Maria Basel hat am Freitag ihre Debüt-EP Layers rausgebracht und ist in diesem Zusammenhang eine Empfehlung von Herzen. Als klassisch ausgebildete Musikerin bringt sie mit ihren ersten Veröffentlichungen schon eine musikalische Expertise mit, die man in jedem Song hört. In den fünf Songs kommen Jazz und R’n’B zusammen und heben das Genre „Singer-Songwriter“ nochmal auf eine ganz andere Ebene. Nimmt man sich die Minuten, so wird einen Layers auf eine ganz andere Art berühren. Wir haben Maria im Interview ein bisschen über die Songs auf ihrer EP ausgequetscht. Außerdem haben wir über ihr erstes Musikvideo gesprochen und wie es ist, mitten in Corona eine Solo-Karriere zu starten.
Maria Basel im Interview
Anna: Hey! Schön, dich hier endlich mal richtig vorzustellen zu dürfen, mit einem sehr aufregenden Aufhänger wie ich finde: Deine Debüt-EP Layers kommt nächste Woche raus. Auf einer Skala von 1 bis 10, wie sehr freust du dich, deine Musik in dem Gesamtkonzept der EP endlich raus in die Welt zu lassen?
Maria: Hey Anna, vielen Dank für das Interview! Naja, es ist schon schwierig in Worte zu fassen…
Am Anfang waren das alles Ideen, Melodien, die nur ich in meinem Kopf hören konnte. Das alles in Musik umzuwandeln, für andere hörbar zu machen und am Ende auch noch eine CD in den Händen zu halten – das ist ein unglaublicher Prozess! Ich bin oft sehr selbstkritisch und mir fällt es schonmal schwer, ein Stück loszulassen. Zu akzeptieren, dass es fertig und gut ist wie es ist. Die Stücke in die Welt zu lassen und nichts mehr daran ändern zu können, ist ein sehr schönes und auch befreiendes Gefühl.
Anna: Wie würdest du selbst deine Musik beschreiben für Leute, die dich noch nicht kennen?
Maria: Ich mache elektronische Pop-Musik mit Einflüssen aus Klassik, Ambient, Downtempo, R&B – zum Eintauchen und sich fallen lassen. Haha, eine wilde Mischung, wenn man es so liest!
Anna: Du hast erst letztes Jahr deine erste Single Lioness veröffentlicht. Eigentlich machst du aber schon viel länger Musik, warst schon mit vielen anderen musikalischen Projekten unterwegs. Wie bist du zur Musik gekommen? Und was macht dieses Soloprojekt für dich so besonders?
Maria: Ich komme aus einer klassischen Musikerfamilie, mir wurde die Musik quasi in die Wiege gelegt. Meine Mutter ist Pianistin, mein Vater Cellist, mein Großvater war Komponist. Ich habe mit fünf Jahren angefangen Klavier zu spielen und dann viele Jahre jeden Tag intensiv geübt und an Wettbewerben teilgenommen. Irgendwann war die Zeit aber einfach nicht mehr dafür da. Ich habe dann von allein begonnen, mir erste eigene Stücke auszudenken und mich beim Singen am Klavier zu begleiten. Seitdem ich in Wuppertal lebe, habe ich angefangen, intensiver im Pop- und Jazzbereich Musik zu machen, in Bands zu spielen und aufzulegen. Ich hab auch in spartenübergreifenden Projekten wie z.B. mit dem Pina Bausch Ensemble oder den Wuppertaler Bühnen gearbeitet. Dadurch, dass ich alle meine Stücke selbst schreibe und produziere, bin ich nicht darauf angewiesen meine Sound-Vision einer außenstehenden Person umständlich erklären zu müssen. Ich bin somit autark in dem, was ich tue.
„Wir sind schon beim ersten Video direkt aufs Ganze gegangen.“
Anna: Ich fand Lioness eine unglaublich starke Debütsingle und so wie ich das mitbekommen habe, war ich da nicht die Einzige. Worum geht’s in dem Song? Und kannst du ein paar Worte über das Musikvideo dalassen? Da haben ja wirklich sehr viele Menschen hinter den Kulissen mitgewirkt, um das alles so möglich zu machen. Woher kamen die Inspirationen, die ihr so künstlerisch umgesetzt habt und wie war die Umsetzung vor Ort?
Dankeschön! Lioness erzählt die Geschichte zweier Frauen, deren gemeinsamer Weg von innerer Stärke, unerfüllbaren Erwartungen, vereitelten Träumen und dem Aufeinandertreffen zweier sehr verschiedener Welten geprägt ist.
Das Musikvideo zu Lioness war mein erstes und dafür war es ein ziemlich aufwendiges. Von der ersten Idee, dem Schreiben des Drehbuchs bis hin zur Motiv- und Komparsinnen Suche und dem tatsächlichen Dreh haben mein Team und ich knapp ein halbes Jahr daran gearbeitet. Zum Beispiel sind wir für ein paar Szenen an einem Tag nach Scheveningen gefahren. Dort bin ich in meinem roten Kleid von einem Bungee Turm gesprungen, wurde in einem Motorboot aufs Meer rausgefahren und im Meer schwimmend von einer Drohne gefilmt. Wir sind also schon beim ersten Video direkt aufs Ganze gegangen 🙂
Die vielen Menschen vor und hinter der Kamera haben mit mir gemeinsam Lioness zum Leben erweckt. Ich hatte die Ehre mit der Pina Bausch Tänzerin Ruth Amarante als Hauptdarstellerin zu arbeiten. Norman Tebel hat Regie geführt und mit mir und Arne Schramm das Drehbuch geschrieben. Er begleitet mich bis heute unfassbar kreativ und unterstützend in der visuellen Umsetzung meiner Musik. Ich habe so viel Support von verschiedensten Seiten dafür bekommen – ob z.B. beim Kostüm von Halstenbach Fine Clothes, dem Kunst- und Kulturort LOCH als Produktionsbase, Max Grüttefien an der Kamera, Maurice Egen und Pauline Pfingsten in der Produktionsleitung oder den acht wunderschönen, starken Frauen als Komparsinnen. Ich habe außerdem über Startnext das Geld für das Video zusammengesammelt. So konnte ich es so in einer Zeit ohne richtige Einnahmemöglichkeiten überhaupt finanzieren – also sind so gesehen noch viel mehr Menschen daran beteiligt!
In dem Video gibt es einige Referenzen zu meiner Heimat, der Ukraine. Zum Beispiel bei den weißen Kleidern der Frauen oder dem Blumenkranz den ich trage. Außerdem schlängelt sich das Element des Wassers als roter Faden durch das Video – als ein rein-waschendes, aber auch verschlingendes Element. Ich bin in dieser Zeit oft über meine Grenzen gegangen und habe sehr viel gelernt – auch über mich selbst.
„Als wäre man im Traum gerannt und würde ganz atemlos wach werden.“
Anna: Als zweite Single kam der Opening Track Same But Different. Ich hab beim Zuhören wirklich das Gefühl, dass du mit dem Track in die EP einleitest, alles wirkt sehr intim und zerbrechlich, aber genau deshalb auch ziemlich powerful. Du komponierst ja deine Musik auch selbst, war das das Gefühl, was du mit dem Song vermitteln wolltest? Was bedeutet er für dich?
Maria: Die Entscheidung, Same But Different als erstes Stück für die EP zu nehmen stand für mich recht schnell fest. Es leitet fließend und ruhig ein und entwickelt sich mit der Mehrstimmigkeit und den Beats immer weiter. Ich bin sehr stolz auf diesen Song. Es geht in dem Stück um Menschen, die sich so sehr ähneln und harmonieren und gleichzeitig doch so grundlegend unterschiedlich sind. Das erzeugt eine faszinierende Spannung, die einen nicht loslässt, die einem gut tun, aber auch sehr aufwühlend sein kann.
Anna: Da ich dich über die ersten beiden Songs jetzt so detailliert ausgefragt habe, muss ich der dritten und letzten Singleauskopplung vor Release auch seinen Platz geben: Mein persönlicher Favorit Wake Up Tired bringt den leicht poppigen Touch in deine EP. Was hattest du im Kopf als du den Song geschrieben hast? Wie viel Stufen in der Entwicklung ist er durchgangen bis er so in seiner finalen Form fertig war?
Wake Up Tired sticht schon ein wenig raus, das stimmt! Der Song beschreibt einen Zustand, den ich nur zu gut kenne. Schlafen und doch müde aufwachen. Nicht zur Ruhe kommen, da sich meine Gedanken im Schlaf weiter in meinem Kopf drehen, mich verfolgen, an mir zerren. Gedanken über Dinge, die ich tun will, die von mir erwartet werden, Menschen die mir nah stehen und mich beschäftigen. Ich stürze mich in Traumwelten, von einem Traum in den nächsten, in nicht fassbarer Geschwindigkeit und Anzahl. Als wäre man im Traum gerannt und würde ganz atemlos wach werden.
Ich habe über einen längeren Zeitraum an diesem Song gearbeitet und ihn immer wieder angepasst und feingeschliffen. Wake Up Tired ist eine Mischung aus Härte und warmer Schwerelosigkeit. Einerseits ist da durch viele weiche, weite Synthies und reverb-lastige Gesänge viel Luftigkeit drin – andererseits gibt es aber auch Teile mit harten Kicks und Claps, trockenen rhythmischen Gesängen, Bass-Synthies, die rau und sehr präsent, fast Sägen-artig klingen.
„In jedem Song steckt unglaublich viel Liebe und Zeit drin.“
Anna: Die zwei letzten Songs Traveller und The Climb kommen zusammen mit der EP raus. Der eine deutlich klassischer nur mit Klavier, der andere baut sich auch elektronischer immer weiter auf. Von all den Songs auf Layers, hast du einen, der dir über die Zeit besonders ans Herz gewachsen ist?
Maria: Es steckt in jedem der Songs unglaublich viel Liebe und Zeit drin, also ist es schwierig einen Favoriten rauszupicken… Die Entstehung zum Video von Lioness war eine sehr intensive und wunderschöne Zeit. Dadurch, dass ich mich mit dem Song für die visuelle Umsetzung nochmal ganz anders, zum Teil auch intensiver auseinandergesetzt habe, ist er mir schon sehr ans Herz gewachsen. Und irgendwie war mir von vornherein klar, dass das meine erste Single werden soll. Auch dadurch hat Lioness nochmal eine andere Bedeutung für mich.
Anna: Zusammen mit Release hast du dir auch was Besonderes als Merch einfallen lassen: Du hast limitierte, handbemalte Layer Dolls aus Holz gefertigt, die man in Deutschland als Matrjoschka kennt. Das ist nicht nur ein wunderschönes Sinnbild für die EP (es sind ja wortwörtlich Layers), sondern auch eine Referenz zu deinem Herkunftsland, der Ukraine. Wie bist du auf die Idee gekommen?
Maria: Die Idee zu den Layer Dolls kam tatsächlich von meinem guten Freund und Musiker Jonas David. Ich wollte zusätzlich zur EP etwas haben, was nichts mit dem typischen T-Shirt oder Jutebeutel Merch zu tun hat und fand die Idee zur Doll wunderschön und sehr passend. Jede Puppe verkörpert einen Song auf der EP und im Inneren befindet sich Layers als digitale Download-Version. Zusammen mit dem Künstler David Friedrich habe ich mir überlegt, wie jeder Song aussehen könnte, welche Farbwelt, Struktur verkörpert wird. Alle 50 Dolls sind eigens von uns handbemalt, somit ist jede ein einzigartiges kleines Kunstobjekt.
„Ich sehne mich sehr danach, neue Musik zu schreiben.“
Anna: Du startest 2021 mit der EP, und hoffentlich auch besseren Aussichten aufs Live spielen als letztes Jahr. Wie hast du den Start deiner Karriere inmitten all dem Chaos wahrgenommen? Und gibt es vielleicht schon Sachen, die du für die Zukunft geplant hast und hier mit uns teilen kannst?
Maria: Die Entscheidung, den Schritt in die Musikindustrie in so einer Zeit zu machen, war anfangs schon ein bisschen seltsam. Es ist sowieso ein sehr ungewisser und schwieriger Weg und in der jetzigen Zeit umso unabsehbarer. Aber retrospektiv war es absolut die richtige Entscheidung. Letztes Jahr kam eins zum anderen. Ich habe begonnen, mit dem Indie-Label Listenrecord aus Berlin zu arbeiten, habe meine ersten Singles veröffentlicht, Musikvideos gedreht und insgesamt so viel an meiner Musik gearbeitet wie nie zuvor. Somit hatte ich immer etwas zu tun, das hat sehr durch diese absurde Zeit geholfen. Ich habe bislang unfassbar viel schönes Feedback bekommen und das motiviert natürlich auch weiter zu machen. Nach dem Release meiner EP möchte ich direkt anfangen, an meinem Album zu arbeiten. Ich sehne mich sehr danach, neue Musik zu schreiben, mit anderen Künstlern zusammen zu arbeiten und hoffentlich auch bald wieder richtige Konzerte vor Publikum zu spielen!
Anna: Die letzte Frage bezieht sich bei uns immer auf eine untold story. Gibt es eine Anekdote oder einen Fun Fact zu dir oder deinem Projekt, den du noch nie in einem Interview erzählt hast?
Maria: Hmm, schwierig. Vielleicht kein fun fact, aber eine kleine Geschichte zur Entstehung des letzten Songs der EP The Climb: Ich habe vor ein paar Monaten mein ganzes Equipment zusammengepackt und mir für etwas mehr als eine Woche ein kleines Häuschen auf dem Land gemietet und bin so quasi kurz aus meiner Realität in eine Welt der Ruhe und Einsamkeit geflohen. Das war eine wirklich sehr schöne Zeit, da ich mich dort 24/7 meiner Musik gewidmet habe. Ich bin mit dem Ziel dorthin gefahren, den fünften und letzten Song für die EP zu schreiben – eigentlich ein viel zu ambitioniertes Ziel, da ich bislang noch nicht dahinter gekommen bin, wie ich meine Muse aktiv heraufbeschwören kann. Eine Woche ist schon ziemlich wenig Zeit, wenn ich meine Songs sonst zum Teil über mehrere Monate geschrieben habe. Aber am Ende sind in dieser Woche sogar zwei ganze Songs entstanden, einer davon The Climb.
Hört hier in Layers rein:
Fotocredits: Norman Tebel, Arne Schramm