Al Pride –das sind acht Musiker*innen aus der Schweiz, die mit ihrer Anfang April erschienenen EP „Spruce“ eine bleibende Wirkung im Indie-Game hinterlassen wollen. Die Badener machen schon seit mehreren Jahren Musik und haben sich sowohl musikalisch als auch die Besetzung betreffend immer wieder gewandelt. Die jetzt veröffentlichte EP verdeutlicht mehr als je: sie wollen hier groß mitmischen. Ob sie das können, checkt Anna für euch in einer kurzen Review.
Grooviger Einstieg in den Frühling
Hunger ist der Opener der EP. Es geht ruhig los, mit sich immer wiederholenden Klaviertönen, die mich fast ein bisschen einlullen. Doch dann, Takt für Takt, kommen immer mehr Instrumente hinzu, bis sich ein wahrhaftiger Indie-Song entfaltet. Es klingt nicht, wie ich es erwartet habe, als ich „Al Pride, das Indie-Quartett“ gelesen habe. Hunger ist kein Orchester-Zusammenkommen mit vielen verschiedenen hektisch übereinander gelegten Blasinstrumenten, sondern es ist viel mehr ruhig und ohne viel Schnick Schnack. Es ist einfach ein Groove. Die Lyrics sind zweideutig aufgeladen und das wirkt sich auch auf die Stimmung des Liedes aus. Es fängt sehr Bass-lastig an und bekommt über den erstenRefrain hinweg mit der Leadgitarre ein bisschen mehr Höhe und auch Verspieltheit. Meine persönliche Weiterempfehlungsrate: 7/10
Next up ist Kalif Onya II. Auch wenn ich nicht ganz weiß, was aus dem Titel zu schließen ist, hat es mich von der ersten Sekunde. Kein instrumentelles Intro, sondern nur ein Summen eröffnet den Song. Al Pride haben zwei Leadstimmen, eine männliche und eine weibliche. Die Harmonie und Abwechslung der beiden kommt vor allem in diesem Song sehr zur Geltung. Und das Summen am Anfang –Leute, das ist schon ein bisschen sexy. Doch Kalif Onya II ist kein Sexy-Vibe wie Hunger eben, sondern eher ein kleiner Indie-Schatz zum Frühling, mit der Sonne im Gesicht im eigenen Garten (sehr privilegiertes Gut in Zeiten von Corona). Es ist nicht zu langsam, aber auch nicht zu schnell, nicht zu eingängig, aber auch nicht zu experimentell. Auch hier höre ich beim ersten Abspielen kein Oktett heraus. Doch nimmt man sich die Zeit und den Raum, um den Song in seiner Gesamtheit aufmerksam zu hören, fallen einem die verschiedenen eingespielten Trompeten und andere Instrumente auf. Al Pride haben hier definitiv die richtige Mischung aus instrumenteller Vielfalt und minimalistischer Entfaltung der Musik hinbekommen. Mein persönliches 10/10 aus dieser EP.
Zwischen Motivation und Melancholie
Mit Another Vibe befinden wir uns in der Mitte der kurzen EP. Es ist definitiv energetischer als die zwei Vorgänger. Während die Strophe mich sehr überzeugt, erinnert mich der Refrain ein bisschen zu sehr an die Indie-Band Balthazar. Ich glaube, die Hauptassoziation wird durch die Stimme des Leadsängers verursacht, der, wenn er tief sängt, unheimlich ähnlich zu der des Belgiers klingt. Aber auch musikalisch werden Balthazar Fans hier einige Ähnlichkeiten finden. Nichtsdestotrotz ist Another Vibeein guter Song – es strahlt Unbeschwertheit aus und auch hier funktioniert die Zusammenklang von Bass, Schlagzeug und der gesamten Bläsersektion der Badener sehr gut. Wird empfohlen zum: allen, wozu man ein bisschen groovige Motivation braucht – 8/10.
Abschluss bildet die Ballade Sober by Tomorrow, die zum ersten Mal von der weiblichen Leadstimme eröffnet wird. Das verleiht dem Song von Anfang an ein Maß an Melancholie, welches davor musikalisch noch nicht zu finden war. Der Groove ist weg und wird ersetzt durch sehr schöne ruhige Gitarrenklänge, die mit dem Bass und den Stimmen sehr harmonieren. Schließt man die Augen, muss man aufpassen, nicht kurz wegzudriften. Ich find‘s wirklich mega schön und merke absolut nicht, wie die Zeit vergeht. Dabei ist der Song von der EP mit knapp viereinhalb Minuten der längste. Die im Vordergrund stehende weibliche Stimme verleiht ihm fast eine gewisse Zerbrechlichkeit und setzt sich so von den anderen ab, in denen die männliche Lead dominiert hat. Sober by Tomorrow bildet so einen soliden 9/10 Abschluss zu einer kurzen, aber sehr guten EP der Schweizer Truppe.
Es lohnt sich durchaus Al Pride auf eurem Indie-Radar zu halten, hört hier gerne selbst zur eigener Überzeugung in die EP Spruce rein: