Vor einem Jahr haben wir die österreichische Singer-Songwriterin OSKA im Interview zu ihrer Debüt-EP vorgestellt, danach hat sie uns auf der Acoustics-Tour im Sommer zusammen mit Stu Larsen begeistert und seitdem kommt eigentlich kaum noch jemand an ihr vorbei. Ende Februar kam ihr Debütalbum „My World, My Love, Paris“ raus und passend dazu, haben wir mit ihr über die Einflüsse hinter dem Album, Familie und das Musikbusiness gesprochen. Und die Frage aufgegriffen, die wir alle seit 2020 sehr fühlen: Was wäre, wenn jetzt die Welt untergehen würde?
OSKA im Interview
Anna: Hey, super schön, dass wir uns jetzt wieder zusammenfinden! Vor fast genau einem Jahr haben wir zu deiner Debüt-EP „Honeymoon Phase“ gesprochen, damals hattest du das Album schon ein bisschen angeteasert. Wie hast du das letzte Jahr seit deinem EP-Release wahrgenommen?
OSKA: Eigentlich ganz gut! Ich hab extrem viel live gespielt, womit ich irgendwie gar nicht gerechnet hab. Also ich war schon für die Verhältnisse der Situation viel unterwegs. Das erste Mal mit einer Band! Wir waren auf dem Reeperbahn Festival, das waren 5 sehr intensive Tage und extrem cool. Da war ich auch nominiert für einen Anchor Award. Und dann haben wir das Album fertig gemacht. Also es war sehr viel zu tun (lacht). Aber nur schöne Sachen.
Anna: Ich hab dich letztes Jahr tatsächlich auch ein Mal live sehen können, bei den Acoustics Concerts in Berlin mit Stu. Das gab es einen sehr süßen Moment, als es angefangen hat zu regnen und die andere Band des Abends zu euch auf die Bühne mit Regenschirmen gesprintet kam.
OSKA: (lacht) Ja, daran kann ich mich auch erinnern!
Anna: Haben Momente wie diese den ganzen Pandemie-Frust von 2021 auffangen können?
OSKA: Schon irgendwie tatsächlich! Also ich seh andere Freunde und Freundinnen von mir, die auch Musik machen, die nicht so viel live spielen konnten. Ich schätze mich dann schon sehr glücklich. Es gab die Acoustics-Tour und vereinzelte Konzerte, und wir hatten schon ein bisschen das Gefühl von “ok, es geht wieder bergauf”. Es ist dann schon noch komisch, so die Leute mit den Masken beim Konzert zu sehen. Aber selbst daran gewöhnt man sich irgendwie? Es ist schon komisch, dass wir dann schon so Gewohnheitstiere sind und doch irgendwie damit leben können. Aber es ist schon komisch, also ich freu mich, wenn es irgendwann nicht mehr so ist.
“Zwischen Stu und mir ist voll die schöne Freundschaft entstanden.”
Anna: Anknüpfend an die gemeinsame Acoustics-Tour mit ihm komm ich natürlich nicht umhin Stu Larsen zu erwähnen. Hast du während der Zeit Sachen von ihm gelernt?
OSKA: Voll! Der Stu hat so viel Erfahrung einfach. Er ist wirklich einfach Singer Songwriter und macht das schon so lange. Wir haben viel drüber geredet, wie man mit bestimmten Situationen und Menschen auf der Tour umgeht. Ich mein, das ist eh irgendwie klar, aber trotzdem ist es gut zu sehen, wie er damit umgeht. Er macht das alles extrem gut, finde ich, da kann man sich jeden Fall was abschauen. Es ist voll die schöne Freundschaft draus entstanden und ich glaube, man merkt es eh, dass wir uns alle einfach sehr gern haben. Clemens, mein Gitarrist, und ich waren jetzt zu Besuch bei ihm im Studio. Er hat uns nach Italien eingeladen, wo er zurzeit wohnt, und ich weiß noch gar nicht, ob ich es erzählen darf? Aber ich geh jetzt im Mai mit auf seine nächste Tour!
“Es fühlt sich schon nochmal wie mehr an.”
Anna: Gab es für dein neues Album einen Unterschied zum Aufnehmen deiner ersten EP? Und war waren die größten Einflüsse, die es geprägt haben?
OSKA: Ja, beim Album hab ich gar nicht mehr so viel Zeit zum Überlegen gehabt. Es war doch alles sehr knapp. Wir sind heim kommen von der Tour in Deutschland und es war tatsächlich extrem überfordernd, weil wir nur noch bis Anfang November eigentlich Zeit hatten, das Album fertig zu machen und dann die Deadline verschieben mussten. Da war eigentlich nicht viel Zeit, um richtig nachzudenken, was manchmal auch ganz gut ist. So einfach machen und irgendwie alles rausholen, was irgendwie dann geht.
Zu den Einflüssen: es ist so schwer alles zusammenzufassen. Die letzten Jahre und natürlich auch die Musik, die man gehört und geliebt hat, beeinflussen das Ganze. Aber was ich dann gemerkt hab, waren die Einflüsse von früher. Ich bin schon viel aufgewachsen mit auch irischer Musik und Musik, wo viele Geigen, irische Filz, drin sind. Und ich hab gemerkt, dass ich das extrem gerne in meine Musik mit einbauen will und das bis jetzt irgendwie noch nicht so Thema war. Deshalb haben wir am Schluss noch Streicher-Sessions gemacht und jetzt hat das Album einige Streiche und so drauf. Aber dieser Drang oder dieser Wunsch kam erst irgendwie zum Schluss, so “ah jaa, das wollte ich ja eigentlich immer!” (lacht)
Anna: Dann fühlt sich ja sicher der Release jetzt auch ganz anders an als bei deiner EP.
OSKA: Es fühlt sich schon nochmal wie mehr an. Es sind ja auch mehr Songs und dann hab ich schon das Gefühl, mich teilweise doch ein bisschen mehr aus dem Fenster gelehnt und noch mehr getraut zu haben mit dem Album. Hier, ich kann’s dir zeigen! (hält ganz stolz das Album in die Kamera). Ich hab die CD bekommen und hab sie einfach nicht loslassen können, den ganzen Tag hab ich mich so gefreut. Aber ja, es ist schon noch einmal anders, weil es ein größerer Ausschnitt aus den letzten Jahren ist und das spür ich schon.
“Was ist ein Song eigentlich noch wert?”
Anna: Willst du thematisch kurz anreißen, welche Themen du auf dem Album besprichst?
OSKA: Der erste Song, Too Nobody, da geht’s im Grunde darum, mit dem Musikbusiness zurechtzukommen und dem Gefühl, man muss immer mehr machen. Fragen wie: was ist ein Song eigentlich noch wert? Da spielen so viele Themen rein, wie die eigene Unsicherheit, mit der man eh schon zu kämpfen hat und dann auch diese Ausbeutung, mit der Musik einhergeht.
Anna: Und wie gehst du damit um?
OSKA: Oh, ich weiß es ehrlich gesagt noch nicht. Das ist eine Frage, die ich mir gerade stelle, weil irgendwie muss man so seinen Weg finden. Ich glaube, ich hab es geschafft, mit Leuten zu arbeiten, denen ist Musik das wichtigste und das, um was es geht. Das war mir auch schon relativ früh klar, dass ich nicht das Gefühl haben will, da ist irgendwer im Team, der das ausnutzen möchte oder so. Keine Ahnung, ich kann das ganz schwer beschreiben. Aber dann ist man natürlich auch an gewisse musikalische Plattformen gebunden, wo die Musik gespielt wird. Ich mein, wir wissen’s eh alle, wie wenig ein Stream wert ist. Und dann fallen Konzerte auch noch weg und eben dieses Gefühl von “ok, wie verdiene ich jetzt mein Geld und wie kann ich davon leben?”
Es geht in dem Song auch darum, dass wenn niemand zuhört, ich es halt auch noch für mich machen würde. Das ist auch mein Weg damit umzugehen wahrscheinlich! Ein Lied darüber zu schreiben und mich selber daran zu erinnern, warum ich das alles mach.
Das zweite Lied ist „My World, My love, Paris” – so heißt ja auch das Album. Ich hab das Anfang der Pandemie geschrieben und da war ja, überspitzt gesagt, ein bisschen Weltuntergangsstimmung (lacht). Da hab ich mich in die Lage versetzt, ok was wäre, wenn jetzt die Welt untergehen würde? Welche Gespräche würde man dann miteinander führen? Es gibt diesen Song von Edith Piaf, “Non, je ne regrette rien” – “Nein, ich bereue nichts”. Und ich habe mir die Frage gestellt: würden wir das immer noch? Oder würde wir sagen: “I’m sorry, my world, my love, Paris”. Paris steht so ein bisschen als Symbol dieser schönen Welt, auf der wir leben, aber auf die wir halt nicht immer so ganz gut aufpassen.
“Der Abnabelungsprozess von meiner Familie hat sehr spät eingesetzt.”
Anna: Familie ist auch ein zentrales Thema auf dem Album. Inwiefern würdest du sagen definierst du dich selbst über deine Familie? Und wie unterscheidest du dich vielleicht auch von ihr?
OSKA: Ich hab eine irgendwie sehr große und sehr bunte Familie würde ich sagen. Und auch eine sehr coole! Ich hab mich schon jahrelang über meine Geschwister und Familie definiert, dieser Abnabelungsprozess hat bei mir glaube ich ein bisschen spät eingesetzt (lacht). Ich war so gern in meiner Familie, auch als Jugendliche. Oft fängt das ja an, dass man sich dann irgendwie abkapselt und das habe ich sicher auch zu einem gewissen Teil getan, aber irgendwie waren wir sehr close immer, gerade auch zu der Zeit. Seit ich in Wien bin, hat dieser Abnabelungsprozess begonnen. Und jetzt fühle ich mich gerade an einem Punkt, wo ich mich nicht mehr so stark über meine Familie definier. Wir sind jetzt auch alle älter und jeder ist verantwortlich für sein eigenes Leben. Und das ist ein sehr befreiendes Gefühl auch.
Anna: Was würdest du sagen sind die nervigsten oder auch bemerkenswertesten Eigenschaften deiner großen Geschwister?
OSKA: (überlegt) Ich glaube, was bei uns so speziell ist und was auch andere Leute immer sagen, ist, dass wir so extrem eng miteinander sind und uns gut verstehen. Und ich glaube, das Coolste an meinen Geschwistern ist, wie liebevoll wir alle miteinander sind. Und das ist etwas, was glaube ich sehr bemerkenswert ist! Ich mag das, wenn Menschen herzlich sind und liebevoll miteinander umgehen. Das ist sicher auch was, was ich von meinen Geschwistern gelernt hab.
Und das Nervigste? Ja, wir wohnen halt nicht mehr zusammen, also früher hätt ich dir da ganz viel sagen können (lacht). Aber mittlerweile nerven wir uns nicht mehr so stark tatsächlich.
“Ich darf das Album dieses Jahr sehr schön touren.”
Anna: Du hast auch das Glück, dein Album dieses Jahr zu touren!
OSKA: Ja, ich kann’s tatsächlich touren, was extrem cool ist. Ich spiel auch ein bisschen Support dieses Jahr. Es sind eigentlich viele Shows geplant. Ich werde in den Niederlanden sein, ich werd mit Stu auf Tour sein, ich glaub, das darf ich schon sagen. Also ja, ich darf das Album tatsächlich dieses Jahr sehr schön touren.
Anna: Wenn du dir eine Person aussuchen könntest, mit wem würdest du gerne mal die Bühne teilen?
OSKA: Ah, da gibt’s so viele! Phoebe Bridges mag ich sehr gerne. (überlegt) Ich bin aufgewachsen mit Joan Baez, die hat mit Bob Dylan viel zusammen gemacht. Ich guck mir gerade extrem viel alte Konzerte von ihr auf YouTube an, das wär irgendwie auch ziemlich legendär.
Anna: Ich weiß nicht, ob du dich vom letzten Jahr dran erinnern kannst, aber zum Schluss fragen wir immer nach einer untold story, also etwas, was du noch nicht in einem Interview geteilt hast.
OSKA: Was hab ich denn da letztes Jahr erzählt?
Anna: Da hast du von dem Videodreh erzählt, bei dem dein Ex-Freund dich zum Weinen gebracht hat.
OSKA: Ah jaa! Wow, ganz schön viel passiert dieses Jahr.
(überlegt) Mir glaubt es ja keiner, aber ich kann nicht kochen. Also so gar nicht.
Anna: Gar nicht gar nicht?
OSKA: Gar nicht. Also ich weiß nicht, wozu ich ne Küche hab (lacht).
Anna: Und was machst du dir, wenn du alleine zuhause bist?
OSKA: Cini Minies (lacht).
Wer sich zu einer Schüssel Cini Minis dieses wunderschöne Album anhören mag, der folge diesem Link:
Fotocredit: Hanna Fasching