Liebe Leser*innen,
heute feiern wir die Videopremiere von „Zellophan“ von DAVEE DEE! Der Leipziger Musiker serviert uns nach seiner im Juni erschienenen Single „Liebe Grüße“ schon die zweite Single samt Video dieses Jahr. Im Fokus steht seit 2020 auch seine Band, die nicht nur live für die Prise Abriss sorgt, sondern den Sound der neuen Songs ebenfalls maßgeblich beeinflusst. Ein Mix aus düsterem Alternative-Rock und Rap, die Texte zwischen melancholischen Gedankenspielen und Gänsehaut-Storylines.
Viel mehr als Plastik
Zellophan? Ist das nicht das Zeug, in dem die CDs eingepackt sind? Diese Folie, die man erst halb abgelutscht und dann — wenn überhaupt — nur mit den Zähnen aufbekommen hat? Pardon, aber nein. Denn Zellophan besteht nicht (wie ich immer dachte) aus Plastik, sondern wird aus nachwachsenden Rohstoffen (wie zum Beispiel Holz) hergestellt. Somit ist es sogar kompostierbar und wasserdampfdurchlässig! Klingt verrückt, ist aber für unser heutiges Vorhaben durchaus von Vorteil. Denn das, was DAVEE DEE in seine Zellophanfolie einwickelt, darf auf keinen Fall dem Erstickungstod zum Opfer fallen!
DAVEE DEEs markante Stimme braucht eigentlich nicht viel mehr als eine Klavierbegleitung. Und genau so beginnt auch der Song. Die ersten Sekunden von „Zellophan“ wiegen mich in den richtigen Modus, bevor Drums und Bass sich auf gemeinsamen Zählzeiten schneiden und meinen Oberkörper im Takt zucken lassen. Dezente E-Gitarren sorgen für die sphärischen Flächen und das Schwelgen in eigenen Erinnerungen, die der Text bei mir hervorruft. Darin geht es um begrabene Träume, Erwartungsdruck und um den Moment, wenn du draußen im Kalten stehst, durchatmest und merkst: irgendwie ist hier etwas aus dem Ruder gelaufen — obwohl doch eigentlich alles nach Plan läuft.
Zum Fliegen aufs Dach
Die eigenen Träume in Zellophan zu verpacken ist ja eigentlich keine schlechte Idee. Noch heute ist Zellophan ein beliebtes Material zum Verpacken verderblicher Waren. So werden die Träume zwar kurzfristig artgerecht konserviert, doch leider nagt wohl auch hier der Zahn der Zeit ein Loch in die Knisterfolie. Und dieser Traum, das aufgeschobene Vorhaben, wird irgendwann einfach unappetitlich. Dann fragt man sich ja, wäre es nicht besser gewesen, die Träume direkt zu verwerfen, bevor sie noch so endlos lange auf Halde liegen und langsam verrotten? Auch hier gibt der Song Antwort: es ist nicht immer nur ein „Fingerschnippen“, aber der Wille zur Veränderung lässt diese dünne Folie leicht einreißen.
„Nichts geplant, einfach gemacht
In Hausschuhen zum Fliegen aufs Dach
Und kaum bist du wieder am Boden
Fragst du dich „Wow, wie hab ich das bloß gemacht?“
Musikalisch passend baut sich der Song immer breiter und größer vor uns auf. Die einzelnen Szenen des Videos werden immer wieder durch keine Trickfilm Animationen ausgeschmückt und visualisieren die gesungenen Zeilen. Das vermittelt zwischen den sonst doch sehr düsteren Kulissen einen lauwarmen Hauch von Geborgenheit. In einem endlos langen Tunnel und einer Waldlichtung bei Nacht sehen wir DAVEE DEE und seine Band performen, gekonnt durch gezielte Schnitte und sanfte Blenden in Szene gesetzt.
Die anfänglich zarten Gitarrenklänge werden im Laufe des Songs immer härter und rhythmischer. Kurz vor Schluss noch mal ein kurzer Part zum Durchatmen, wahrscheinlich der Part, bei dem live die ganze Crowd in die Hocke geht und gespannt auf den Drop zum Ausrasten wartet. Und der hat sich dann definitiv gewaschen! Dicke Gitarrenwände und ein mächtiger Breakdown-Beat sorgen zum Abschied noch für saftigen Muskelkater im Nacken. Bei mir hats definitiv nicht nur an der Folie geknistert! Viel Spaß mit “Zellophan”!