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Erfrischend cooler Kaugummi-Pop: Amanda Deff mit „Ass Minze“

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Erst kürzlich hat der Berliner Musiker Amanda Deff seine Doppelsingle „Ass Minze“ veröffentlicht. Nachdem 2016 sein Album „ABCDEFF“ und 2018 seine EP „SPAM“ erschien, meldet sich Amanda Deff 2021 mit erfrischenden Lebenszeichen zurück.

Als „Hybrid-Pop“ bezeichnet David alias Amanda Deff selbst seine Musik. Das ist äußerst passend, denn die verschiedenen Genreeinflüsse fliegen nur so kreuz und quer durch seine bisherigen Veröffentlichungen. Da steht Synthfunk neben Lofipop und von irgendwo ganz hinten ruft uns noch ein Mac DeMarco ein „Hallo“ herüber. Ein Hybrid auch bei der Sprache seiner Texte: zuerst noch hauptsächlich auf Englisch gedichtet, sind die beiden neuen Songs „Ass“ und „Minze“ vorwiegend in deutscher Sprache verfasst.


Ein Ass im Ärmel
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Ich habe ja ein großes Herz für alternative Popmusik und Amanda Deff passt da ganz hervorragend rein. Hier ist nichts vorhersehbar. Und so lassen mich die Lyrics von „Ass“ auch zunächst ziemlich ratlos im Regen stehen. Hier treffen sich viele kleine Metaphern aus der Welt des Gamblings und außerdem ein paar diskret eingeflochtene Zitate aus Klaus Lages „1000 und 1 Nacht“, dem Song, zu dem unsere Eltern in flippigen Kellerdiskos schon Zärtlichkeiten ausgetauscht haben (auf die ich aber wirklich nicht näher eingehen möchte). Kernthema des Textes also: die verpasste Chance zwischen zwei Menschen, immer und immer wieder. Tausend mal berührt, tausend mal ist nichts passiert. Die Sehnsucht nach mehr bringt uns Amanda Deff hier wirklich unaufdringlich näher und beschreibt damit eines der aufregendsten, aber auch oft schmerzvollsten Gefühle ever.

Dieses Phänomen einer Freundschaft mit ungewissem Status scheint ja quer durch die Gesellschaft wirklich häufig zu existieren, vielleicht hat sogar jede*r von uns schon einmal Herzschmerz aus dieser Richtung erfahren. Eine ganz besondere Beziehung zu einem ganz besonderen Menschen: Man kennt sich lange, man vertraut sich, man liebt sich. Und entweder es wird dann tatsächlich mehr – oder eben nicht. Die Kartenspielmetaphern im Text untermalen dieses Bild zusätzlich: es gleicht einem Spiel, es geht hin und her, es wird „gecheckt“, dann wieder ausgeteilt. Alles auf eine Karte, das Ass im Ärmel – für den richtigen Moment. Das angenehme an Amanda Deffs Art des Textens ist der Flow seiner Gedanken. Er möchte uns in seinen Lyrics am Glück oder am Schmerz teilhaben lassen, zwingt es uns aber nicht auf, wenn wir dem roten Faden nicht folgen wollen.


„Tausend mal ist nichts passiert
verdammt ich hab es satt
die Welt gehört doch uns
ok wir wollten es nur wissen

Ich hatte noch heute nachgedacht
was du schon letztens sagen wolltest
und es hat zoom gemacht“


Die Vocals, eingehüllt in einen weichen Autotuneeffekt, werden in „Ass“ von verschiedenen Synthesizern begleitet. Musikalisch baut der Song auf seinen recht kurzen 2:23 immer wieder Spannungen durch angetäuschte Build-Ups und Hi-Passfilterfahrten in den Drums auf, die sich aber nie wirklich und gänzlich in einen Drop entladen können. Denn ganz passend zur Thematik besteht das besungene Beziehungskontrukt ja auch aus genau diesen Spannungen, die sich einfach nicht abbauen wollen.


„Kauen together, Classic forever“
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Deutlich definierter instrumentiert ist hingegen die andere Hälfte der Doppelsingle, nämlich „Minze“. Die Drums treiben uns ab der ersten Sekunde durch den Song. Beim ersten Hören klingt „Minze“ nach einer Liebeserklärung an den Kaugummi. Und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr wird mir bewusst, was der Kaugummi eigentlich für ein interessantes Produkt ist. Er ist oft ein Retter in der Not, man denke nur an all die Situationen des schlechten Atems, der inneren Zwiebel in uns. Am Morgen-Danach auf dem Zeltplatz unseres Lieblingsfestivals. Kurz vor dem Bewerbungsgespräch. Oder vor dem ersten Kuss. Andererseits ist der Dauerkauer natürlich auch ein Zeichen der Provokation. Gegenüber Älteren ja sowieso, aber auch am Tisch mit offenem Mund gekaut, als gelangweilt zerplatzende Kaugummiblase, oder banal vor unsere Füße gespuckt.

Alles ganz wunderbare Metaphern, um Gefühle auszudrücken. Und ich glaube genau das will Amanda Deff in diesem Song. Denn wenn er singt „so please never never never leave me“, kommt mir unweigerlich der vergangene Geschmack eines einst wirklich leckeren Kaugummis in den Sinn. Bitte verlass mich nicht! Genau wie in der Liebe: was früher einmal erfrischend, fruchtig und aufregend war, wird mit der Zeit immer blasser und fader und dann fragen wir uns: warum kauen wir eigentlich noch? Ja, die Liebe ist wohl wie ein Kaugummi.


„Lass dich kauen
in dir steckt nämlich Wut
und Kapitulation
das steht dir gut
aber das haste nicht gewollt“


Musikalisch erinnert mich der Song, mit der Mischung von Synthezisern und Indiebeats, zum Beispiel an Bands wie MGMT oder The National. Das Ganze dann hübsch geschmückt mit Falco-Vibes in Amanda Deffs Vocalperformance, diesmal ganz ohne Autotune. Das flowt und macht direkt gute Laune.


Fazit!

Amanda Deff schafft etwas, was sich viele IndiemusikerInnen für die eigenen Songs wünschen: es klingt absolut authentisch. Seine Texte wirken zunächst unfassbar simpel und plakativ, doch je öfter man hört oder liest, desto mehr Kleinigkeiten, Referenzen und Genialitäten findet man zwischen den Zeilen. Für mich bringt Amanda Deff, der zudem auch noch alles selbst produziert, ein Stückchen Avantgarde in die manchmal etwas langweilig gewordene, deutschsprachige Popmusik zurück. Dabei muss man keineswegs all seine Texte bis aufs letzte Wort verstehen, dafür sind sie wahrscheinlich einfach zu abstrakt . Aber die dadurch gewonnene Freiheit einfach mal zuhören zu können, ist wirklich sehr angenehm. Ein Kaugummi, der mir zumindest noch lange schmecken wird!

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