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Zwischen Bedroompop und Großraumdisko: Lahos mit “Youth Pattern”

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Gestern hat der wahlberliner Produzent Lahos seine neue EP “Youth Pattern” veröffentlicht. Fünf Tracks nehmen uns mit in die Jugend des Multiinstrumentalisten und öffnen für uns und für ihn Pforten in ganz neue Genres. Ich habe mir die neue EP angehört und mit Lahos über seine Entwicklung im letzten Jahr per Videocall gesprochen.

Wer gerne und viel Radio hört, wird früher oder später auch über Lahos stolpern. Sagt euch nichts? Ich bin mir sicher, jede*r kennt mittlerweile die Trompetensoli in Felix Jaehns “Cheerleader” oder in “Bad Ideas” von Alle Farben. Das ist er: Lahos, der eigentlichen anders heißt, nämlich Leo. Er war als Kind schon ein Talent an der Trompete und kombiniert diese seit seiner Jugendzeit mit elektronischer Tanzmusik. Auch als Future-House Produzent ging es mit seiner Solokarriere dann gefühlt alles sehr schnell. Plattendeal beim Majorlabel, Soloshows auf den Mainstages der großen EDM-Festivals, tausende Streams bei Spotify und Co. Seit letztem Jahr macht Lahos jetzt aber wieder alles selbst – und das spürt man auch in seiner Musik auf “Youth Pattern” sehr.


“Am Ende hieß es immer, meine Sachen sind zu wenig kommerziell. Und da dachte ich mir, wenn ich’s jetzt alleine mache, kann es nicht schlechter laufen als mit dem Major. Das ist zwar traurig, aber für mich war’s das beste Zeichen.“


Back to the roots

Dass die Reise aus dem “Bubblegum-Pop” hinaus führt, ist schon allein am Intro des ersten Songs “Golden Age” zu erkennen. Hier spannt uns Lahos knapp anderthalb Minuten mit nach und nach übereinander geschichteten Gitarrenspuren auf die Folter. Gitarren? Und dann auch noch verzerrt? Das ist irgendwie so gar nicht das, was ich erwartet habe. Natürlich gibt es in diesem Song auch einen fetten Drop ins Vollinstrumentarium, aber einen herkömmlichen Songaufbau, wie heute in der kommerziellen Popmusik üblich, bleibt uns Lahos hier schuldig. Zum Glück. Denn die Klangwelt, die er hier erschafft, ist sehr interessant und erinnert auf der ganzen EP an Indietronic-Ikonen wie MGMT, Daft Punk, M83 oder auch Tame Impala – Bands, die ihn in seiner Jugend inspiriert haben.

„Ich bin ja selber gar kein Gitarrist, aber ich hab mir im Lockdown eine Gitarre zugelegt und dann einfach alles auf einer Saite eingespielt und am Ende gelayert, bis es halt irgendwann geil klang.“


Die Gitarrensounds sind auf “Youth Pattern” tatsächlich das verbindene Element zwischen den Songs. Gitarrenmusik scheint gerade ja wieder arg modern zu werden, nachdem man diesem Instrument seit 10 Jahren die letzte Salbung verpassen wollte. Lahos möchte aber keine Gitarrensounds wie im Radiopop, er schafft sich seine eigenen. Auch die Gitarren in “End this Ride” klingen durch den leichten “detune” sehr unkonventionell. Wenn auch dieser Song uns Lahos’ Genrevergangenheit sehr viel deutlicher entgegenbringt, als der Song zuvor. Mit poppigen und absolut makellosen Vocals von Sänger Mote shufflet uns der Song weiter durch die EP.


Für die Cool Kids und die Atzen

“Bright Eyes” hat mir einen unfassbar langanhaltenden Ohrwurm verpasst und ich glaube, das ist einer dieser Songs, die man für so einen Ohrwurm auch nur einmal hören muss. Durch den raffinierten Chordchange im Zwischenteil hat mich das Stück, das ja offensichtlich ein astreiner Popsong ist, auch als Musiknerd neugierig werden lassen. Die Welt braucht mehr intelligente Popmusik wie diese, ich glaube das könnte ganze Völker vereinen! Naja, zumindest würden sie mich glücklicher machen.

„Es soll halt für die Cool Kids sein, aber halt auch für die Atzen! Es soll für jede*n zugänglich sein, auch wenn es nicht everybody’s taste ist. ‘Don’t do it only for the purists, do it also for the tourists’, sagte mal ein Künstler in den 20er Jahren.”


Die Intention, die Lahos mit dieser EP hatte, wird wirklich unmissverständlich deutlich. Wir haben es hier mit tanzbaren Popsongs zu tun, allerdings mit twist. Und besonders daran ist die Mischung. Der Song “Dayslide”, der noch als Single auf dem Major erschien, ist gleichzeitig ein Relikt aus Lahos’ langjähriger EDM-Erfahrung und ein Vorbote auf den Indiepop, den er jetzt macht. Die Vocals der Sängerin Thala sind hier wieder ins perfekte Licht gerückt und zeigen keine Ecken oder Kanten. Zwischenzeitlich fühle ich mich auch wieder stark zurück in die Großraumdisse zwei Dörfer weiter versetzt. Das mag der*dem ein oder anderen IndieliebhaberIn schon too much sein, holt aber mit Sicherheit die Fans von Lahos‘ früheren Projekten ab.


Keine Zeit für Langeweile

Völlig weird und absolut unexpected grätscht mich dann zum Schluss “Like That” weg. Fast schon ein absoluter Anti-Song, der durch seine rockigen Gitarren und mit den bis in die Unkenntlichkeit verzerrten Vocals irgendwie echt catchy ist. Lahos hat hier übrigens das erste Mal auch selbst gesungen. Man kann sich an dieser Stelle wirklich fragen, ob die drei Tracks aus der Mitte von “Youth Pattern” tatsächlich vom gleichen Künstler stammen, wie Intro und Outro. Aber ja, genau das ist das Rezept: Lahos bettet uns moderne und eingängige Popsongs in ein unkonventionelles Setting ein. Und das tut ihm und seiner Musik gut.

„Ich möchte selber auf der Bühne nicht gelangweilt sein. Und dementsprechend eine mega hohe Diversität an Songs bieten können. Es ist einfach Entertainment.“


Fazit

Ich muss sagen, ich bin kein Fan von poppiger Tanzmusik, wie sie im Radio oft zu hören ist. Mir fehlt da einfach oft die künstlerische Substanz, das ist einfach nicht mein cypher. Und trotzdem hat es Lahos geschafft, dass mir seine “Youth Pattern” EP wirklich gut gefällt. Sie ist kurzweilig und unterhaltend, sie überrascht mich und macht Spaß. Ob jetzt bewusst gehört oder auch nebenbei beim Joggen, Kochen, Abhängen. Man spürt in dieser EP den Anfang einer musikalischen Weiterentwicklung, und das finde ich spannend.

“Was ich gemerkt habe war, dass es mir selber Spaß machen und authentisch sein muss. Als es nicht mehr hundert Prozent ehrlich mir selbst gegenüber war, hab ich gesagt: ne, ich mach das nicht mehr. Was viele Leute auch verärgert hat. Aber was bringt es mir, wenn ich da stehe und meine Musik nicht ernst nehmen kann?“

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Fotocredit: Debora Brune

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