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Tilman und die eigene Toxizität in “Fassade”

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Viele Worte braucht es bei Tilman nicht. Denn mit wenigen überaus prägnanten Zeilen und der richtigen musikalischen Untermalung reißen die Jungs aus Bad Neustadt an der Saale eine ganze Welt voller Selbstreflexion, aber auch Selbstzerstörung auf. Und das auch wieder in ihrem neuen Song “Fassade”. Die neue Single folgt der 2021 erschienen EP “Blume in Grau” und ist der Vorreiter für zwei weitere Singles, die noch diesen Sommer erscheinen sollen.

Tilman sind Tilman, Fabio und Peter aus dem unterfränkischen Bad Neustadt. Außerdem werden die drei regelmäßig von Malte Huck (ehemals Annenmaykantereit, jetzt BEACHPEOPLE) am Bass unterstützt. Meinen Mit-Würzburger*innen werden die Jungs vielleicht was sagen, da sie öfters in der Gegend spielen und hier auch schon Jeremias supportet haben. Wem die Band noch nicht über den Weg geschlichen ist: Tilman machen Musik für nachdenkliche Tage. Eine Mischung aus Indie, Pop und Jazz inklusive Lyrics deren Tiefe bis zum Meeresgrund reicht.

Nach meiner ausführlichen Review zu “Blume in Grau”, hier jetzt meine Gedanken zu “Fassade”:


Die Fassade bricht

“Fassade” setzt mit genauso schwermütigen Klängen wie Worten ein, typisch Tilman einfach. Tilmans charismatische, tiefe Stimme setzt ein:


“Hasse mich

Verletze nur”

Und damit ist sofort klar, worum es hier geht: das eigene toxische Verhalten. Die meisten gehen durchs Leben, ohne sich selbst ihr eigenes schädliches Verhalten vor Augen zu führen. Oft braucht es jemanden von außen, um erstmal zu realisieren, dass man mit einer Augenbinde durch die Welt und Beziehungen getapst ist oder sich alles einfach schöngeredet hat. Tilman werden in “Fassade” genau damit konfrontiert. Und was dann passiert?


“Die Fassade bricht”




Der eigene Stolz bröckelt Stück für Stück und der eigene Spiegel wird einem so nah wie nie zuvor entgegengehalten. Die einst verklärte Sicht auf sich selbst wird erschüttert. Dieser emotionale Schock wird musikalisch untermalt durch Tilmans Stimme, die an dieser Stelle bedeutend lauter wird.

Allerdings ist Erschütterung nicht alles, was Tilman fühlen. Nein, diese Konfrontation gipfelt in Selbsthass. Anfangs noch wenig Bedeutung geschenkt, werden die Zweifel nach dem zweiten Vers größer. Musikalisch äußert sich das besonders stark. Dachte nie, dass ich diese Worte in den Mund nehme, um Indie-Musik zu beschreiben: Aber der Beat dropped (hier verfalle ich dann in Selbsthass, weil cringe 🤢).


Virtuose Jazz-Einflüsse

Ab hier wird der Song fast schon virtuos. Man merkt die Jazz-Einflüsse von Tilman besonders, erinnert aber auch fast schon ein bisschen an Bilderbuch. Fabios Fuzz-Gitarre und Peters frei Improvisation schaffen ein dramatisches, verzerrtes Klangbild, das wiederum das eigene verzerrte Selbstbild widerspiegelt. Übrigens begleitet das Musikvideo zu “Fassade” dieses Bild perfekt. Hier sieht man Tilman in wackeliger Kameraeinstellung wie er im Auto durch die Stadt fährt und eingekesselt wird von verschwommenen Straßenlichter. Ein musikalischer wie visueller Fiebertraum.

P.S. Bin ich die einzige die findet, dass der Verzerrer wie ein Kazoo klingt? Queue: Kazoo Kid. Okay, weiter gehts mit ernsthafter Musik 😁


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Enden tut der Song mit dem letzten “Die Fassade bricht”, das mich besonders berührt. Die einzelnen Silben werden nacheinander gesungen, um zu symbolisieren, wie die Fassade Stück für Stück herunterbricht. Und dann hört man diesen kleinen – fast schon unbemerkten – Bruch in Tilmans Stimme, der der perfekte Schluss ist, um die Verletztheit und Kränkung zu verdeutlichen.

Das waren sie, meine Eindrücke von Tilmans neuer Single “Fassade”. Kurzum: Gelungener Song mit außergewöhnlicher Tiefe und einer ordentlichen Portion Selbstzerstörung, wie man es von den Jungs kennt. Dennoch ist der Song viel experimenteller als frühere und baut Spannung für die nächsten Releases im Sommer auf.


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Fotocredits: Pascal Schattenburg, Nils Ritter

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