CATT ist wahrscheinlich eine der talentiertesten Künstlerinnen unseres Landes. 2018 machte die in Berlin lebende Multiinstrumentalistin das erste Mal musikalisch auf sich aufmerksam. 2019 erschien ihre Debüt-EP „Moon“ und schon 2020 legte sie dann mit ihrem ersten Album „Why, Why“ nach. Letzten Freitag veröffentlichte CATT einen Song des Albums, nämlich „How Can I Become“, in einer wunderschönen Streicher-Version. Jule hat sich deshalb mit ihr zum Interview verabredet, in dem CATT über die Entstehungsprozesse ihrer Songs im Allgemeinen und natürlich auch über den neu arrangierten Song erzählt. Viel Spaß beim Lesen!
CATT im Interview
Jule: Für den (unwahrscheinlichen) Fall, dass dich jemand noch nicht kennen sollte: Magst du dich vielleicht einmal vorstellen? Wer ist CATT, was macht sie, wie klingt sie?
CATT: Ich bin Musikerin und lebe im Moment in Berlin. Ich komme aber ursprünglich aus einem kleinen Dorf mit drei Häusern, das in mir wahrscheinlich bis heute in meiner Verbindung zur Natur weiterlebt. Ich habe Musikproduktion und Klavier studiert und war mit vielen Bands und Künstler:innen unterwegs in den letzten Jahren. Seit letztem Jahr habe ich mich das erste Mal komplett auf’s CATT-Sein fokussiert. Ich habe mein erstes Album rausgebracht, letzten November, und ich glaube, das klingt nach organischem Indie-Pop, der sich in viele Richtungen verzweigt. Klavier und Blechbläser ziehen sich durch die meisten meiner Songs.
Jule: Du bist ja Multiinstrumentalistin, aber auch eine Loopstation gehört zu deinem Repertoire. Wie bekommst du diese vielen verschiedenen Sounds mit der Loopstation so koordiniert, dass die Songs live genauso klingen, wie auf der Platte?
CATT: Ich glaube, das ist eine Mischung aus Übung und Mut, im richtigen Moment aufs richtige Pedal zu treten. Und mir fiel es schon seit meiner Kindheit ziemlich leicht, spontan Stimmen, Beats, Ideen übereinander zu bringen.
Jule: Entstehen deine Songs auch mit dem Hintergedanken, dass sie mit der Loopstation funktionieren müssen? Oder ist der Entstehungsprozess völlig unabhängig davon?
CATT: Der Entstehungsprozess ist erstmal völlig unabhängig vom späteren Publikum oder der Live-Umsetzung. Am Anfang geht’s wirklich nur darum, dem Gefühl zu folgen, in das sich ein Song entwickeln möchte. Ich folge immer dem, was sich gut anfühlt und was mir Freude macht.
Jule: Du hast ja schon dein Album „Why, Why“ erwähnt, das im November erschienen ist. Wie war es für dich, inmitten von Lockdown und totaler Unsicherheit was die Zukunft angeht, 12 neue Songs in die Welt zu entlassen?
CATT: Mir war es in der verrückten Situation des letzten Jahres umso wichtiger, die Songs genau da zu veröffentlichen und nicht aus irgendwelchen strategischen Gründen oder so zu warten. Ich hatte das Gefühl, sie könnten Trost geben und dem einen oder der anderen ein musikalischer Gefährte sein.
Jule: Magst du vielleicht auch etwas zur Entstehung von „Why, Why“ erzählen? Du kommst ja ursprünglich vom Land und lebst inzwischen in Berlin. Für die Produktion des Albums hast du dich aber wieder aufs Land zurückgezogen, richtig?
CATT: Ja, genau. Ich hatte ein Stipendium und durfte am Rande Hamburgs sechs Wochen lang einfach wohnen, fernab von allem. Das war so heilsam und besonders, nachdem ich gefühlt nur auf Tour war und unglaublich viel gearbeitet habe für verschiedenste Projekte. Ich durfte sozusagen einfach mal mit gutem Grund aus allem aussteigen. Jeden Morgen begann ich am Flügel und hatte mir im Gartenhaus der Villa ein kleines Tonstudio eingerichtet, in dem ich dann mit all meinen Instrumenten die Skizzen weiterentwickelte. Ich hab mit allem, was ich dort hatte, Musik gemacht und habe die Limitierung der technischen Möglichkeiten zum Instrument gemacht. Zum Beispiel ist der Beat bei „How Can I Become“ der Schreibtisch aus dem Gartenhaus. Es hat sehr viel Spaß gemacht, für diese sechs Wochen so richtig in diese Welt zu verschwinden und eine eigene zu erschaffen.
Jule: Du hast „How Can I Become“ ja auch gerade in einer Streicher-Version veröffentlicht und dir damit einen kleinen Traum erfüllt. Wie war es für dich, das instrumentale Zepter so ein wenig aus der Hand zu geben?
CATT: So richtig aus der Hand gegeben hab’s ich ja gar nicht, ich habe es ja Note für Note komponiert und aufgeschrieben. Aber klar, im Studio haben dann natürlich die Streicher:innen übernommen und ich hatte ungewohnterweise mal kein Klavier vor mir. Ich habe mir die musikalische Leitung mit dem Produzenten Tim Tautorat geteilt, der spontan beschloss, das Quintett zu dirigieren. Normalerweise spielt man ja mit Metronom und Kopfhörern auf den Ohren im Studio. Wir konnten das dadurch alles weggelassen und ganz echt, nah und akustisch miteinander im Raum spielen.
Jule: Es gibt dazu ja auch ein Video von Michèl M. Almeida, das dich und das Streichquintett zeigt. Wie war es für dich, nach gefühlt 200 Jahren wieder gemeinsam mit anderen Musiker:innen in einem Raum zu stehen und einen Song zu performen?
CATT: Unglaublich schön!
Jule: Gibt es eigentlich einen besonderen Grund dafür, dass es „How Can I Become“ geworden ist, den du neu arrangiert hast?
CATT: Die Idee mit den Streichern hatte ich schon länger. Im kalten Lockdownwinter wollte ich dann einfach etwas richtig Schönes machen. Und am Ende diesen verrückten Jahres blieben ja wirklich viele Fragen für uns alle, die ich dann irgendwie mit dieser einen Frage ‘How can I become like a river?’ zusammenfassen wollte. Und dem ganzen irgendwie Hoffnung dazugeben.
Jule: Die Resonanz zu „Why, Why“ war ja (zu Recht!) super positiv und hat dir viele schöne Möglichkeiten für (Fernseh-)Auftritte und Features eröffnet. Wenn wir mal kurz die Pandemie ausblenden: Was würdest du in Zukunft gerne mit deiner Musik erreichen?
CATT: Durch Deutschland und Europa touren und durch die Musik an wunderschöne und auch entlegene Orte gelangen.
Jule: Kommen wir auch schon zur letzten Frage. Und die ist immer die nach einer untold story, einem Funfact oder Geheimnis, das du in noch keinem Interview verraten hast.
CATT: Ich bin ziemlich gut im Pfannkuchen machen. Special CATT-approved Tipp für euch: Mixt mal in euren Teig Spinat und Banane und dann am Ende kommen Walnüsse, veganer Feta und Agavensirup drauf.
Jule: Ui, das klingt zwar ungewöhnlich, aber auch ziemlich lecker. Vielen Dank für den Tipp und das schöne Interview!
Hier könnt ihr euch noch das wunderschöne Album „Why, Why“ von CATT anhören:
Fotocredits: Massimiliano Corteselli / Michèl M. Almeida (Video Still)