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St. South droppt das gefühlvolle Debütalbum „Get Well Soon“

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St. South ist die australische Sängerin Olivia Gavranich, die am Freitag ihr Album „Get Well Soon“ veröffentlicht hat. Nach zwei EPs bildet es das Debüt, auf das Fans (including me) schon sehr lange gewartet haben. Spoiler: Es ist ziemlich gut und ich bin nicht ein Stück enttäuscht. Wer St. South nicht kennt –sie ist noch relativ unbekannt – sollte ihr auf jeden Fall eine Chance geben. Die Australierin ist in ihrer Musikproduktion komplett autark und macht Soulfoul Electro mit Bedroom-Pop-Einflüssen. Ihr seid angetan, aber wisst noch nicht ganz, ob es was für euch ist? Einfach weiterlesen, denn hier kommt die komplette Review zu einem Album, was mich sehr viele Dinge fühlen lassen hat.
Does Your Brain Ever Get This Loud?
Allein die Frage. Yes, it does. St. South eröffnet ihr Debütalbum mit einem starken, gefühlvollen Statement in Does Your Brain Ever Get This Loud?. Mehrere warme Stimmen-Samples legen sich aufeinander, es ist als würde der ganze Song pulsieren. Soulfoul Electro passt hier tatsächlich eins zu eins. St. Souths Stimme ist weich und führt durch ein sanftes elektronisches Arrangement. Es ist purer Chillwave. Der Song handelt von der ersten kleinen Kirse in den Mittzwanzigern, an die auch ich mich langsam heran nähere und meine kleine “quarter-life-crisis“ nenne. Ich für meinen Teil kann mich hiermit also gut identifizieren. Für den Opener auf einem lang erwarteten Debütalbum setzt Does Your Brain Ever Get This Loud? einen sehr guten Start.
 

Can someone show me how to kill self doubt ‘cause I’m 25 and can’t work it out.

If It’s Not You zieht das Tempo ein bisschen ran und auch wenn ich damit nicht unbedingt gerechnet habe, I am here for that. Der Song hat ein Feature von N.Y.C.K, Olivia’s besten Freund Nick, und ist ein ganz ehrlicher Break Up Song. Im Allgemeinen ist hier anzumerken,dass das Konzept hinter Get Well Soon das Überkommen einer gescheiterten Beziehung ist. St. South selbst sagt, dass es aber nicht nur um diesen Break Up geht, sondern viel mehr um das Zurückkommen zur eigenen Person. If It’s Not You ist trotz schnellerem Beat und dieser Message traurig melancholisch, aber auch das ist Part des Prozesses.
“Squeeze my hand when you’ve had enough”
Auch auf Growing Up nimmt uns St. South mit in eine sehr ehrliche und sehr offene Welt. Olivia hat dafür eine alte Kassette von ihrer Kindheit gesampelt, in dem man ihre Eltern und ihren Bruder sprechen hört. Es kreiert eine Nostalgie, die mich sofort ergreift. Als der Song dann richtig anfängt, wird diese Nostalgie mit Lyrics aufgegriffen, während ich es musikalisch schon fast catchy finde. Es hat auf jeden Fall Ohrwurm-Potential. Ihre Lyrics beschreiben aber nicht nur die Nostalgie einer vergangenen Beziehung, sondern ist auch auf andere emotionale Situationen übertragbar, wie zum Beispiel auf Angstzustände, die

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St. South selbst hatte, und der Umgang mit ihnen.
 
Not Angry Yet schlägt endlich in die tiefe verzweifelte Trauer, die ich seit Anfang des Albums wollte. Es ist schwierig, gute traurige Lieder zu schreiben, die mich von Anfang bis Ende abholen. Klingt komisch, aber ich bin auch sehr picky, was traurige Lieder angeht. Wenn ich’s fühle, will ich’s richtig fühlen. St. South gibt mir mit diesem Song genau das. Die Trauer, der Frust und die anschließende Resignation, alles passt perfekt zum Aufbau des Songs. Not Angry Yet fängt  langsam an, baut sich frustrierter auf und endet dann einfach so –wie im echten Leben auch. Ebenfalls interessantes Hintergrundwissen: St. South hat das Lied erst mit anderen Pronomen geschrieben, sich dann aber umentschieden. Sie identifiziert sich als queer und das ist wahrscheinlich auch ein großer Grund, warum ich das ganze Album so liebe. Es ist einfach gut und ich kann mich mit den Lyrics identifizieren, ohne die Pronomen in meinem Kopf ändern zu müssen. Representation matters.

I hang out the washing, I’m not what she wanted. I’m folding the laundry, was my bed too hard for you, after all?

“We can make it better”
Der nächste Song heißt Intermission und ist mein absoluter Lieblingssong auf dem ganzen Album. Hier ist er für euch verlinkt, damit ihr ihn wie ich auf Dauerschleife hören könnt. Während ich das schreibe, höre ich ihn gerade zum dritten Mal nacheinander und mein Fazit: er ist einfach viel zu kurz. Mit knapp zweieinhalb Minuten gibt mir St. South gar keine Chance als immer und immer wieder auf Replay zu drücken. Intermission ist nicht komplex oder pompös, sondern wie eine Schlafdecke, die sich aus mehreren Stimmen Samples zusammensetzt, mich einwickelt und alles andere ausblendet. Die Lyrics sind die kürzesten auf dem ganzen Album, hauptsächlich besteht es aus übereinander gelegten und versetzten Loops von „we can make it better, again“. Die leichten Geigen bringen dann noch ein bisschen Dramatik dazu und ich treibe endgültig davon.
 
Nachdem ich mich gerade komplett in Intermission verloren habe, geht es jetzt weiter mit I’m Still Me. Es greift den vorherigen Vibe direkt auf, ist aber wieder ein „richtiger“ Song mit Strophen und Chorus. Inhaltlich geht es um den Verlust einer geliebten Person und die Depression, in die man dadurch verfällt. Man ist während eines Break Ups meistens am härtesten zu sich selbst und das ist mental gar nicht so gesund. Dieses Gefühl greift St. South auch in A Little Alive auf. Während die erste Hälfte noch sehr niedergeschlafen und hoffnungslos wirkt, ist die zweite Hälfte des Songs, den Olivia auch mit mehreren Monaten Pause geschrieben hat, wütender und verständnisloser. Doch die Wut ist gut, denn dadurch fühlt man sich nicht nur ein bisschen mehr am Leben aber man ist auch einen Schritt weiter im Verarbeiten, was eigentlich geschehen ist. Und fühlt sich A Little Alive.
You Loved Me Yesterday
St. South, Untoldency, Untoldency Magazine, Indie, Musik, Blog, Blogger, Online Indie Musik Magazin, Review, St. South Music, Get Well Soon, Olivia GavranichEs sind die letzten zwei Songs und mein frühzeitiges Feedback – Get Well Soon ist ein verdammt gutes Album, und es ist sogar noch besser, wenn man ein bisschen down ist. Das ist jetzt einfach mein Geheimtipp an euch für die Zeiten, von denen man ungern online vielen fremden Menschen erzählt, die aber trotzdem jedem von uns passieren. In Can I Come Over singt St. South von dem starken Band zwischen Freunden, die für einen da sind, auch wenn man es eigentlich gar nicht will. Doch Trauer und auch Depressionen sind nichts, für das man sich schämen sollte. Ganz im Gegenteil. Jeder hat sich schon mal so gefühlt, und auch wenn das alles absolut individuelle Erfahrungen sind, sollten wir mehr darüber reden.
 

You need to know that you’re strong, that you’re loved by someone.

Der letzte Song auf dem Album ist You Loved Me Yesterday. St. South hat ihn einen Tag nach dem Break Up geschrieben. Er ist sehr emotional und verletzlich und stimmt auch mich nochmal ein bisschen trauriger. You Loved Me Yesterday handelt aber auch von der Hoffnungslosigkeit und Resignation, die eintritt, wenn man akzeptiert, dass es sich jetzt einfach eine Weile so anfühlen wird, bis es besser wird. Es klingt aus mit zweieinhalb Minuten eines echt schönen und ruhigen Saxophon-Solos.

Die Message hinter Get Well Soon: Es ist in Ordnung, sich gleichzeitig gut und schlecht zu fühlen. Die Verarbeitung der Gefühle nach einem emotionalen Trauma, was ein Break Up absolut sein kann, ist vielschichtig und komplex. In den Worten von St. South selbst, ist Get Well Soon nicht nur ein Trennungsalbum, sondern viel mehr ein „self-care album –a soundtrack to self-empowerment“. Und diesem kann ich nur zustimmen. Get Well Soon ist kein Heul-Album von Anfang bis Ende, sondern im Gegensatz, es ist so vielschichtig und so kreativ produziert, dass es an Teilen fast eher beruhigt statt runterzieht. Musikalisch ist es auf jeden Fall absolut hörenswert und ich kann es euch allen nur ans Herz legen –gerade wenn ihr euch inhaltlich damit identifizieren könnt.

 

Fotocredit geht raus an: Liam Gillie

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