Ich kann es nicht anders sagen: Lorde und ich – das war einfach Liebe auf den ersten Ton seit 2013. Deswegen kann ich wahrscheinlich nicht so richtig objektiv an diese Review rangehen, aber ich gebe mein Bestes. Hier also meine Gedanken zu “Solar Power“.
Vier Jahre lang war die Neuseeländische Sängerin von der musikalischen Bildfläche verschwunden. Am 11. Juni, dem einzigen Tag der Sonnenfinsternis in diesem Jahr, wurde die Single “Solar Power” released – eine weich-warme Hymne an den Sommer und die Kraft der Sonne. Es geht um die Flucht in die Natur, Leichtigkeit des Sommers und der Sonne, aber auch darum, die Winterdepression und den Alltag einfach einmal hinter sich zu lassen. Klimaaktivist:innen neben die Lyrics mit Humor und weisen darauf hin, auf mehr erneuerbare Ressourcen wie Solarenergie zu setzen.
“Solar Power” = Sorgen und Problem ade!
Beim ersten Hören von „Solar Power“ wird klar: Lorde ist sich treu geblieben! Ihre Stimme zieht mich noch genauso in ihren Bann wie vor vier Jahren und setzt die Außenwelt kurz auf Pause. Aber trotzdem bildet der Song einen Kontrast zu dem gewohnt melancholischen Sound à la „Pure Heroine“ und „Melodrama“. Von Songs wie „Ribs“, „Royals“ oder „Green Light“ bin ich gewohnt, dass sich die Spannung immer weiter aufbaut und Lorde sie im Refrain der Songs meist wie eine Bombe platzen lässt. Das ist dieses Mal etwas anders. Man könnte fast sagen, die Sängerin wagt einen Neustart. Von der ersten Sekunde an bekommt man einfach gute Laune.
Chillige Akustik-Gitarren ziehen sich durch das Lied ohne dabei in eine Art Trott zu verfallen und werden gegen Ende unterstützt von sanften Drums. Insgesamt ist der Song zwar relativ monoton, aber trotzdem passiert irgendwie immer etwas Neues. Produzent Jack Antonoff zeigt wieder einmal was er drauf hat. Abgerundet wird das Meisterwerk durch Hintergrund-Harmonien von Clairo und Phoebe Bridges. A match made in heaven! Gemischt mit Lorde‘s atmosphärischer Stimme ist das die perfekte Kombination für mich.
„Forget all of the tears that you’ve cried, it’s over. It’s a new state of mind — are you coming, my baby?“
Ja, ich komme! Der Song löst bei mir direkt das Bedürfnis aus, mich am Strand sonnen und dabei einen eiskalten Cocktail schlürfen zu wollen. Nicht ganz so sicher bin ich mir, ob diese Zeile auch eine Anspielung auf einen neuen Lorde-Sound sein soll. Will sie ihre Fans darauf vorbereiten, dass es in Zukunft mehr sonnige, happy vibes und weniger „Melodrama“ gibt? Diese Spekulation lässt sich wohl erst so richtig beantworten, wenn das komplette Album erschienen ist.
Die gewohnt ironische Art der 24-jährigen Neuseeländerin gibt mir allerdings direkt wieder ein wohlig warmes Gefühl vom Zuhausesein. Ihre Art, sich selbst nicht zu ernst nehmen mit Lines wie „I’m kinda like a prettier Jesus“, die mich sehr an „You can call me Queen Bee“ aus „Royals“ erinnert, kommt einfach an – ohne dabei überheblich zu wirken.
„And I throw my cellular device in the water. Can you reach me? No, you can’t“
Ok, ich weiß nicht, ob ich mein Handy jetzt unbedingt ins Meer werfen würde, aber der Gedanke dahinter gefällt mir. Einfach mal abschalten und nicht erreichbar sein – auch, wenn das im Jahr 2021 gar nicht so leicht ist, sollte ich dem Gefühl alle 2 Minuten mein Handy nach neuen Benachrichtigungen checken zu wollen mal gepflegt entgegenwirken und es einfach einen ganzen Tag lang ausschalten. Wenn wir mal ganz ehrlich sind, wissen wir alle, dass wir ohne Handy meist deutlich entspannter sind. Danke also für die Erinnerung, Lorde.
Auch wenn der Song in vielen Artikeln mit George Michaels „Freedom“ verglichen wird, liegt die eigentliche Inspiration für „Solar Power“ laut Lorde in „Loaded“ von Primal Scream. Ich kannte den Song ehrlich gesagt nicht, aber nach dem ersten Hören fällt mir direkt die große Ähnlichkeit im Beat zum Refrain von „Solar Power“ auf. Ich mag’s!
Großes Diskussionspotential
Wie ich den Song finde, ist mittlerweile deutlich geworden. Doch was sagt die Fanbase? Von tiefster Enttäuschung bis höchste Euphorie ist so ziemlich alles zu finden. Es gibt viele Fans, die finden, dass Lorde doch eigentlich viel mehr draufhat als eine eintönige Pop-Hymne für den Strandtag. Andere sehen die Weiterentwicklung ihres Idols und sehen es als eine Art coming of age. Die Twitter-Gemeinde hat von „gelungenes Comeback“, über Memes, bis hin zu Mecker-Posts über den langweiligsten Song des Jahres so ziemlich alles zu bieten.
Es gibt allerdings einen Punkt, in dem die Musikwelt sich einig ist: Wir müssen über Lorde’s Po reden. Denn den größten Diskussionsbedarf gibt es wohl über das Cover von „Solar Power“. Zu sehen ist eine gut gelaunte Lorde aus der Froschperspektive, die am neuseeländischen Strand entlangläuft oder genauer gesagt springt. Sie trägt dabei eine Bikinihose und ein sonnengelbes Oberteil. Das Foto wurde von ihrer besten Freundin Ophelia geschossen, die im Sand lag als Lorde über sie hinweg sprang. Manchen ist das zu freizügig und nicht jugendfrei. Deshalb gibt es zwei Versionen des Covers – die eigentliche Version und eine zensierte, auf der Sonnenstrahlen den Po der Sängerin bedecken. Die zweite Version wird hauptsächlich in Ländern wie China, Japan oder Saudi-Arabien genutzt. Ich bin froh, dass wir die originale Version zu sehen bekommen. Ein unbedeckter Po am Strand sollte ja mittlerweile eins der normalsten und natürlichsten Dinge sein. Aber naja, bevor ich abschweife, widme ich mich doch auch nochmal kurz dem Musikvideo.
Regisseur für das Video war Joel Kefali, mit dem Lorde auch schon für „Royals“ zusammengearbeitet hat. Für die Produktion hat sich die Crew einen privaten Strandabschnitt gemietet und Lorde hat all ihre Freunde zum Dreh ins Boot geholt. Für mich hat die Atmosphäre ein bisschen was von einer Sekte voller Sonnenanbeter:innen, die auf einer einsamen Insel gestrandet sind. Das wird wahrscheinlich auch durch die Zeile „I’m kinda like a prettier Jesus“ nochmal verstärkt wird. Und können wir mal kurz darüber reden, dass Lorde im Video aus einer Fenchelknolle raucht? Falls irgendjemand weiß, was sie uns damit sagen will, hit me up. Ich habe auf jeden Fall keine Ahnung.
Im Interview mit Triple J verrät Lorde, dass bereits eine Reihe von Musikvideos zum Album gedreht wurden. Das Video zu „Solar Power“ soll die Einleitung in das Universum des neuen Albums sein – mit ihr als Tourguide.
“Solar Power” – Und was ist jetzt mit dem Album?
„The album is a celebration of the natural world, an attempt at immortalising the deep, transcendent feelings I have when I’m outdoors“
Eine Ode an die Natur und ihre heilende Wirkung in emotionalen Momenten – sei es bei Liebeskummer, Trauer oder in glücklichen Augenblicken. Klingt interessant, aber so richtig kann ich mir noch nicht vorstellen, in welche musikalische Richtung es geht. Bleibt also weiterhin gespannt! Lorde verrät zudem, dass das Album zur nächsten Jahreszeit erscheinen soll. Die Fanbase spekuliert: Heißt das im Herbst oder doch schon im Sommer? Denn theoretisch beginnt der Sommer laut Kalender am 21. Juni. Lorde selbst sagt dazu nur „I want this album to be your summer companion, the one you pump on the drive to the beach.“ In einem Interview hat Lorde außerdem gesagt, dass „Solar Power“ die eine Seite des Albums darstellt. Das lässt mich vermuten, dass wir uns auch auf eine melancholische, dunkle Seite des Albums freuen können.
Long story short: Ich feiere Lorde’s Comeback und bin umso mehr gespannt, was mich auf dem Album erwartet. „Solar Power“ ist ein bisschen wie eine Droge, die mich in permanente gute Laune versetzt und ein bisschen abhängig macht. Ich liebe die Leichtigkeit und Unbeschwertheit, die in dem Song mitschwingt. Alles wirkt sehr natürlich, pur und auf keinen Fall gespielt. Es ist quasi die Ankündigung einer neuen Ära. Lorde, ich wäre dann jetzt bereit für das Album!