John Moods veröffentlicht mit seiner EP “Autoplay” eine Reihe von Demos, die eine große Portion Retro-Gefühle mit sich bringen. Mit seinem gewohnt verträumten Sound, den ich auf “So Sweet So Nice” lieben gelernt habe, geht es hier weiter. Es geht um eine Liebesgeschichte, die sich auf einem minimalistischen Keyboard-Sound mit verspielten Elementen entfaltet. Hier gibt’s die Review!
Wie aus einer technischen Spielerei Songs wurden
Es ist 1998 und mit dem Release von Windows 98 wird die “Autoplay”-Funktion eingeführt. Ein ziemlicher Fortschritt damals, der das Abspielen von Musik über CD oder MP3-Player deutlich vereinfacht hat. Fairerweise muss ich an dieser Stelle gestehen, dass ich mich daran nicht erinnere und die Funktion für mich immer als ziemlich selbstverständlich angesehen habe.
Anders erging es John Moods als er im Winter 2018 auf seinem geliebten Yamaha Keyboard die “Autoplay”-Funktion entdeckte. Es traf ihn quasi wie ein Blitz und er nahm ein paar Demos auf, die bislang nur als Backup Tracks auf seinen Konzerten dienten.
Fast vier Jahre später veröffentlicht er genau diese Demos auf der EP “Autoplay”. Zu den Songs, so sagt er, hat er eine sehr persönliche Beziehung, da sie ihn schon so lange begleiten – und diese persönlichen Songs möchte er jetzt mit der ganzen Welt teilen.
“Autoplay”: eine verkappte Lovestory
Die Tracklist von “Autoplay” liest sich ein bisschen wie eine gescheiterte Liebesgeschichte:
“Love Me Like I Do“
“So Sweet So Nice“
“When You Call My Name“
“I wanted You“
“Alone Again“
Das Verlangen nach Liebe des Gegenüber. Die Phase der rosaroten Brille, wo alles schön und leicht ist. Dann kommen die ersten Zweifel und die Einsicht, dass die Liebe der Vergangenheit angehört. Am Nede steht man wieder alleine da. Eigentlich hat sich nichts verändert.
Im Vergleich zu John Moods‘ “So Sweet So Nice” Album aus 2021 gibt es auf der “Autoplay” EP etwas weniger Poesie. Das ist aber auch nicht weiter wild und fehlt mir auch nicht, denn dafür gibt es diesmal eine Storyline, die mitfühlen lässt. Meine Review zu “So Sweet So Nice” lest ihr hier.
Setzen wir uns doch mal die rosarote Brille auf
Fangen wir also mal ganz vorne an. Das ist doch sowieso immer der schönste Teil einer Lovestory, oder nicht? In “Love Me Like I Do” nimmt John Moods uns auf eine musikalische Reise der Schmetterlinge im Bauch. Die Welt ist bunt, die Gedanken sind leicht und John Moods gesteht sich ein “I don’t want to love you but I do”. Ach, ist das schön. Doch wie geht es dem Gegenüber? Das bleibt offen. Es wirkt aber auch nicht so als würde ihn das weiter stören, denn der Song läuft so locker und leicht vor sich hin, dass ich mich sowieso schon längst in synthigen Gitarrensounds und leichten Beats verloren habe.
Wie eine gescratchte CD-Version des selben Songs
“So Sweet So Nice” klingt deutlich rauer als die Version, die es auf das Album geschafft hat. Beat-lastiger, mehr Keyboard, eine klarere Stimme und weniger bubbly (tut mir wirklich leid, aber ich finde kein passenderes Wort). Die Album-Version des Songs hat mich nie so besonders gecatched, aber so langsam werde ich warm mit dem Song – mein Favorit wird es wohl trotzdem nicht werden. Textlich reiht sich der Song bestens in die Storyline ein. Mit Lines wie “Is it just a dream?” wird die veträumte Welt des Verliebtseins deutlich.
Es folgt der Song, der vorab als Single released wurde: “When You Call My Name“. Der Song hatte mich direkt. Was soll ich groß sagen – ich hab ihn einfach von Anfang sehr gefühlt. Um mal kurz Anna zu zitieren, die eigentlich nicht der größte Fan der Songs von John Moods ist, diesen aber auch direkt gefühlt hat: “Erinnert mich sehr an die Musik, die mein Vater früher gehört hat – so leichte Dire Straits vibes”. Na, wenn das kein schmeichelnder Vergleich ist.
Kann ein Song wie eine aufgehende Blume klingen oder werde ich jetzt zu kitschig?
Für mich klingt der Song irgendwie nach einem musikalischen Frühlingserwachen: Die Blumen blühen, die Sonne scheint mir ins Gesicht und dieser leichtbeseelte Song läuft im Hintergrund. Ich könnte mich schon wieder in den Gedanken daran verlieren. Naja, ich glaube es ist deutlich geworden, dass ich den Song mag.
Bei dem Video zu “When You Call My Name” bin ich mir allerdings nicht so ganz sicher, ob ich es verstörend oder genau passend finde. Einerseits passt die minimierte old school-Grafik perfekt zu dem “Autoplay“-Gedanken und der generellen Liebe zum Retro-Detail im John Moods Kosmos. Andererseits verstehe ich es nicht. Aber hey, wie haben Frittenbude es so schön gesagt: “Das ist Kunst. Mindestens in 1000 Jahren?” – und Kunst ist ja bekanntlich Interpretationssache. Was seht ihr in dem Video?
Die Zeit der rosaroten Brillen ist vorbei. Macht euch bereit auf die Ernüchterung danach – zumindest textlich. Ich muss an dieser Stelle nämlich gleich mal sagen: Man hört den letzten beiden Songs auf “Autoplay” nur im direkten Vergleich zu den vorherigen an, dass es hier in den traurigen Teil der Geschichte übergeht. Der Sound ist immer noch sehr veträumt. Die Gitarren werden etwas ernster und klarer als zuvor – etwas weniger bubbly. Es kommen leichte Rockelemente dazu.
Die ernüchternde Antwort auf “Is it just a dream?”
“I Wanted You” ist eine klare Offenbarung an etwas, das war und nicht mehr ist. John Moods gesteht ich ein, dass die Liebe wohl eher einseitig war. Die zerstörten Hoffnungen an ein Happy End bekommen in dem Song durch eine eindriglichere Gitarre mehr Gewichtung verliehen. Man könnte fast denken, dass dieser Song zurück in die Realität verfrachten soll, aber keine Sorge, soweit ist es noch nicht. Ein Song kommt noch.
In “Alone Again” ist das Keyboard besonders präsent. Hier höre ich “Autoplay” so richtig raus. Aber auch der synthige Gitarrensound wird nicht vergessen. Ok, hatte ich vorhin geschrieben, dass es weniger bubbly ist? Das war vielleicht doch eine Lüge – eine aus dem Affekt geschriebene Misinformation – vergessen wir das einfach wieder. Denn “Alone Again” kommt durch die Keyboard-Sounds wieder leichter und unbeschwerlicher daher, als der Text vermuten lässt. Zwischendurch versucht die Gitarre zu rechtfertigen, dass es hier doch immer noch um einen eher traurigeren, ernsten Song geht. Ich bin mir aber nicht so sicher, ob ihr das gelingt.
Eine Achterbahn der Gefühle auf einem stringent veträumten Sound
Ich habe bei John Moods und all seinen Songs das Gefühl, er ist nie so ganz in der Realität angekommen. Irgendwo zwischen dem Sound der 80er, 90er und einem anderen Universum verlieren sich auch die Songs auf “Autoplay” wieder in dieser gedanklichen Welt. Ich mag’s und möchte bitte nie wieder daraus aufwachen. Mal abgesehen davon bekomme ich das ein oder andere Mal Flashbacks an Videospiele à la Super Mario Bros. bei den Songs und wünsche mir meinen Nintendo zurück. Ehrlich mal: Warum hab ich ihn damals verkauft? Eine Entscheidung, die ich heute noch bereue. “Autoplay” kann dieses Trauma zwar nicht aufarbeiten, aber hilft mit dem Retro-Sound zumindest, um mich kurzzeitig davon abzulenken und in meiner Traumwelt gefangen zu halten.
Hier könnt ihr fleißig die EP “Autoplay” von John Moods rauf und runter streamen:
Fotocredit: Dan Trautwein