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Raus aus dem Lockdown und rein ins Abenteuer: Mar Malade und ihre „Postcards“-EP

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Selten treffe ich auf eine Band, die mich vom ersten Lied an so verzaubert wie Mar Malade. Nach ihrer allerersten Veröffentlichung Cabriolet im letzten Oktober ist nun seit einer Woche ihre Debüt-EP Postcards draußen und jetzt schon einer der besten Sachen, die ich dieses Jahr gehört hab. Warum, wer hinter Mar Malade steckt und was eigentlich das ganze Konzept hinter diesem leicht mystischen Newcomer-Projekt ist, lest ihr jetzt.

 
Mysteriöse Postkarten in Form von Musik

„Willkommen in der Welt von Mar Malade! Wo jedes Lied wie eine Postkarte von einem Ort ist, an dem DU noch nie warst!“

Wenn ihr euch genau so intensiv wie ich in der deutschen Indie-Bubble bewegt, werdet ihr die von zwei Jungs und ihren Postkarten in Form von Musik vielleicht auch schon gehört haben. Sehr wahrscheinlich wart ihr genauso begeistert wie ich und habt euch gefragt: Wer zur Hölle sind Mar Malade und wieso klingen sie so gut? Die erste Frage ist – noch – sehr schwer zu beantworten. Wer hinter Mar Malade steckt, weiß eigentlich niemand. Ihre Gesichter haben sie bisher immer hinter Artworks und animierten Avataren versteckt und sonderlich viele Informationen zu ihrer Person gibt es auch nicht. Außer man bewegt sich in der Bubble hinter den Kulissen oder stalkt ein bisschen rum (ein liebes @ an Jule hier), dann könnte man vielleicht schon mal Namen aufgeschnappt haben. Aber nach außen hin – ein komplettes Mysterium. Und gerade das macht es so spannend.

Klar ist, Mar Malade sind zwar ein neues musikalisches Projekt, aber die beiden an den Instrumenten sind ganz und gar nicht neu in der Musikszene. So eine EP stemmt man nicht so schnell aus dem Boden, wenn man das noch nie vorher gemacht hat. Alle Songs sind für sich so unglaublich gut und auch zusammen ergänzen sie sich zu so einer schönen Konzept-EP. Jeder Song klingt wie eine andere Destination, eine andere Reise. Sie entführen aus diesem Lockdown-Wahnsinn, und steigen deep dive in jede Fernweh-Sehnsucht ein, die wir alle seit Monaten vor uns herschieben. Mar Malade ermöglichen es, den eigenen vier Wänden entkommen, indem man einfach nur auf Play drückt.

 
Raus aus der seichten Lockdown-Depression, hinein in ferne Abenteuerreisen

Dann lasst uns genau das tun. Mit No Bird (Mr. Hardy) ertönt der erste Song von Postcards. Es ist die einzige Single, die erst mit der EP veröffentlicht wurde. Auf der einen Seite super schade, denn es ist eindeutig mein Lieblingslied, aber andererseits auch wieder einfach nur genial, so was als Opener überraschen zu lassen. Man kann sich das nicht anhören, ohne absolut begeistert zu sein. No Bird (Mr. Hardy) setzt die Latte extrem hoch für alles, was folgt und gibt den Start der Postcards-Reise:


I got the engines running
and the systems are checked
this will be the day, will be the day,
will be the day that I’ll never forget


Mar Malade, Untoldency, Untoldency Magazine, Indie, Musik, Blog, Blogger, Online Indie Musik Magazin, Postcards EP, Cabriolet, Mexico, Fil Bo Riva, MarmaladeEngines running, system checked und die Reise beginnt. No Bird (Mr. Hardy) hat mich wirklich von Sekunde eins an so begeistert, dass ich es seitdem täglich mindestens ein Mal höre. Vor allem wenn dann die Frühlingssonne durchs Fenster scheint und man sich trotz des ganzen Wahnsinns da draußen ganz kurz, wenn nur gedanklich, an einen anderen Ort versetzen kann. Und das ist ja das ganze Konzept der beiden. Sie erzählen Geschichten von anderen Orten, malen Szenerien mit nur ihrer Musik. Ihre Songs sind wie Filme auf Musiktape, du legst sie ein und es erklingt eine alternative Welt, eine Reise, auf der du jetzt sein könntest. No Bird (Mr. Hardy) ist der beste Song, mit dem ihr jeden Roadtrip beginnen solltet. Stellt euch doch mal vor mit diesem Song laut im Autoradio an Küsten langzufahren, das Meer zu sehen, …

Mar Malade schaffen es mit ihrem Sound aber nicht nur die perfekten Roadtrips-Vibes, sondern klingen dazu noch wie ein ganzes Band-Orchester. Gebt euch einfach mal diese Posaunen! Mar Malade bringen einfach Bläser mit an Start und sie fetzten, wirklich. Alles lebt, es ist wie ein grooviger Wanderschritt aus der Hüfte: raus aus der seichten Lockdown-Depression, hinein in ferne Abenteuerreisen.

 
„You bring me that love, that marmalade“

Mexico knüpft genau an der Roadtrip-Energie an, mit der No Bird (Mr. Hardy) die EP gestartet hat. Ich weiß, es ist komisch, wenn ich hypothetische Menschen anspreche. Aber Leute. Was ist das eigentlich für eine geniale Band. Mexico haut einfach alles weg. Ich hab‘s das erste Mal gehört und wusste nach ein paar Sekunden – das ist es. Das ist der Beweis, dass Mar Malade Welten weit weg sind, als „Newcomer“ zu gelten. Das sind atemberaubende Musiker, die sich im Lockdown einen Haufen Instrumente geschnappt und einfach diese fünf Songs aufgenommen haben. Als wäre es Nichts! Man merkt es vielleicht nicht, aber ich bin begeistert.

Auch hier gibt es wieder Bläser und verschiedenen Trommeln, alles ist so vielschichtig, dass ich gar nicht weiß, wohin ich zuerst hören soll. Die beiden machen mit allem Musik, was so rumliegt und kreieren dadurch einen Sound, der jedenfalls für mich komplett unvergleichbar ist. Der Song ist ständig in Bewegung, hier ist alles vorprogrammiert, mich tanzen zu lassen. Das mal auf ‘nem Festival?? Was ist das für eine Traumvorstellung. Mar Malade, wo immer ihr auch das erste Festival haben werden, 2023 dann, ich werd hinreisen. Nur um Mexico zu hören und zu sehen, wie ihr immer mehr Menschen verzaubert.

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Auch Marmalade, der namensgebende Song des Projekts, fängt an mit einer Kulisse, von der ich dachte, sie nie wieder zu hören. Die Soundkulisse einer Kneipe: das Gemurmel, das Geklimpere, das Schieben alter Stühle, die live eingespielten Akkorde einer Gitarre. Ich seh sogar die Kerzen. Die Welt vor 2020, was ein Konzept. Ich geb mit meinen Negativ-Saldo jeder Person einen aus, die mit mir trinken geht, sobald das wieder möglich ist.

Davon ab ist Marmalade, rein musikalisch, eine der schönsten Indie-Pop-Balladen, die ich dieses Jahr gehört hab. Es ist ein Liebeslied, die rosa Brille, die man in den ersten Wochen trägt und alles einen super glücklich macht. Wer hier in love ist, das ist natürlich offen, aber wenn es nach Mar Malade geht, dann ist das beste Match du und ihre Postcards.

„Heat up your speakers and open that can of marmalade. It’s been waiting for you too long – hidden in that dark corner of your pantry. Today that’s just you and it. Chocolate spreads can wait. Mhmmm, yesss… this is what love takes like!”

 
“Grab me like your car keys, I’ll be your cabriolet”

Wir gehen jetzt hier Track für Track durch die Postcards-EP, weil auch einfach jeder einzelne Song alleinstehend für sich überzeugt. Quickborn ist der langsamste Track von allen. Er ist wie eine trockene (aber schöne!) Wüste, in der man Wasser sucht. Und ja, ich bin mir ziemlich sicher, das ist eine Harfe oder irgendwas anderes vergleichbares schönes, das gezupft wird. Doch es wären nicht Mar Malade, gäbe es nicht auch in diesem Song einen angebenden Rhythmus, der einen groovig aus der Küche ins Wohnzimmer wandern lässt. Quickborn ist wie ein Track im Track und die Entfaltung der Stimmen einfach nur ein bisschen Magie. Komplett verschiedene Energien treffen aufeinander und vervollständigen sich. Einfach nur wahnsinnig schön.

Als letztes Lied der EP ist Cabriolet die Single, die das Duo als erste veröffentlicht hat. Sie hat jetzt schon über eine halbe Millionen Streams gesammelt und das ist für die allererste Single einer Band ein ganzes Statement. Cabriolet fühlt sich an wie ein idyllischer Ausflug in malerische Landschaften oder ein absolut entspannter Mittagschlaf auf einer Hängematte und Destination der Wahl. Funktioniert beides sehr gut, auch wenn die Auto-Metapher natürlich für erstere Beschreibung besser passt. Aber ich will vielleicht auch einfach sehr gerne auf einer Hängematte liegen, also geh ich damit.

Was mir noch so auffällt, als ich Cabriolet höre, ist nicht nur die wunderschöne Stimme des Leadsängers (denn das spricht für alle Lieder zu), sondern die sprachlichen Bilder, die den Song noch zusätzlich versüßen:


I can be your flour, bake me like an apple pie
taste me sweet and sour, there’s no time for a salty life
I can be your mushroom, activate your appetite
oh yeah, meet me in the washroom, I will clean your laundry right


Man kriegt mich wirklich immer mit Wortspielen, aber wenn dann dahinter noch so ein kleines verschmitztes Lächeln hervorblinkt, kann man mir alles verkaufen. Und das ist auch so ein bisschen das, was Cabriolet macht. Es ist eine zuckersüße Versuchung, sich auf etwas einzulassen, von dem man vielleicht gar nicht so genau weiß, was es ist. Die Metaphern fliegen nur so durch den Raum und wenn man nicht aufpasst, wird man von einer verzaubert. Wer coole Pick Up Lines sucht, darf sich hier gern bedienen, bei mir würden sie reihum alle funktionieren.

 
Fazit

Was soll ich hier groß zusammenfassen? Mar Malades Debüt-EP hat mich wirklich völlig aus dem Nichts erwischt und vollends begeistert. Wenn die beiden bei euren Lieblings-Indie-Artists auf der nächsten Tour Support spielen, dann wisst ihr jetzt schon, auf was ihr euch freuen könnt. Und wann immer euch bis dahin zuhause die Decke auf den Kopf fällt – macht das hier an und reist ein bisschen in eurer eigenen Wohnung und Gedanken umher. Es hilft.

(Und wer sich zusätzlich noch ihre Version von und mit Fil Bo Riva zu Franzis angucken will, kann das hier tun.)

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