächster cooler Step ist auch, dass du im September gemeinsam mit Kaltenkirchen auf Tour gehst. Wie sind deine Gefühle dazu?
Anoki: Jetzt richtig gut. Wir haben ja gerade OK KID auf ihrer „Kleiner Drei“-Tour supportet, durch kleine Clubs. Und das sind fast die gleichen Clubs, in denen wir auch im September auf unserer Tour spielen. Ist natürlich geil, dass ich den Leuten halt schon vorab meine Musik präsentieren konnte (lacht). Ich merke auch, die Leute kaufen wieder Konzertkarten. Das war direkt nach Corona natürlich sau schwer, weil alle halt noch 1.000 Karten am Kühlschrank hängen hatten. Aber ja, im September touren wir dann und ich hoffe, dass das alles funktioniert. Ich habe sooo Bock. Natürlich habe ich auch Bock auf diese 40 Konzerte im Sommer aber dann nochmal im September auf der eigenen Tour zu zocken, das wird ultra geil. Ich kann es wirklich nicht erwarten. Es juckt so sehr, also kommt alle dahin, wir sind auch in eurer Nähe (lacht).
Jule: Dann kommen wir auch schon zu letzten Frage, die traditionell bei uns die nach einer untold story ist. Etwas, dass du noch nie in einem Interview erzählt hast.
Anoki: Okay, also, das hat aber gar nix mit Musik zu tun. Ich habe letztes Jahr, es war Corona, ein bisschen zu viel Zeit im Internet verbracht, wie ungefähr alle. Ich habe damals noch studiert und an meiner Uni kommt man relativ cheap in so Segelkurse rein, also habe ich einen Segelkurs gemacht. Dann bin ich immer so 4 Stunden auf dem Wannsee gesegelt und danach ins Studio gefahren, um Mucke zu machen – wie geil isses? Dann bin ich aber leider in so ein rabbit hole gefallen und habe auf eBay Kleinanzeigen ein altes Segelboot gefunden, das in einer Scheune in Sachsen-Anhalt stand. Das Ding war eine richtige Ruine, kannst du dir nicht vorstellen. Aber ich bin hingefahren und das war alles suuuuper dubios (lacht). Da ist so ein freilaufender Pitbull mit Nietenhalsband rumgelaufen, der an der Pfote geblutet hat und der Besitzer meinte nur so: „Das ist ganz normal, wenn der gestresst ist, beißt der sich immer“ – und das beschreibt eigentlich den ganzen Vibe (lacht). Und naja, dann habe ich dieses Boot halt gekauft.
Jule: Hahahaha! (Anm.: Ich weiß, dass sich ein „hahaha“ eher awkward liest, aber das war der einzige Weg, mein lautes Lachen zu verschriftlichen, verzeiht mir)
Anoki: Es wird noch besser. Ich habe das Boot dann an der Grenze zu Brandenburg ins Wasser gelassen. Dann habe ich es 4 Tage am Stück nach Berlin überführt. Durch sieben Schleusen. Das habe ich natürlich noch nie vorher gemacht. Ich war nervlich ein Wrack, wir waren zwar zu zweit, aber es war trotzdem die blanke Superhölle (lacht). Jetzt habe ich aber einen Stellplatz gefunden in einem wunderbaren Segelverein. Es ist so funny da, wie ein Kleingartenverein, aber mit Leuten, die gerne chillen und Bier trinken. Da konnten wir das Boot jedenfalls ordentlich reparieren, mit Freund*innen, die auch handwerklich Ahnung davon hatten. Uuuuuund, vor einer Woche waren wir endlich das erste Mal richtig damit segeln. Das war so geil, so geil. Ich werde also im Sommer, wenn ich in Berlin bin, nicht Zuhause sein, sondern die Zeit ausschließlich auf dem Segelboot chillen, den Anker auswerfen, Aperol saufen und mein Maul halten (lacht).
Jule: Und dabei wünsche ich dir den größten Spaß. Und Respekt, ich habe bei noch keiner untold story so viel gelacht, vielen Dank fürs Teilen. Und natürlich auch vielen Dank für deine Zeit!
Wenn ihr jetzt auf der Suche nach einem Soundtrack für eure nächste Segeltour seid oder jetzt einfach nur Bock habt, Anokis EP auf Repeat zu hören, dann könnt ihr das hier gerne tun:
Fotocredits: Janos Götze (Titelbild, Bild 2), Jens Krahe (Bild 1), Paul Weber (Bild 3, Screenshot)