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Twenty One Pilots veröffentlichen mit “Scaled And Icy” das Sommeralbum 2021

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Okay people. Let’s settle in. Was euch erwartet, ist eine wahrscheinlich sehr lange und sehr ausführliche Review über das vermeintlich beste Album aus 2021. Es geht um Tyler Joseph und Josh Dun, das süßeste Duo, das eine Band ist – Twenty One Pilots. Auch wenn ihr an dem Ton jetzt wahrscheinlich schon merkt, das hier wird eine Fangirl-Review, ist es aber auch wirklich eine unvoreingenommene Empfehlung an euch alle, auch die, die nur „Stressed Out“ kennen und nicht so ganz wissen, was sonst so bei der Band abging und -geht. Ich nehm euch an die Hand und führ euch durch. Das sollte irgendwie ein bisschen romantisch klingen, aber hat auch einen weirden Touch – den einfach ignorieren. Wir präsentieren: Scaled And Icy, das neue Album von Twenty One Pilots und der absolute Sommer-Dauer-Loop von uns allen.

 
Was bisher geschah

Bevor wir starten können, müssen wir aber erst mal einige Sachen festhalten. Denn so klischeehaft sich das auch anhören mag – Twenty One Pilots sind keine durchschnittliche Band. Ich geb mir gerade sehr viel Mühe, hier nicht wie ein „omg das musst du dir anhören, das ist so toll“-Fangirl zu klingen, will aber eigentlich genau das sagen. Wenn man sich einmal in dieser Welt verloren hat, die Twenty One Pilots nicht nur musikalisch, sondern vor allem lyrisch erschaffen, dann ist es so schwer, das anderen Leuten mit einem ruhigen Puls zu erzählen. Weil es ist halt wirklich einfach so toll. Scaled And Icy ist für die meisten einfach nur ein neues Album, aber für Twenty One Pilots Fans ist es der Beginn der neuen Ära. Und als eben jener Fan gebe ich euch jetzt ganz ungefragt Kontext (wer nicht will, scrollt einfach zum nächsten Teil, ich bin auch nicht gekränkt):

Twenty One Pilots verpacken ihre Musik schon lange in einem größeren Kontext. Mit versteckten Metaphern und ganzen Handlungssträngen erwecken sie fiktive Charaktere zum Leben, interagieren auch selbst mit dieser Welt und gestalten sie wie einen interaktiven Fan-Quest: es wimmelt von versteckten Hinweisen und kryptischen Nachrichten. Aus Platz- und Aufmerksamkeitsspannungsgründen (geiles Wort) rase ich kurz durch, und wer Fragen hat, soll fragen (oder googlen): In dem Erfolgsalbum Blurryface ist Tyler in DEMA, einem dunklen Gedankengefängnis, das von neun Bischöfe regiert wird. In Trench bricht er mit Hilfe der Banditos aus und befindet sich auf der Suche nach Hoffnung. Dann kam mit Shy Away die erste Singleveröffentlichung des neuen Albums und alles deutet darauf hin, dass Tyler wieder gefangen und das neue Album Propaganda von DEMA ist.

Twenty One Pilots, Untoldency, Untoldency Magazine, Indie, Musik, Blog, Blogger, Online Indie Musik Magazin, twentyonepilots, 21 pilots, tyler joseph, josh dun, shy away, scaled and icy, trench, blurryfaceTyler Joseph wird von Bischöfe in irgendwas namens DEMA gefangen gehalten? Nicht ganz, das ist natürlich alles nur eine Metapher. DEMA ist der dunkle Gedankenort, in den Menschen fallen, die an Depressionen oder anderen mental illnesses erkrankt sind. Und der Kampf da raus, ist das, was Tyler in seinen Songs und geschaffenen Welten darstellt, nur mit fiktiven Charakteren und Storylines. Scaled And Icy führt genauso diese Story fort, wir sind back in DEMA und das Album ist fremdgesteuert von den neun Bischöfe. Crazy, aber geil. Aber ja, was soll ich sagen. Als pure Propaganda für DEMA ist Scaled And Icy ein absolutes Sommer-Bops-im-Dauerloop Album geworden, das euch garantiert auch gefällt, wenn euch diese kryptischen Theorien nicht gekriegt haben. Versprochen. Und jetzt geht’s auch endlich los.

 
Twenty One Pilots bringen 80s soft pop rock zurück

Mit Good Day hauen Twenty One Pilots einen Opener raus, mit dem ich so nicht gerechnet hätte. Wer Heavydirtysoul und Jumpsuit kennt, weiß, wie beide mit krachenden Riffs die vorherigen Alben eröffnet haben. Good Day wiederum ist reiner 80 soft pop-rock á la Billy Joel. Tyler dreht die Synth-Anlage an, es ist als würde das Album langsam ins Leben gerufen werden. Die bouncigen feel-good-Klavierakkorde kommen rein und ich kann nicht anders, als vor meinen Augen ein Introfilm zu irgendeiner Familien-TV-Show zu sehen. Es ist so komplett anders von allem, was Twenty One Pilots bisher gemacht haben und ich muss auch kurz gestehen, ich hab eine Minute gebraucht. Doch dann hab ich’s gefühlt. Bin durch die Wohnung gewirbelt als würde der Sommer schon durch die Fenster scheinen und hab mitgesungen, als wäre es eine One-Woman Musical Show. True Story.

Das Kuriose an diesem vermeintlich so gutgelaunten Opening Track ist die darin liegende Dunkelheit. Tyler beschäftigt sich mit dem wohl traurigsten Thema, das er hätte wählen können: der Verlust von dem Wichtigsten in seinem Leben, seine Frau und eineinhalb Jahre alten Tochter, und wie er damit umgehen würde. Good Day ist die erste Phase der Verarbeitung von diesem Verlust: Verleugnung. „I can feel my saturation leaving me slowly“ ist die erste Zeile des Songs und nicht nur ein powerful Wording, sondern steht auch im totalen Gegensatz zu diesem vermeintlich farbenfrohen Album.  Trotzdem – musikalisch ist Good Day pure good vibes only und wenn man sich dem hingibt, kann man eigentlich gar nicht anders, als diesen Musical-Soundtrack zu fühlen und auszuleben.

 
“I know it’s over, I was born a choker”

Nachdem Good Day also schon angedeutet hat, in welche Richtung das sechste Album der Band gehen wird, kommt Choker. Wenn ich jetzt sage, Choker sei mein Lieblingssong vom Album, würd ich mich schon im nächsten Song berichtigen. Aber ganz falsch wäre ich auch nicht. Choker öffnet mit leicht hallenden Drums im Hintergrund und einer simplen Bassline. Es ist deutlich ruhiger als Good Day, aber trotzdem super geeignet fürs laute Mitsingen. Tatsächlich ist es auch der Song, der am meisten an die alten Sachen erinnert, vor allem wenn man die Zeit von Taxi Cab und so zurückdenkt. Es trifft in die volle Nostalgie ohne aber den feel good Vibe von Scaled And Icy zu verlieren.

Inhaltlich – puh. Sehr beladen und voller Referenzen. Die Art, wie Tyler singt, klingt auch so verzweifelt, dass man auch nur dadurch zurück in die darkeren Abschnitte der Band zurückgeworfen wird. „I know it’s over, i was born a choker, nobody’s coming for me.” –  traurig einfach, ich sag wie’s ist. Referenzmäßig befinden wir uns bei Heavydirtysoul, in der Tyler schon die Metapher von „choking on smoke“ aufgemacht hat: er erstickt fast an den depressiven und dunklen Gedanken. (Deshalb auch die schwarze Farbe auf seinem Nacken während der Blurryface Ära). Was er in Choker singt, lässt schließen, dass er sich dieser dunklen Welt ohne Hoffnung hingegeben hat und sich komplett allein fühlt. Die Theorien mit DEMA und allem drum rum bestätigen sich also hier auch. Trotzdem – musikalisch ist es ein so wunderschöner Song, dass ich ihn euch hier auch einfach nochmal extra ans Herz lege: 

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We vibing in the summer heat

Was folgt, ist der absolute HIT Shy Away. Die erste Single vom neuen Album, die alles angestoßen hat. Hier hab ich schon mal erzählt, wie ich sie finde, aber ich möchte aus persönlichem Anliegen heraus auch nochmal anmerken: Das ist einfach nur geil. Auch jetzt im Kontext des Albums, hör ich es immer öfter. Es ist genau diese Art von 2000 Indie-Rock, den wir alle damals auch rauf und runter gehört hätten – aber mit voller Lautstärke und dem genervten Missfallen unserer Eltern. Es hat einfach alles, was es braucht, um der neue Top-Hit von Twenty One Pilots zu werden. 45 Millionen Streams nach nur eineinhalb Monaten spricht für sich. Don’t sleep on this.

Twenty One Pilots, Untoldency, Untoldency Magazine, Indie, Musik, Blog, Blogger, Online Indie Musik Magazin, twentyonepilots, 21 pilots, tyler joseph, josh dun, shy away, scaled and icy, trench, blurryfaceDon’t sleep on this entire album, in fact. Denn jetzt kommt The Outside, nach Good Day der erste „richtige“ neue Song. Ich merk gerade wie mein Fangirl-Puls steigt, aber… Vor Freitag hatte niemand eine Ahnung, wie der neue Sound von Twenty One Pilots klingen wird. Und da ist natürlich auch immer so ein kleiner Funke Sorge dabei – was, wenn es einem nicht gefällt, was wenn die Band sich irgendwie verrannt oder einen auf dieser neuen Albumreise musikalisch einfach verloren hat. Vergesst diesen Funken Sorgen, absolut unbegründet. The Outside ist von Sekunde eins an von einem funky Beat dominiert, es ist wirklich einfach nur geil.

Es ist der perfekte Song für eine Sommer-Pool Party oder alles andere, was man sich in einem ähnlichen Kontext vorstellen kann. The Outside ist catchy, zugänglich und auch wirklich einfach ein Hit. Sag ich das zu oft? Ich fühl’s wirklich sehr, sorry. Aber deshalb vielleicht kurz zum inhaltlichen Teil des Songs, der auf zwei Arten interpretiert werden kann. Einmal als Tylers Perspektive auf den Erfolg, den er mit Twenty One Pilots hat. Der weltweite Breakout der Band ist schon ein paar Jahre her und deshalb kommt hier vielleicht das Gefühl auf, er sei keiner der cool kids mehr, sondern stattdessen on the outside. Dann gibt es wiederum auch wieder einen leichten DEMA-Propaganda Touch im Refrain:


„Up and down, they’re nodding
Heads are moving up and down, you got it
Everybody stand in line
One by one, take a hit, join the club“


Alle stehen in einer Reihe, nicken im Takt und folgen DEMAs Autorität, das ist schon bissi spooky. Aber lyrische Deutung hin oder her. Am Ende des Songs kommt ein weiterer Break, den ich vielleicht mehr liebe als den gesamten Song. Ghettoblaster auf die Straße und Breakdance Battle – das sind die Vibes zum Schluss, die mich einfach nur faszinierend über diese cleane Mischung aus Genres zurücklassen.

 
„Catch me floatin’ circles in my fishbowl”

Genau diese Kreuzung aus Genres, ohne sich von irgendwas einschränken zu lassen, zieht sich auch im nächsten Song durch: Saturday. Back to back mit The Outside bin ich an diesem Punkt einfach nur mal kurz baff, wie gut dieses Album in der ersten Hälfte alleine nur ist. Von diesen Jungs ist Stressed Out? Ja. Saturday ist wahrscheinlich die poppigste Single auf dem ganzen Album. Astrein spielbar auf ner Einweihungsfeier oder für den Kick guter Laune im Alltag. Es ist auch der Song, der am ehesten auf die ganze Pandemie Situation schließen lässt, in der sich beide, wie wir alle, auch befanden:

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“When you strip away what day of the week it is, you lose your rhythm. You lose your sense of what is up and what is down. When the pandemic happened, everyone was starting to learn that lesson, where the days of the week lose their meaning, and it was messing with people’s reference of time. You feel like you’re swirling and your feet aren’t planted. In the song, I’m talking to my wife, hoping that she sticks with me, even though I’m working through this, even though I’m kind of tumbling into nothingness.”

Auch hier wieder – diese funkige Gitarre! Sie zieht sich durch das ganze Album und liefert einfach eine Indie-Pop Hymne nach der anderen. Ich weiß, ich darf mich hier auch nicht in zu viel Begeisterung verrennen. Aber Tylers Vocals sind wirklich so on point, dass mir meine Nachbarn ein bisschen leidtun, so laut versuch ich diese Töne zu treffen:


“Life moves slow on the ocean floor
I can’t feel the waves anymore
Did the tide forget to move?
I just pray that I’m not losing you”


Wenn das das Gefühl des letzten Pandemie-Jahres beschreibt, dann unterschreib ich das so. Unten am Meeresgrund spürt man halt weder Wellen noch Gezeiten – da ist jeder Tag der gleiche und nichts passiert. Und wenn ihr das Lied jetzt hört und euch bei 2:26 denkt – ähm ist meine Box kaputt??? Dann nein, das soll so. Kommt aber heftig oder? (Ich erklär‘s nicht, ihr müsst es leider selbst hören – hehe).

 
2008 called and it wants its musicals back

Next up ist Never Take It und ist, ähnlich wie Shy Away, astreiner Pop-Rock, den vor allem Fans von Panic! At The Disco aufsaugen müssten. Scaled And Icy ist, all theories aside, ein pures Kreativ-Projekt. Es ist laut, es ist bunt, es ist voller Energie. Tyler selbst sagt in Interviews, dass der Albumprozess von Scaled And Icy so anders für ihn war, eben weil es das erste Mal war, dass er nicht alles zerdacht, sondern seine Kreativität einfach machen lassen hat. (Für den Aha-Effekt: scaled and icy – scaled down and isolated). Und was da bei rausgekommen ist, sollte auf jeder Sommer-Playlist rauf und runter laufen.

Doch zurück zu Never Take It. Es startet mit catchigen Claps und einer eingängigen Synth-Melodie und endet dann in einem so pop-rockigen Chorus, dass ich ganz kurz denke, ich bin in Disneys Camp Rock gelandet – und wer das jetzt als negativ bewertet, hat das früher einfach nicht leidenschaftlich genug geguckt. Aber ja, ich will nicht lügen, es hat einen leichten Musical-Vibe, was ja auch inhaltlich passt: Never Take It ist unter all den Songs von dem DEMA propagierten Album der wohl rebellischste. Tyler spricht sich aus gegen Medien, die jede Halb-Wahrheit nutzen, um zu polarisieren und Menschen zu spalten. Dieser ständige Overload an Debatten kann auch mental sehr anstrengend sein, vor allem wenn es meist wirklich nur um Clickbait oder Fake News trending geht. Als einzelne Person ist man schnell darin gefangen und Teil von etwas, von dem man gar nicht Teil sein will (@DEMA, also looking at you here).

Der beste Part kommt aber tatsächlich zum Schluss, wie so meist bei Twenty One Pilots Songs. Fun Fact davor – Tyler spielt immer nur Bass und ist kein Gitarren-Frontman wie ihn sonst viele andere Bands haben. Doch für Scaled And Icy hat er sich das Gitarre spielen selbst beigebracht und obwohl man das durch das ganze Album durchhören kann, ist man nicht auf diesen Part vorbereitet. Ich spann den Bogen nicht zu doll: es ist ein Solo. Auch überhaupt nicht spektakulär, aber as a fellow TOP Fan, ist das vorher noch nie passiert und deshalb verdient das auch einfach mal einen extra Shoutout.

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„Keep your bliss, there’s nothing wrong with this”

Ich weiß, bei dieser Länge von der Review hier werd ich schon ein gutes Stück von euch verloren haben. Für die, die noch mitlesen, kommt jetzt aber, und da lehn ich mich weit aus meinem Balkon, der Song, der wahrscheinlich am meisten hängen bleibt: Mulberry Street. Klingt genauso cool wie der Titel. Es ist bouncy, es ist groovy, es ist poppig, es ist einfach Frühlingsgefühle pur. Ich kann das Lied nicht hören, ohne mit einer kleiner made-up Choreo durch die Wohnung zu tanzen. Ja, ich bin einfach eine kleine Musical-Hoe. Tylers Vocals dazu triggern dann auf so ne ganz spezielle Weise:


„Get out of our way, we’re moving sideways
Welcome to Mulberry Street, yeah
So move out of our way, we’re pushing sideways
Keep sidewalk under your feet”


Ich werde jetzt auch die These droppen, dass Twenty One Pilots mitunter die besten Bridges haben, die es da draußen so gibt. Das muss jetzt auch gar nicht zwingend auf Mulberry Street zutreffen, aber ich wette 20€, die ich nicht habe, dass wenn ihr euch in der Musik der Band verliert, unter all den Songs mindestens fünf dabei sind, die auf eure persönliche Liste der besten Bridges landen. Behaupt ich jetzt einfach mal so. Für mich gehört Mulberry Street da definitiv auch dazu. Die groovigen Frühlingsgefühle machen Platz für Tylers ruhige, fast schon traurige Klaviereinlage. Das ist alles so smooth, wenn hier ne Ballade anknüpfen würde, ich würd es nicht hinterfragen. Doch stattdessen kommt der Grundbeat von Mulberry Street wieder, aber so kompakt heruntergebrochen, das ist wirklich mitunter das Cleanste (production-wise), was ich je gehört hab. Plus ne fucking Trompete! Ich leb für diese Band, kein Mist.

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Ned, where you at?

Tatsächlich kommt jetzt, wider aller Erwartung, der Song vom Album, den das ganze Internet fast am meisten liebt, an den ich aber leider wirklich nicht rankomme: Formidable. Eigentlich ist es ein super cuter, kleiner happy Lovesong kurz vorm Ende, mit Gitarren aus den 80s, unbeschwerten düdelüs und süßen Lyrics. Wieso es aber der einzige Song ist, den ich nicht so ganz mag, kann ich euch gar nicht genau sagen. Der Anfang klingt ein bisschen wie Drangsal und wenn euch das triggert (wahrscheinlich und zu Recht), dann hört hier rein. Aber ein Skip auf einem Album ist okay oder? Vor allem wenn man bedenkt, dass ich irgendwie die einzige bin, die das als Skip wahrnimmt.

Welcher Song wiederum von der Mehrheit des Internets als Skip wahrgenommen wird, ist Bounce Man. Das kann ich widerum absolut gar nicht nachvollziehen, because it’s just a bop. Ich habs schon diverse Male beim Duschen gehört und gefühlt und Lieder, die sich beim Duschen bewähren, die sind einfach gut. Folgende Kriterien sind mir da wichtig, danke, dass ihr fragt:

1. gute Laune. Ich liebe meine sad songs mehr als alles andere, aber im Bad muss gute Laune herrschen, weil wo sonst holt man sich seinen Recharge für das Chaos in der Welt da draußen her

2. Melodien. Ich will mitsingen. Ich will gute Laune haben und mitsingen können und dafür braucht man halt einfach catchige Melodien, die man auch noch beim Krach des Föhns vor sich her summen kann

3. last and least i want some grooves. So für’s bisschen in der Dusche rumwackeln, dass man fast fällt, aber nicht ganz

All das hat Bounce Man. Und dazu hat es auch noch die witzigsten Lyrics überhaupt, weil ich nie gedacht hätte, Tyler mal „I let my old lady know“ singen zu hören – das ist wirklich mein persönliches Highlight des ganzen Albums. Es fasst diese ganze Abstrusität, was Scaled And Icy mit Kontext dann doch irgendwie ist, auf eine spezielle Art zusammen.

 
In this house, we got feng shui

Ihr habt es fast geschafft. Wie findet ihr das Album bis jetzt? (Wer es jetzt noch nicht hört, drückt hier auf Play). Any Favorites? Ich weiß, man könnte meinen, ich hätte meinen Lieblingssong schon mit Choker oder Mulberry Street abgedeckelt, aber nenenee. No Chances, Leute. Der ist es. Denn so sehr ich diese good vibes auf dem Album liebe (sehr!!), so sehr vermisst mein TOP Herz fetten Bass und Bars. Und No Chances – das fegt einfach alles weg. Alles. Ich kann mich immer noch an das erste Mal erinnern, dass ich es gehört hab, und hätte fast Pause gemacht, nur um mich von dem Anfangsbeat zu erholen. Ich kann Tyler praktisch sehen, wie er im Studio vor dem Mikro steht, Play und Aufnahme drückt, und diese Bars droppt. Der Mann weiß ganz genau, was er tut.

No Chances ist definitiv auch der dunkelste Song auf dem ganzen Album. Das ist ein Fight-Song. Im Refrain hört man einen so fetten Chor an Bischöfen, dass auch ich ein bisschen nervös werde, weil das schon überwältigend und ganz ganz bisschen angsteinflößend ist. Wer das nicht so mag, kann ich verstehen. Aber ich hab jetzt, nach schon 20+ Replays, immer noch Gänsehaut.

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No Chances behandelt komplett unkryptisch den Kampf und die Flucht vor den Bischöfen aus DEMA. Er knüpft direkt an die Storyline von Trench an und wahrscheinlich lieb ich es deshalb auch so. Auch der Chorus, lyrisch ist das alles ziemlich düster, aber steht im totalen Kontrast mit der wunderschönen Melodie:


“Mm, ba-da-dum-ba-da-dum-bum
We got people on the way
We want you home in one piece now (Run away, run away)”


Für all die, die sich bis hier vorgekämpft haben, mal etwas Persönliches. Ich kann nur so viel emotionalen Fangirl-Content über Songs schreiben, wenn sie mich absolut catchen und berühren. Das macht ein geil produzierter Beat genau so wie eine funkige Gitarre oder wunderschöne Melodien über traurige Klavier- oder Gitarrentöne. No Chances hat, die funkigen Gitarren jetzt mal ausgenommen, genau das, kombiniert. Zwei Sachen, die so gegensätzlich sind, dass man die unmöglich in einen einzelnen Song packen kann – dachte ich. Und dann kam No Chances. Dieser Chorus – er setzt, jedenfalls musikalisch, alles auf Reset und hat rein gar nichts mit der Strophe mehr zu tun. Als wär ich in einem anderen Song singt Tyler diese wunderschöne Melodie auf Akustikgitarre und Klavier, nur um dann in einer makellosen Produktion wieder in diesen Killer-Beat zurückkehren. Man merkt’s wahrscheinlich, da catcht mich schon ziemlich viel. (Und vom Outro brauchen wir erst gar nicht anfangen).

 
Der letzte Song ist immer für’s Herz

Wir sind am Ende des meiner Meinung besten Album dieses Jahrs. Ja, ich bin da minimal ein bisschen voreingenommen, aber auch neutral betrachtet, sind da wirklich nur Sommer-Bops auf diesem Album. Safe bet, dass da für jede:n von euch mindestens zwei Songs dabei sind, die ihr diesen Sommer öfter hören werdet. Außer No Chances, das muss man wirklich fühlen denk ich. Als wäre da der so glücklich feel-good weg, hat sich Tyler zum Ende des Albums dem Propaganda Zwang entzogen und in den letzten beiden Songs einen deutlich ernsteren Ton angeschlagen. Man kommt wieder zurück zur Realität. Redecorate ist der Abschlusssong von Scaled and Icy, und erzählt die Geschichte von drei sterbenden Menschen und die Sorgen, die sie sich um ihre Familie machen bevor sie nicht mehr da sind.


„I don’t want to go like this
At least let me clean my room
I don’t want to leave like this
‘Cause the last thing I want to do is
Make my people make decisions, wondering what to do, oh
Should they keep it on display
Or redecorate?“


Ja, das ist schon ziemlich traurig. Aber auch das sind Twenty One Pilots. Auf jedem einzelnen Album gibt’s Songs, die am Ende nochmal völlig in alle Emotionen schlagen. Ob Goner, Neon Gravestones oder Truce – und jetzt auch Redecorate. Treffen alle auf diese eine besondere Weise. Mit 4:05 ist Redecorate der längste Song vom Album und auch der bedeutendste. Das hat rein gar nichts mehr mit den Hits von davor zu tun, das ist hier real talk. Was geblieben ist, sind wunderschöne Melodien im Chorus, denn obwohl Tyler die Strophen in einem leicht verzerrten Storytelling rappt, ist der Chorus wieder mal einfach nur schön. Man kann diesen verzweifelten Schmerz praktisch fühlen.

“I had a friend of mine whose son passed away and they would keep his room the same way that he had left it. I remember thinking how crazy powerful a story that is, and how it makes me wonder, like, ‘What will people do with my stuff?’ It can actually bring you back down to earth, make sure that you don’t make any horrible decisions. I’m realizing now how difficult it is to talk about, but this song is really important to me. I love the messaging of it, and I hope that our fans hear what it is I’m trying to say in it. Because it is a bit delicate, but it’s one of my favorite tracks and it’s pretty powerful if you let it.”

 
Fazit

“It’s pretty powerful if you let it.” – besser könnte ich diese sehr lange Review nicht abschließen. Mir ist bewusst, wie viel ihr lesen musstet, danke an jede Person, die sich die Zeit genommen hat – ich hab’s versucht mit Humor auszubalancieren. Tatsächlich hoffe ich aber wirklich, dass ich euch irgendwie abholen konnte und ihr, falls noch nicht getan, in dieses Album reinhört. Ey, in die ganze Band. Wer weitere Anspieltipps braucht oder einfach nur über Twenty One Pilots reden will – in jeglichem Kontext – mein Mailfach steht euch mehr als offen. Ansonsten, go and enjoy this album:

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Fotocredit: Mason Castillo, meme von @top.n.stuff

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