Eine große Portion Nostalgie, veträumter Sound und Texte, die zum Nachdenken anregen. Das klingt für mich eigentlich nach der perfekten Kombination für ein erfolgsversprechendes Album und da bin ich anscheinend nicht alleine. Denn genau diese Kombination ist auf dem zweiten Album von John Moods, „So Sweet So Nice“, wiederzufinden.
Hinter dem Soloprojekt John Moods steckt Jonathan Jarzyna, der zuvor viele Jahre in der Band Fenster aktiv war. 2018 veröffentlichte er sein erstes Album unter dem Namen „The Essential John Moods“, auf dem er eine klare Richtung vorgibt: verträumte Pop-Hymnen, die den perfekten Soundtrack für einen Backpacking Urlaub vorgeben. Diese Richtung wird auf dem zweiten Album „So Sweet So Nice“ weiterverfolgt und noch etwas mehr verschärft. Während die ersten Songs von John Moods leicht und unbeschwert sind, dreht es sich auf dem neuen Album sehr viel um das Grübeln über die Sterblichkeit – verpackt in einen groovigen Sound. Hinter dieser Konzeption stecken zwei Jahre voller Ups und Downs, geprägt durch Phasen kreativer Inspiration als auch Frustration.
Vertonte Poesie
Für mich klingt das Album nämlich insgesamt wie ein Gedicht, das sich im Ganzen schön liest, aber jede einzelne Zeile ihre Aufmerksamkeit verdient und Überraschendes offenbaren kann, wenn man sich einmal genauer mit ihr beschäftigt. Deshalb gibt so mancher Widerspruch, der auf den ersten Blick (oder wohl eher dem ersten Hören) verwirrt, im Endeffekt doch Sinn, wie zum Beispiel die titelgebende Zeile:
„So sweet, so nice; everything is waiting to die. So sweet so high; nothing ever felt so alive„
Das Album besteht aus zwei EPs. Die erste EP „So Sweet“, welches die ersten sechs Songs des Albums bildet, erschien bereits am 16. April und wurde dann am 6. August durch „So Nice“ ergänzt.
Diese Zweiteilung spiegelt laut Jonathan die Ideen wider, die ihn bei der Erarbeitung dieser Songs beschäftigten: „Die notwendigen Wechselbeziehungen von Gegensätzen und das Fortbestehen ursprünglicher Dualitäten – Licht und Dunkelheit, Gut und Böse, Hoffnung und Verlust, Leben und Tod. Und es geht darum zu lernen, sich in den undurchsichtigen Räumen dazwischen wohlzufühlen. Jede Hälfte kontrastiert die andere.“
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass es mir auch nach mehrmaligem Hören noch etwas schwerfällt, diese deutliche Zweiteilung zu hören. Dazu muss ich aber auch zugeben, dass ich das Album nur als Ganzes gehört habe und nicht die einzelnen EPs. Dementsprechend hört es sich für mich nach einem sehr runden Gesamtwerk an, indem die Songs aufeinander aufbauen. Lasst euch also nicht von den typischen Voreinstellungen Spotifys vernatzen und das Album auf Shuffle hören (eventuell ist mir dieser Anfängerfehler beim zweiten Hören passiert, aber behaltet das bitte für euch).
„Why do we strive to be fooled?“
Ok, genug drum herum beschrieben, schauen wir uns doch die Songs einmal genauer an. Mit „New Skin“ gibt John Moods einen sehr smoothen Start in die Gefühlswelt des Albums. Ab dem ersten Ton fühle ich mich direkt in eine Art Traumwelt versetzt. Außerdem frage ich mich: Ist die Musik von dieser Erde? Klingt blöd, aber irgendwie muss ich direkt an den „Zurück in die Zukunft“-Soundtrack denken und fange schon wieder an mit den Gedanken abzudriften.
Back to the 80s
Der namensgebende Song „So Sweet So Nice“ geht nach einem härteren Übergang vom ersten Song schnell in eine glitzernde Synthwave über, die auch die nächsten Songs bestimmt. Im zugehörigen Musikvideo wird Jonathan’s Auseinandersetzung mit Leben und Tod sinnbildlich dargestellt. Man sieht ihn den verschiedenen Phasen des Lebens und ist dabei, wie er schlussendlich seine eigenen Beerdigung besucht.
„Without You“ klingt für mich irgendwie nach einem warmen Sommertag, der durch ein ordentliche Portion Regen abgekühlt wird – wahlweise tanzen wir dazu ganz sorgenfrei im Regen herum. Wahrscheinlich ist das jetzt wieder eine dieser Wunschvorstellungen, die Disney-Filme à la High School Musical in meinen Kopf gepflanzt haben, aber dieses Bild bekomme ich immer wieder bei dem Song.
Dirty Dancing Feelings
Etwas experimenteller wird es dann mit „Ordinary Magic“. Hier verlassen mich leider kurz meine fachlichen Kenntnisse über Instrumente, aber ich meine in diesem Song einen Mix aus Saxofon und Marimba, gemischt mit spacigen Sounds und Synths zu hören. Bitte berichtigt mich, falls ich mich irre. Aber ich feiere es auf jeden Fall sehr. Der Song hat dadurch seinen ganz eigenen Charakter, der wieder sehr unbeschwert und leicht daherkommt. Ich bekomme wieder ein sehr gutes Gefühl und habe generell seit Beginn des Albums so ziemlich alle Probleme der Außenwelt um mich herum vergessen.
Genau da setzen auch die nächsten Songs wieder an. „All you gotta do is wait“ bildet den Cut, also den Abschluss der ersten EP, was ich mir nur durch den kurzen Übergang im Song selbst erklären kann, in dem John Moods in der Hälfte ein paar eindringliche Lines raushaut, die sich von der Musik abheben und von einer etwas rockiger daherkommenden Gitarre ummauert werden.
Der Traum geht weiter
Part zwei des Albums greift nochmal stärker die Auseinandersetzung mit den Dualitäten des Lebens auf. Vor allem „Meet Me In My Dreams“ bleibt im Kopf. Haben wir nicht alle schonmal das Konzept von Träumen in Frage gestellt? Also ich auf jeden Fall und nach diesem Song beginne ich damit auch immer wieder aufs Neue.
„Trying to be stable but I’m changing day to day“
So simple Gedanken, die oft nicht ausgesprochen werden, aber doch so wahr sind – danke, Jonathan, dass du sie für uns alle einmal in musikalischer Form festgehalten hast. Auch auf den letzten Songs des Albums komme ich aus dem nachdenklichen Träumen nicht mehr heraus und wundere mich eigentlich nur, warum die Musik auf einmal aufhört. „Sensitive One“ bildet da für mich den perfekten Abschluss – genauso sanft und mitfühlend wie ich es schon am Anfang bei „New Skin“ gelobt habe.
Mein Fazit zu „So Sweet So Nice“ von John Moods: Ein Album, das eindeutig aus der Masse heraussticht. Die Sounds klingen wie frisch aus den 80er-Jahren und laden zum Träumen über die eigene Existenz und die Banalitäten des Lebens ein. Texte und Musik fließen so gekonnt ineinander über, dass es mir wirklich schwer fällt hier irgendetwas negatives zu schreiben – also lasse ich es. Tut euch selbst den Gefallen und hört das Album an!
Fotocredit: JJ Weihl & Andie Riekstina