Kategorie: untold feuilleton

  • the summer I turned metal

    the summer I turned metal

    2025 war für mich, wie schon die letzten Jahre, mal wieder ein bunter Genre-Mix, der von Pop über Indie-Rock und Hardcore-Punk. Dass ich dieses Jahr zum Metalhead werden würde stand allerdings nicht auf meinem Bullshit Bingo. Dass mein Album des Jahres dennoch ein Folk-Rock-Album sein würde auch nicht. 

    Deutscher Metal-Pop

    Auch wenn viel altbekanntes aus den letzten Jahren mir auch 2025 noch gefallen hat, brachte das Jahr dennoch einen markanten shift in meinem Musikgeschmack hin zu deutlich härterer Rock-Musik. Zum ersten Mal habe ich dieses Jahre angefangen mich tiefer gehend für Alternative Rock und Metal, vor allem der späten 90er und frühen 2000er, zu begeistern. Ausgelöst wurde das ironischerweise von einer Künstlerin, die mit ihrer Musik oft fälschlich als deutscher Indie-Pop abgestempelt wird.

    Im März erschien mit “silber” das zweite Album von Mia Morgan und es hat mich komplett aus den Socken gehauen. Inspiriert von Bands wie Bring Me The Horizon, Linkin Park und Nine Inch Nails widmet sich Mia Morgan auf ihrem zweiten Album voll und ganz den verschiedensten Subgenres des Rock und Metal. Was auf dem Debüt, “Fleisch” noch eher im Hintergrund lag, versteckt unter dicken Schichten 80s Synth-Pop und Indie-Rock, kommt auf “silber” nun zu voller Geltung. Krachende, verzerrte Gitarren statt Synthesizer, Live-Schlagzeug statt Drum Machine und eine große Portion female rage. Songs wie “(spielen mit den großen) JUNGS” und “silbertablett” verlangen einfach mit Live-Band und Moshpit bei Rock am Ring gespielt zu werden und haben bei mir das Interesse an mehr härterer Musik geweckt. 

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    FLINTA*-Stimmen und Supergroups

    Dementsprechend erschien im gleichen Monat mit “Tsunami Sea” das 2. Album der kanadischen Metal-Band Spiritbox und schon jetzt fällt mir auf dass dieser Jahresrückblick doch ein Überthema zu haben scheint: Starke weibliche Frontpersonen. Was das angeht gibt es aktuell nur sehr wenige, die Courtney LaPlante von Spiritbox das Wasser reichen. Mit Leichtigkeit wechselt sie zwischen gescreamtem und melodischem Gesang und hat dabei eine Bühnenpräsenz, die an die großen Pop-Sängerinnen unserer Zeit erinnert.

    Dass LaPlante absolut zur Royalty der Rock- und Metal-Sängerinnen gehört wurde dieses Jahr auch durch ihren gemeinsam Song mit Poppy und Amy Lee von Evanescence, “End of You” deutlich. Drei Generationen an Musikerinnen, die sich zur Metal-Version von Boygenius zusammenschließen. Das hat mein noch junges Metal-Herz mit Freude erfüllt. 

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    Niemand schreit so schön wie Emily Armstrong

    Ein Album, dass streng genommen schon 2024 erschien, ist “From Zero” von Linkin Park. Da im Mai aber eine Deluxe Version mit drei zusätzlichen Songs released wurde, will ich hier mal ein bisschen mogeln. Ich habe nicht (laut Spotify Wrapped) 1069 Minuten meines Jahres mit diesem Album verbracht um jetzt nicht zumindest kurz drüber zu sprechen.

    Wenn ich hier von den starken weiblichen Stimmen und Frontpersonen spreche muss Emily Armstrong natürlich erwähnt werden. Linkin Parks unerwartetes Comeback letztes Jahr und die darauffolgende Tour übertrafen alle Erwartungen und Emily Armstrong als neue Sängerin war definitiv einer der Gründe dafür. Zwischen ruhigeren, melodischeren Songs, wie “Over Each Other” oder “Good Things Go” und den großen, lauten Hits, wie “Emptiness Machine” und “Heavy is The Crown” trägt sie mit ihrer Stimme das Album und die Live-Performance der Band. Das niemand so schön schreit wie sie beweist sie im Intro von „Casualty„. Eine queere Frau an der Spitze der aktuell wahrscheinlich größten Rock-Band der Welt zu sehen war für mich definitiv eines der Highlights 2025.

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    Hardcore-Punk mit Synthesizern

    Nicht ganz in der Metal-Schiene aber doch im Kosmos der härteren Gitarrenmusik bewegten sich dieses Jahr außerdem Turnstile mit “Never Enough”. Auf ihrem mittlerweile fünften Album entwickelt die Band aus Washington ihre Mischung aus Hardcore-Punk, sphärischen Synths und Indie-Gitarren weiter. “Never Enough” ist gleichzeitig simple und komplett durchdacht, gleichzeitig gefühlvoll und auf die Fresse. Songs wie “Birds”, “I Care” und “Seein’ Stars” wollten meine On-Repeat-Playlist das Jahr über einfach nicht verlassen.


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    Ein Phönix aus der Asche

    Kommen wir nun zu etwas seichteren Klängen. Denn trotz meiner Metal-Phase sind auch Pop und Indie dieses Jahr bei mir nicht zu kurz gekommen. Das Album, auf dass ich mich seit Beginn des Jahres am meisten gefreute habe, war ohne Zweifel “Aus keiner meiner Brücken die in Asche liegen ist je ein Phönix emporgestiegen” von Drangsal.

    Wer die raren Auftritte von Max Gruber, aka Drangsal, in den vergangenen zwei Jahren verfolgt hat, konnte sich schon denken, dass ein viertes Drangsal-Album, so es denn jemals erscheinen würde, sich wahrscheinlich deutlich von seinen Vorgängen unterscheiden würde. “Aus keiner meiner Brücken” stellt eine deutliche Abkehr vom hochpolierten, durchproduzierten “Brutalo-Pop” des letzten Drangsal-Albums, “Exit Strategy”, dar. Alles scheint ruhiger, gesetzter, 30 bpm langsamer. Klavier ersetzt Synthesizer, mehr Akustik-Gitarren, weniger Distortion. Alles ist weniger durchstrukturiert und es gibt mehr Raum für Experimente und Instrumental-Parts.

    Der sperrige Albumtitel und Songnamen, wie “Die Bestie mit dem brennenden Schweif” haben es schon vermuten lassen: Dieses Album biedert sich nicht an, ist verkopft und verworren. Drangsal – mittlerweile nicht mehr nur Max Gruber, sondern eine dreiköpfige Band, gemeinsam mit Marvin Holley und Lukas Korn – machen was sie wollen und wie sie es wollen. Trotzdem finden sich auf dem Album mit Songs, wie “Bergab” oder “Die satanische Ferse” klassische Drangsal-Songs, die den früheren Alben doch gar nicht so unähnlich sind. Denn

    „man kann so viel verändern und doch bleibt alles gleich“


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    Unerwartete Entdeckungen

    Es ist für mich immer ein wenig frustrierend, am Ende des Jahres auf die lange Liste mit Alben, die ich unbedingt anhören wollte, zu schauen und festzustellen, wie viele ich doch gekonnt ignoriert habe. Bis vor ungefähr drei Wochen war “Ego Death At A Bachelorette Party” eins davon. Als Paramore-Fan hat mich Hayley Williams drittes Solo-Album natürlich interessiert, aber anscheinend doch nicht doll genug.

    Als ich dem ganzen vor kurzem dann doch nochmal eine Chance gegeben habe, hat es mich auf Anhieb komplett umgehauen. Auf ganzen zwanzig Songs deckt Williams verschiedenste Facetten des Indie-Pop und Alt-Rock ab, teils experimentell, teils nostalgisch. Ihre gesangliche Bandbreite steht der instrumentellen dabei in nichts nach. Auf tiefe, intime Momente folgen laute, kraftvolle Refrains, die ein wenige an frühe Paramore-Tage erinnern.

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    Das Beste kommt zum Schluss

    Die schönsten Alben sind doch die, die einen am Anfang gar nicht abholen und erst mit der Zeit ans Herz wachsen. So war es für mich bei dem Album, dass ich tatsächlich als mein Lieblingsalbum des Jahres bezeichnen würde, “The Clearing” von Wolf Alice. Auf den ersten Blick ein Folk-Rock-Album, dass sehr an die späten 60er und frühen 70er und Bands wie Fleetwood Mac erinnert. Das würde mich an sich erstmal nicht abschrecken, entsprach aber dieses Jahr (wie durch die zuvor erwähnten Alben deutlich werden dürfte) nicht ganz meinem Vibe. Ich hab mich trotzdem immer wieder dabei erwischt, wie ich es doch nochmal angehört habe, dem ganzen doch nochmal eine Chance geben wollte, bis es klick gemacht hat.

    The Clearing” stellt stilistisch die wahrscheinlich größte Kehrtwende in der Karriere von Wolf Alice dar, einer Band, bei der Genrebezeichnungen ohnehin nur limitierend erscheinen. Auf Klavierballaden, wie “Thorns” oder “Play it Out”, energetischen Pop-Songs, wie “Bloom Baby Bloom” und “Bread Butter Tea Sugar”, und experimentelleren Folk-Songs, wie “White Horses”, besingt Frontfrau Ellie Roswell Themen, wie Liebe, Freundschaft, Identität und das verwirrende Leben in den 30ern. Mein persönliches Highlight des Albums und vielleicht mein Lieblingssong des Jahres war dabei “Just Two Girls”. Der Titel ist Programm. Roswell besingt nichts weiter, als einen Abend zwischen zwei Freundinnen,

    “just two girls in a bar
    like two kids in the park
    Here’s the stage, you’re the star”.

    Und was mehr braucht es für einen Song des Jahres? 

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  • Folk first, Party later

    Folk first, Party later

    Zwischen meinen (laut Spotify) rund 3000 gehörten Künstler:innen in diesem Jahr gab es doch einige, die besonders herausgestochen sind und darunter auch ein paar richtig starke Alben und EPs, die bei mir rauf und runter liefen. Auch 2025 habe ich mich größtenteils in meiner Comfort-Zone namens Folk bewegt. Wie ihr am Titel allerdings erkennen könnt, hat sich auch etwas mit ein bisschen mehr bpm in mein musikalisches Jahr geschlichen. 

    Ich weiß noch genau, wie ich mir für meinen untoldency-Steckbrief ein Album für eine einsame Insel aussuchen musste. Keine fünf Sekunden später war klar: Hoax. Kevin Garretts Debütalbum begleitet mich nun schon seit sechs Jahren und auch 2025 ist es nicht verschwunden. Zurecht. Dieser Mann hat eine unglaubliche stimmliche Range und ist meiner Meinung nach immer noch ziemlich underrated.

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    Weitere vertraute Stimmen, die mich dieses Jahr konstant begleitet haben, sind Luca Fogale, Hazlett, Amble und Bon Iver. Bevor ich zu ihnen komme, kurz eine kleine Einordnung: Ich nenne diese Alben hier wirklich nur ganz knapp. Wenn ich anfangen würde, über meine Lieblingssongs zu schreiben und darüber, was an diesen Platten jeweils so besonders ist, wäre dieser Artikel vermutlich tausend Zeilen lang.

    Hazlett hat mit „last night you said you missed me“ ein wunderschönes Album veröffentlicht, und über Bon IversSABLE, fABLE“ müssen wir, glaube ich, auch gar nicht groß reden. Ich war wirklich sehr happy, dass diese Legenden mal wieder neue Musik gedroppt haben, und tja, was soll ich sagen: genauso fantastisch wie eh und je! Apropos fantastisch -das war ebenfalls Ambles Album „Reverie”.

    Luca Fogale wiederum hat ein neues Album („Challenger”) in Aussicht, das im Januar erscheinen wird. Ich durfte bereits reinhören und kann sagen: Auch das ist wieder wahnsinnig gut gelungen. Deshalb gehört es für mich irgendwie schon jetzt in diesen Jahresrückblick, aber mehr dazu dann im neuen Jahr. Über das Jahr verteilt hat er außerdem vorweg einzelne Songs des kommenden Albums released, mein Favorit davon ist „Ashes“, ein Song über „rest, love, and moving through loss, even if just for a moment“, wie Luca selbst schreibt.

    Neben all den englischsprachigen Künstler:innen hat es dieses Jahr auch ein französischer Musiker in meinen Rückblick geschafft. Der Newcomer Heroe hat zwar bereits englische Songs veröffentlicht, sich 2025 aber vorrangig für Musik in seiner Muttersprache entschieden und dadurch mit der EP „failles“ etwas wirklich Wundervolles geschaffen.

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    Ist euch bis hierher schon etwas aufgefallen? Ich muss zugeben: Meine Frauenquote ist jedes Jahr leider erschreckend niedrig bis nicht existent (shame on me, I know). Dieses Jahr kann ich aber mit gutem Gewissen sagen, dass es definitiv eine Künstlerin gab, die herausgestochen ist. Und was für eine. „At the Beach, in Every Life“, das Debütalbum von Gigi Perez, hat mich über einen Großteil des Jahres begleitet. Auf die Newcomerin bin ich ca. im Februar aufmerksam geworden, weil sie im April beim Zermatt Unplugged Festival gespielt hat. Dort konnte ich sie mir zwar nicht live anschauen, aber war trotzdem neugierig geworden. Kurz darauf erschien ihr Debütalbum, und wow: Irgendwie haben mich alle Songs sofort gepackt. Umso stolzer bin ich auf mich selbst, dass mit Gigi dieses Jahr endlich etwas Frauenpower in meinem Rückblick vertreten ist!

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    Weiter geht’s mit der nächsten Überraschung: „Sunflowers and Leather“ von Jonah Kagen. Ein Album, von dem ich wirklich nicht erwartet hätte, dass es mich so überzeugt. Seine Musik tauchte zwar schon früher immer mal wieder in meinen Playlists auf, aber dieses Album hat mich sowohl textlich als auch musikalisch sehr abgeholt. Es erschien erst im September und ich vermute, bei einem früheren Release hätte es kaum noch Platz für viel anderes gegeben.

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    Wofür allerdings das ganze Jahr über Platz war, sind meine irischen Lieblinge Kingfishr. Ich durfte die Band 2025 ganze vier Mal live sehen, und jedes Konzert war besser als das vorherige. Mit „Halcyon“ haben sie dieses Jahr außerdem ihr Debütalbum veröffentlicht und auch das lief bei mir rauf und runter.

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    Zwischen all den Singer-Songwriter:innen und Folkstimmen durfte als Ausgleich natürlich auch etwas Upbeat-Mukke nicht fehlen. Aus den letzten Jahren halten konnte sich bei mir BAYNK. Als DJ und Sänger (und live absoluter Saxophon-Gott) hat es das australische Talent vollkommen zurecht wieder in meine Playlists geschafft. Seine Musik macht einfach gute Laune, und ich lege wirklich allen ans Herz, mal auf eines seiner Konzerte zu gehen. Neben BAYNK hab ich aber auch sonst wie auch schon in den Jahren zuvor einiges an EDM und Dance gehört. Das sind die Genres, die mein zwölfjähriges Ich entdeckt hat und die Gegenwarts-Jori bisher irgendwie nie wieder losgelassen hat. Said the Sky hat im November ein tolles neues Album veröffentlicht, und auch The Chainsmokers haben im Oktober eine EP namens „Breathe” gedroppt, die bei mir immer mal wieder lief. Allein der Opener-Track, (der leider nur eine Minute lang ist), hat mir sofort gute Laune gemacht und mich fühlen lassen, als stünde ich gleich im Publikum einer Show und The Chainsmokers würden jeden Moment auf die Bühne kommen. Im Sommer konnte ich sie live bei der N-Joy Starshow in Hannover sehen, und die Tracks versetzten mich direkt zurück in diese Stimmung. Insgesamt fand ich die EP auch musikalisch sehr abwechslungsreich, mit einer guten Mischung an Collabs und einigen echten Banger-Momenten.

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    Eine weitere starke EP war „TO YOU, BY US“ von Tobiahs. Er hatte zuvor bereits viele der Tracks in seinen DJ-Sets angeteasert und im Sommer schließlich alles gebündelt veröffentlicht. Und tja, zu guter Letzt, wie könnte es anders sein: Obwohl ich kein TikTok besitze, bin ich Disco Lines ein wenig verfallen. Neben „No Broke Boys“ haben es auch Tracks wie „shine“, „RWEOK?“ und „Another Chance“ in meine Playlists geschafft.

    Abgesehen davon habe ich übers Jahr verteilt immer wieder einzelne Songs verschiedenster Künstler:innen mit richtig guten Drops entdeckt, die sich dann ihren Platz in meiner Playlist erkämpft haben. Generell sind viele verschiedene Neuentdeckungen in meiner 2k25-Playlist gelandet (die hier auch wieder aus Platzgründen nicht alle einzeln genannt werden können), aber genau das mag ich daran eigentlich am liebsten!

    Zum Abschluss habe ich bei meinem musikalischen Rückblick festgestellt, dass dies eines der wenigen Jahre war, in denen ich nicht alle meine Top-Künstler:innen live gesehen habe. 2026 schreit also ganz klar nach noch mehr Konzerten und ich freue mich jetzt schon drauf.

  • the wild ride of 2025: this could just be twenty one pilots but it’s more

    the wild ride of 2025: this could just be twenty one pilots but it’s more

    2025 war ein krasses Jahr. Persönlich hat es mich mitgenommen, wie kein Jahr je zuvor. Ich musste mich von meinem Papa verabschieden, der überhaupt noch gar nicht bereit war zu gehen. Das ist eine Erfahrung, die ich keinem anderen Menschen wünsche und eine, die ich selbst immer noch nicht so richtig verarbeitet habe. Ich hab mich aber auch selbstständig gemacht und die Entscheidung getroffen, mein allererstes Printmagazin zu veröffentlichen. Was einfach nur absurd ist – aber geklappt hat. Anfang Dezember sollte ich tatsächlich die allererste Printausgabe von untoldency in der Hand haben! Mit so viel Hingabe und Qualität zusammengestellt, wie ich es selbst schon immer haben wollte. Ich hab auch die Entscheidung getroffen, nach Irland zu ziehen und meinem Bauchgefühl und der Liebe zu folgen. 2025 hat mich verändert wie kein anderes Jahr je zuvor. Und durch all das hat mich verlässlich wie eh und je Musik gezogen. Und wenn ihr wollt, zeig ich euch jetzt, welche.


    I wonder where you are, I wanted you to show me

    Ich brauch keine Streamingdienst-Statistiken, die mir beweisen, dass Twenty One Pilots mein meistgehörter Artist und ihr aktuelles Album Breach mein meistgehörtes Album 2025 ist. Das wusste ich schon letztes Jahr, bevor überhaupt auch nur eine Single aus dem im September erschienenen Album veröffentlicht wurde. Das Alternative-Duo ist eine der faszinierendsten Bands, die es da draußen gibt, und die mich, und Millionen weitere Fans, mit einer über Jahre und erfolgreiche Alben erstreckenden Lore in Bann gehalten hat. Wer mich kennt, weiß, wie hoch das Feuer für Tyler Joseph und Josh Dun in mir lodert. Wer sich unser erstes Printmagazin schon geholt hat, hat das auch gelesen. Denn natürlich hab ich ganze sechs Seiten darauf verwendet, zu erklären, was genau es ist, das diese Band, ihre Musik und Beziehung zu ihren Fans so besonders macht. (Wer das lesen möchte, ich hab mir sehr viel Mühe gegeben.)
    Dementsprechend hab ich also auf das neue Album Breach hingefiebert und kaputt gehört, als es endlich rauskam. Schon der Opener City Walls – ich weiß gar nicht, wie in Worte fassen soll, was dieser Song mit mir macht. Er ist das Ende einer Ära, beschreibt den letzten (verlorenen) Kampf des fiktiven Charakters Clancy und seinen inneren Dämonen und zerreißt mich einfach komplett.

    My smile wraps around my head, splitting it in two
    I don’t have a clue how I can keep the top half glued.

    Diese Bridge ist das Beste, was ich seit September ganze 43 Mal gehört hab. Nicht nur ist es lyrisch absolut genial, es geht auch mit so viel Gefühl und Verzweiflung in mein Herz, nur um danach in fetten Riffs und Screams zu explodieren. Ich beende diesen Song jedes Mal ein wenig außer Puste und mit einer kribbelnden Gänsehaut.


    I’ve been this way, I want to change

    Drum Show ist der nächste Song, der mich auf dem neuen Twenty One Pilots Album absolut weggefegt hat. Fans wie ich bekommen jedes Mal ein kleines Herzkribbeln wenn sie Drummer Josh das erste Mal auf einem Studio-Song singen hören. Und Emo-Girls wie mir schießt das Blut in die Adern wenn Sänger Tyler ins Mikro screamt. Drum Show ist der perfekte Song für beides.

    Auch The Contract, die erste Single-Auskopplung des Albums und dementsprechend mein meistgehörter Song des Jahres, ist voller Riffs und catchiger Melodien, die sich tief in meinen Coping Mechanismen verfestigt haben. Auch Refrains wie „I feel like garbage!“ kann man grandios gut mitsingen wenn man sich genau so fühlt. Und One Way ist vielleicht der beste Pop-Song, der dieses Jahr erschienen ist. Ja, auch neben einem Olivia Dean Album würde ich immer diesen Song bevorzugen. Ob das ein bisschen biased ist? Vielleicht. Ob ich mich trotzdem jedes Mal mit ausgestreckten Armen singend durch meine Wohnung drehe? Ich kann gar nicht anders.

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    I think my skin got worse with good intentions

    Ein Song, der sehr stark für mich auf diesem Album hervorsticht, ist Center Mass. Nicht nur, weil er lyrisch so offen und verletzlich ist wie kaum ein anderer, sondern weil er einfach, entschuldigt meine Ausdrucksweise, so hart reingeht. Er hat die meisten Twists auf dem ganzen Album. Von einem rekordverdächtigen Jazz-Rap-Groove switchen Twenty One Pilots in knapp vier Minuten zu einer absoluten Hard Core Riff-Explosion, die dann einfach mit diesen Worten endet:

    I don’t wanna share what happened, I just wanna let it go

    Nothing was the same right after I went to the funeral

    I miss you so, so much, take what you want
    Take what you want from me, took you for granted

    Ich glaube, ich muss nicht groß erklären, warum ich jedes einzelne Mal Tränen in den Augen hab, wenn ich diesen Song höre.


    Dreamer, wake up

    Neben Twenty One Pilots hab ich ehrlich gesagt nicht viel bewusst gehört. Ich hab’s immer mal wieder mit neu releasten Alben versucht, aber nie den Raum gehabt, mich komplett auf eins einzulassen. Dafür sind einzelne Songs sehr hängen geblieben. Die Drums auf horcrux von Loyle Carner zum Beispiel haben sehr bestimmte Punkte in meinem Gehirn gekitzelt. Seitdem ich sie live gehört hab, muss ich den Song täglich mindestens ein Mal anspielen. Ähnlich ist es bei 1996 von RAR, dem einzigen deutschsprachigen Song auf der Playlist. Allein bei diesem Text hab ich ihn drei Mal nacheinander gehört. There’s something in it.

    There’s also something in There’s No Rush von der neuseeländischen Band Mild Orange. Es ist auf jeden Fall diese verträumte Gitarre, die nur von der anderen Seite der Welt kommen kann. Es ist aber auch das Gefühl von Zeit, die das erste Mal stehen bleibt. Auch wenn der Song bereits im Februar rauskam, war es erst November, als ich auf ihn gestoßen bin – genau dann, als ich ihn am meisten gebraucht habe. Die Druck-Deadline des Printmagazins war ein äußerst präsenter Grund sich mehr Zeit für all die Dinge zwischendrin zu wünschen. There’s No Rush hat mir das Gefühl von stehengebliebener Zeit für ganze 5 Minuten geschenkt.


    When I close my eyes, you’re standing there, in front of me

    Ein ähnliches Geschenk haben mir betterthings Ende November gemacht. Sie haben mir eins der überraschesten Konzerte dieses Jahr ermöglicht, das so spät in der zweiten Jahreshälfte kam, dass ich es nicht mehr geschafft hab, es als eins meiner Top 3 Konzerte im Printmagazin aufzunehmen. Tom Odell, Leute, ist, falls ihr es noch nicht wisst, ein absoluter Rockstar. Ende November hat der Singer Songwriter, die Uber Arena ausverkauft und ich hab sie an diesem Abend absolut baff verlassen. Während ich mich unterbewusst auf ein großes akustisches Konzert mit traurigen Songs am Klavier vorbereitet hab, hat mich der sympathische Brite mit einer von so gut konzeptionierten Live-Show und Full Band so abgeholt, dass ich mich glatt ein wenig verliebt hab. Tom Odell hat mich mal wieder daran erinnert, wie es ist, sein Herz an Live-Musik zu verlieren. Und zu sehen, wie dasselbe dem Künstler auch passiert.


    Hello darkness, my old friend

    Jens hat in seinem Jahresrückblick schon über Fear von NF geschwärmt. Aber auch ich muss extra Raum für einen der mit am meist unterschätzten Rapper der USA einräumen. Ich hab NFs Reise seit seinem Debütalbum Mansion (2015) mitverfolgt. Das heißt, zehn Jahre mach ich mir schon Sorgen um den mit Depressionen und OCD diagnostizierten Rapper, der mit schwarzen Klamotten und Cap tief im Gesicht Arena nach Arena auf der ganzen Welt ausverkauft. Auch er hat über die Jahre und vergangenen Alben eine Geschichte hinter der Musik aufgebaut und seine eigenen Dämonen personalisiert. (Hier hab ich meinen Fangirl-Schrei zum letzten Alben rausgelassen.) Fear knüpft direkt dort an und zeigt in einem Musikvideo, das mir absolut die Sprache verschlägt, wie sein Haus, in dem er mit all seinen Emotionen wohnt, abbrennt und er sich selbst zu Grabe schleift. Es gibt hunderte Easter Eggs in diesem Musikvideo, und es ist so gewohnt unverblümt offen und ehrlich, dass ich die Hälfte des Videos mit meiner Hand vor dem Mund schaue. Immer noch, jedes einzelne Mal.

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    Alle Zeit von Heisskalt ist, obwohl musikalisch in einer ganz anderen Ecke, ein überraschend anknüpfender Track. Wir bleiben beim Thema brennende Häuser und metaphorische Verletzungen durch die Umstände des Lebens:

    Das Haus steht in Flammen, die Hände sind blutig, ein Knöcheln gestaucht
    In Anbetracht der Lage der Dinge ein völlig normaler Verlauf

    Ihr wisst vielleicht nicht, was für ein großes Highlight das Heisskalt Album für manche eurer Friends gewesen ist, aber ihr solltet mal fragen. Sechs Jahre haben sie wahrscheinlich darauf gewartet, dass die Alternative Rock-Band wieder was veröffentlicht. Es hat sich mehr als gelohnt.


    In a room full of people, I look for you

    Ich bin dieses Jahr außerdem sombr und Djo verfallen. Gute Popmusik kriegt mich einfach immer wieder. Sie macht das Leben manchmal einfach ein wenig leichter. Besonders, wenn man dabei die Attitude von RAYE hat. Vielleicht guck ich nächstes Jahr das erste Mal in meinem Leben den Superbowl, nur um zu sehen, wie Bad Bunny die Kluft einer gespaltene Nation zu vereinen versucht. Wen ich auf jeden Fall 2026 live sehen werde, ist ROSALÍA in Barcelona und ich bin HYPED. Wir können ja noch gar nicht ahnen, was da mit welcher Wucht auf uns zukommen wird.


    And the sun keeps you warm

    Und das war’s eigentlich auch schon. 2025 ging seltsam schnell zu Ende und war persönlich ein großes Ab und Auf (ja, in dieser Reihenfolge). Ich möchte nicht unbedingt was zu dem allgemeinen Zustand der Welt sagen, denn er erschreckt mich so tief, ich finde keine Worte. Deshalb träum ich mich in meinen eigenen Trance-Zustand zu Blood Orange, RY X und Swimming Paul. Oder ich verlier mich in Hazlett und geb mein Bestes, nicht in all dem zu versinken.

    I’m okay, but kinda upset
    Told my mum I’m doing my best
    It’s too late to go and get rest
    So I’m gonna live in my head

    See you in 2026! Vielleicht habt ihr ja Lust bis dahin mal wieder ein richtig cooles Printmagazin zu lesen. Dann klickt hier und macht euch selbst, euren Freund*innen und uns eine Freude! Wir haben noch Magazine da, und es würde mir die Welt bedeuten, wenn eins davon zu euch finden würde.

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  • Musik für fast jede Situation

    Musik für fast jede Situation

    Wer spielt die Musik?

    Für Artist wäre die Frage: „Macht die Musik dich, oder du die Musik?“ – Und ja, das klingt nach spirituellem Shit. Aber hier eine kurze Erklärung, warum es das nicht ist: Mir ist aufgefallen, dass besonders zum Ende des Jahres die Zeit kommt, in der sich allerlei Leute Gedanken machen (auch ich), wie dieses Jahr so war, wer sie sind, was sie (für’s nächste Jahr) wollen und so weiter. Deshalb ist es gut, sich nochmal daran zu erinnern, dass wir nicht nur anhand unserer Umwelt erkennen, wer wir (vermeintlich) sind, sondern dass unsere Umwelt auch immer Einfluss auf uns nimmt.

    Was hört man wann?

    Ich könnte hoffen, dass die Musik selbst eine Geschichte über mein Jahr erzählt, so wie man es sich irgendwie beim Wrapped erhofft. Eher hab ich das Gefühl, dass die Musik mich beeinflusst hat, als dass ich mich bewusst entschieden hätte einen passenden Song zu meiner Situation zu hören. Es gab nur einmal den Fall (an den ich mich erinnern kann) und das war als ich aus Weimar weggezogen und dann natürlich „End of Beginning“ von Djo gehört habe.

    Also sicherlich hören manche Leute bestimmte Songs nur in bestimmten Situationen, sonst gebe es ja auch nicht sowas wie Sportplaylisten, aber ich will hier eher darauf eingehen, welche Songs dieses Jahr mich beeinflusst haben. PS: Für Sportplaylisten empfehle ich „WHOS THAT“ von Ikkimel.

    Musik, durch die sich mein November wie ein Kinofilm angefühlt hat

    Durch „Eyes without A Face“ von Billy Idol fühlt man sich, als wäre man die letzte auf irgendeinem amerikanischen Prom und die Diskokugel dreht sich noch so langsam und es wandern so Lichtqudrate die Wand entlang. „Rebell Yell“ animiert zum Tanzen und das mit Pulp Fiction ähnliche Tanzmoves. Das variiert aber von Person zu Person. Wenn man „Berghain“ von ROSALíA anhört, dann fühlt man sich als wäre man in einem richtig spannenden Film, auch wennn man nur auf einer Parkbank sitzt und eine Taube vorbeifliegt.

    Musik zum fühlen als wäre man krass verliebt auf wienerisch

    „Du bist wie“ von Laurenz Nikolaus und „Marie“ von BIBIZA. Mehr muss man nicht sagen.

    Musik durch die ich mich lebendig gefühlt habe

    Für ein hohes Energielevel und zahlreiche Ideen solltet ihr „Born to Run“ von Spruce Springsteen hören. Selbes passiert bei „Backseat „von Balu Brigada.

    Musik, die meine Montagmorgende auf dem Weg zur Arbeit versüßt haben

    Für einen guten Start in den Arbeitstag und um die Ernsthaftigkeit zu nehmen, die beim Gang zur Arbeit manchmal aufkommt, empfehle ich:“WHOS THAT“ von IKKIMEL und „Manic Monday“ von The Bangles.

    Musik durch die ich Geschichten erlebt habe

    Wer gern sich gern in Geschichten verliert, der MUSS „We three“ von Patti Smith hören. Das funktioniert auch mit einem weiterer Banger von Patti Smith: „Redondo Beach“. Auch „Farewell Angelina“ gesungen von Joan Baez erzählt auf eine schöne und ruhige Art und Weise von…ja muss man selber hören :). Für eine melancholische Heartbreakgeschichte eignet sich (bei Bedarf) Bob Dylan The Girl from the North Country Fare“ und „It Ain’t Me Baby„. Bisschen unangenehm zuzugeben, aber vor allem die Songs von dem „A Complete Unknown“ – Soundtrack sind cool und deshalb war Timothée Chalamet mein Top-Artist in diesem Jahr. Und für Hip-Hop- und Geschichten-Mögende: „Like him“ von Tyler, the Creator ft. Lola Young.

    Musik, die mich vermissen lässt, aber auch hoffnungsvoll macht

    Auf jeden Fall „True Love Way“ von Kings of Leon und ein ganz anderer Sound, aber das gleiche Gefühl strahlt „White Winter Hymnal“ von Fleet Foxes aus.

    Musik, bei der ich denke, ich wäre die krasseste und in der Mensa nach extra Soße frage

    Mein momentaner Lieblings-Songs (also ihr wisst wie ich drauf bin) ist „Les““ von Childish Gambino. Damit hat man vor nichts mehr Angst sag ich.

    Musik, bei politischen Weltschmerz:

    Klassiker Bob Dylan zu nennen, aber ich muss: „The Times Are A-Changing“ und „A Hard Rain’s A-Gonna Fall“

    Musik, mit der ich mich verstanden gefühlt habe, aber die mich auch krass traurig gemacht hat

    Ich hab diesen Dezember einen neuen Artist entdeckt und ich HOFFE so, ihn nächstes Jahr live sehen zu können. Cameron Winter hat sein Album „Heavy Metal“ im Dezember 2024 herausgebracht und die Lyrics sind sehr relateable und seine Stimme macht die Songs einzigartig . Meine Lieblingssongs sind: „Love Takes Miles“, „The Rolling Stones“ und „Cancer of the Skull“

    Oh, cancer of the fingers/ And the hands of a beginner/ These songs are made for bad singers“

    Musik, die man hört, wenn man durchs Weltall schwimmt

    Planet Caravan“ von Black Sabbath und definitiv Satta Massagna“ von The Abyssinians. Das wären so gute Songs für ein paar Bahnen durch die Milchstraße oder für Galaxien, wo es nicht so kalt ist.

    Musik für (Herz-)Schmerz

    Heartbeat“ von Childish Gambino, wenn bisschen Wut dabei ist und, wenn man einfach nur traurig ist „Images of Love“ von Hether ft. Dominic Fike

    Mega spaßige Musik, die meinen Oberkörper tanzen lässt

    „Boy – Live Session“ von doro (mit einem ultra schönen Musikvideo), „Sugar on my tongue“ von Tyler, the Creator

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    Gebt gerne bescheid, ob die Musik sich für euch gähnlich- oder ganz anders anfühlt. Ich wünsch euch eine richtig schöne Zeit und verabschiede mich für dieses Jahr. 🙂

    Ps: Wer sich ins warme wegträumen mag, dem empfehl ich (Eigenwerbung) diesen Song.

  • artists to watch 2026: Die spannendsten Künstler*innen

    artists to watch 2026: Die spannendsten Künstler*innen

    Wer uns schon ein paar Jahre verfolgt, weiß, dass wir nichts mehr lieben, als neue Musik zu entdecken. Besonders im Dezember, denn dort nutzen wir unsere kollektive untoldency-Brainpower, um uns Artists und Bands rauszupicken, die wir euch als Artists To Watch vorstellen wollen. Sie alle haben nächstes Jahr Großes vor, gehen auf Headline-Tour oder veröffentlichen ein mit Spannung erwartetes Album! Sie jetzt auf dem Schirm zu haben, könnte euch einige Pluspunkte in eurer Musik-Friends-Bubble einheimsen.

    Und jetzt zieht die Kuscheldecke fest an, wir steigen direkt ein: hier sind unsere Artists To Watch 2026:


    (Hier klicken, um parallel zu hören.)

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    Chloe Slate

    Eine unserer größten Entdeckungen dieses Jahr war Chloe Slater. Die 22-Jährige Britin hat uns aus dem Nichts überrascht und das mit so einer Wucht, dass wir sie euch mit viel Nachdruck empfehlen wollen. Ihre Songs klingen wie ein Protestschrei und das ist auch das, was uns am meisten catcht. Politisch und sozial aufgeladene Songs, die auch musikalisch diesen Drang nach Veränderung ausdrücken. Dabei hangelt sie sich zwischen Indie-Rock, Post-Punk und verträumten Bedroom Produktionen durch, als läge es in ihrer Natur. Mit ihren zwei EPs You Can’t Put A Price On Fun (2024) und Love Me Please (2025) können wir gar nicht erwarten, was da noch von der Manchesterin kommt. Eins ist sicher: Chloe Slater inspiriert nicht nur junge Menschen in Großbritannien, sondern auch uns. 

    Nina Carolina

    Fans von Holly Humberstone, Gracie Abrams und Olivia Dean sollten hier ihre Ohren spitzen. Denn hier wartet eine Newcomerin, die mit ihrer 2025 erschienenen Debüt-EP Outsider beweist, dass sie nicht lange warten will, um in dieser Liga mitzuspielen. Nina Caroline fasst die Sorgen, Ängste, Lebensentscheidungen und Herzschmerz der Zwanziger in Songs, die mit einer verdächtigen Ohrwurm-Potential-Rate von 100% nicht nur in unseren Playlisten hoch und runter laufen. Mal melancholisch, mal energiegeladen schreibt Nina Caroline Indie-Pop Songs, die internationaler klingen als ihre Reichweite gerade (noch) schließen lässt. Doch das wird sich 2026 ändern, da sind wir uns mehr als sicher. Die nächste EP soll schon geschrieben sein, ihr könnt euch also auf noch mehr freuen!

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    JACOTÉNE

    Wenn ihr die folgende Künstlerin noch nicht kennt, dann lasst euch mal auf ein kleines Kennenlernspiel ein. Spielt den meistgehörten Track in JACOTÉNES Diskographie an, schließt die Augen und tippt das Alter. Wenn ihr diese soulige Stimme hört, würdet ihr nicht denken, die Künstlerin aus Melbourne ist erst 19, oder? Wir waren schockiert. Die Zeit, in der wir 19 waren, liegt schon eine kleine Weile hinter uns, und wir haben längst aufgegeben uns zu vergleichen mit so manchen Künstler*innen und wie sie mit ihrem jungen Talent die ganze Welt erobern. JACOTÉNE könnte eine davon werden. Das erste Mal auf sich aufmerksam gemacht hat sie mit 16 mit Demo-Tracks, die auf Spotify die 2 Millionen Marke knacken. 2024 geht es dann richtig los und auch wir wurden dieses Jahr wie im Sturm von dieser unfassbar souligen und charakterstarken Stimme in den Bann gezogen. Uns ist klar: this woman is going places. Folgt ihr jetzt schon, wenn sie 2026 Songs veröffentlicht, die dann die ganze Welt hören wird. You heard it here first!

    Panda Lux

    Wir sind ehrlich, hier haben wir ein wenig geschummelt. Panda Lux haben wir schon als Artist To Watch 2022 gelistet, weil wir überzeugt waren, dass nach diesem Banger neue Musik nicht weit sein kann. Naja, wir haben ein wenig falsch gelegen. Es sollte noch ein paar Jahre mehr dauern bis aus den Schweizer Band ein neues Album rauspurzeln sollte. Aber wisst ihr was? Das Warten hat sich mehr als gelohnt und wir können mit gutem Gewissen und voller Stolz eine unserer Lieblingsbands nochmal empfehlen! Die Tiefe und Verschlungenheit der Texte kombiniert mit der Experimentierfreude von vier studierten Musikern haut uns einfach immer wieder um. Wir hatten schon die Möglichkeit in das Ende Januar 2026 kommende Album Herz reinzuhören und tun das seitdem ehrlich gesagt auf Dauerschleife, immer auch in großer Vorfreude auf die kommende Tour im Frühjahr. Das Album ist genau das, wonach es klingt: ein tiefer Einblick in das Herz von Panda Lux. Wir sind so froh, dass sie wieder zueinander und zu sich gefunden haben. Denn die deutschsprachige Indie-Welt braucht sie einfach. Und ihr auch. 

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    Mina Richman

    Eine längst überfällige Auflistung als Artist To Watch ist Mina Richman. Song für Song hat sich die deutsch-iranische Singer Songwriterin die letzten Jahre in unser Herz gestohlen. Mit ihrem Debütalbum Grown Up (2024) war dann endgültig klar: Mina Richman ist der Shit. Ehrlich, queer und selbstbestimmt fegt sie alle vom Stuhl, die sie in ihre Welt lassen. Ihr Sound ist von Einflüssen aus Soul, Folk, Reggae und HipHop – da ist also für wirklich alle was dabei. Auf „Grown Up“ beschäftigt sie sich mit dem Erwachsenwerden, kultureller Entwurzelung, vermeintlichen Schönheitsidealen und dem Suchen nach einem Platz in der Welt. 2025 ging es direkt weiter mit neuen Songs, die uns mindestens genauso packen, wenn nicht noch mehr. Im August 2026 soll dann das neue Album kommen, gefolgt von einer fetten Headline-Tour, die wir auch präsentieren dürfen. Falls Mina Richman bis jetzt also noch nicht auf eurem Zettel war, sollte sie das spätestens jetzt!

    SCHRAMM

    SCHRAMM ist jemand, der Songs und Zeilen schreibt wie “I died when you asked me to go out” oder “Komm, zünd mich an, ich bin dein Streichholzmann“ und uns damit völlig umhaut. Eine ungeschönte Ehrlichkeit verpackt in einem mal melancholisch-tanzbaren, mal deprimierend-energischen Post Punk. Mal auf Englisch, mal auf Deutsch, aber eigentlich ist all das auch egal. SCHRAMM findet für jedes klitzekleine Gefühl einen Sound, immer ein bisschen bitter-zynisch, und genau das ist es, was uns so catcht. Seine erste EP I made this for myself (I didn’t make this for you) hat der Wahl-Berliner 2022 veröffentlicht, die zweite How to fail at love EP kam 2024. In diesen Jahren hat sich schon eine kleine Fanbubble um den Künstler gebildet, denn wer sich einmal in seinem Sound verliert, will sich gar nicht mehr davon lösen. Das Gute ist, das müssen wir auch nicht! Im Gegenteil, es kommt 2026 noch mehr von SCHRAMM, weshalb wir das gerade als einen perfekten Zeitpunkt sehen, ihn euch ganz gezielt ans Herz zu legen. Seine neue EP something smelly funny erscheint am 06.02.2026. Und eine Tour gibt es auch! Wir geben euch alles an die Hand, was ihr braucht.

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    fiio

    fiio hat sich auf diese Liste mit einer großen Empfehlung aus unserer Redaktion geschlichen. Auch viele von euch haben den Wiener Indie-Rock-Musiker schon auf den Radar. Es scheint also, als sei es fast schon überfällig, ihn als Artist To Watch aufzunehmen. Sein drittes Album Athena. ist gerade einmal einen Monat alt und trotzdem können wir das Gefühl nicht abschütteln, als würde nächstes Jahr ein besonderes Jahr für fiio werden. Es kitzelt aber auch einfach besonders wenn Wiener Sprechgesang auf moderne Pop-Melodien trifft, oder? fiio gibt einen unverblümten Eindruck in das Chaos des modernen Lebens der Mitte Zwanziger, ein Coming-of-Age mit einem wahnsinnig catchigen Soundtrack. Wir sind begeistert, ihr seid begeistert, jetzt warten wir noch auf die Leute um uns herum und dann können wir sagen: wir kannten fiio schon, bevor ihn alle kannten.

    STRAHLEMANN

    Ähnlich ist es bei STRAHLEMANN. Auch diese Band hat riesengroße Fans in unserer Redaktion und ist auch schon seit einigen Jahren bei einigen von euch sehr beliebt. “Relativ idealistisch, ziemlich sozialkritisch, hauptsächlich selbstzentriert” – so steht es in der Beschreibung der Indie-Rock Band aus Münster. Was wir da noch hinzufügen würden: eine kleine Prise melancholisches Fernweh nach diffusen Momenten der tiefen Gefühle. Ihre Debüt-EP Die Sonne scheint nur für mich (2023) hat uns schon große Ohrwürmer gebracht und auch die folgende EP Tut gar nicht mehr so weh (2024) lässt uns unsere Gefühle rausschreien (und tanzen). Dieses Jahr kamen weitere fünf Songs, die sich in der  Komm, wir machen uns gemeinsam verletzlich-EP gesammelt haben und uns SO VIEL BOCK auf das kommende Album machen. Falls ihr das lest, es ist überfällig, STRAHLEMANN. Wir wollen mehr moderner Kuschelrock mit moralischem Rückgrat. 

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    Sampa The Great

    Neben Chloe Slater und JACOTÉNE haben wir mit Sampa The Great eine weitere sehr starke Empfehlung aus dem Ausland für euch. Zugegeben, Sampa The Great ist alles andere als eine Newcomerin – ihre Diskografie reicht zurück bis 2015. Die in Sambia geborene und in Botswana aufgewachsene Künstlerin macht einen unvorhersehbarer Mix aus abstrakten Hip-Hop Beats, afrikanischen Einflüssen, Jazz-Electronica und spirituellen Neo-Soul. Der Grund, warum wir sie mit in unsere Artists To Watch Liste aufnehmen, ist der nach einer zweijährigen Pause erschienene Song Can’t Hold Us feat. ihrer Schwester und R’n’B Künstlerin Mwanjé. Mit ihm hat sie ihren Sound neu erfunden, Nu Zamrock: eine kraftvolle Verschmelzung von der rohen Energie von Rock, Hip-Hop, Soul und sambischen Rhythmen. “Zamrock is my sound. It’s my voice. Being Zambian, being loud, being defiant — that’s what Zamrock is.” Und dieser Sound ist so stark, dass wir davon überzeugt sind, dass Sampa The Great 2926 ein mehr als vielversprechendes Jahr vor sich hat. Und wir dem alle gespannt folgen sollten.

    RAR

    Zu guter Letzt möchten wir euch RAR empfehlen. Eine absolute Nischen-Empfehlung, von der wir gar nicht genau sagen können, wie groß sie 2026 werden wird. Aber eins ist sicher: RAR solltet ihr auf eurem Radar haben. Vielleicht haben es ein paar von euch auch schon! Immerhin war Jonas Pentzek, der Kopf und Stimme hinter RAR, bis 2022 Teil der Post-Wave Band Fibel. Vielleicht ist euer Herz auch noch ein wenig angekratzt seit der offenen Pause der Band, und falls das so ist, könnte das hier eins der schönsten Pflaster sein, das die Musikbubble hergibt. Alte Synths, weißes Rauschen, tiefsinnige deutsche Texte – all das legt sich über eine Weite Range an BPMs und erschafft Musik, die sich in die tiefsten Poren unseres Körpers einschraubt. 

    Auch hier wird es eine Tour im Frühjahr 2026 geben! Und obwohl die aktuelle EP 1996 erst im September rauskam, hoffen wir, dass da noch viel unreleaste Musik wartet. Irgendwas Gutes muss nächstes Jahr passieren. 

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    Und damit sind artists to watch 2026 komplett! Chloe Slater, Nina Caroline, JACOTÉNE, Panda Lux, Mina Richman, SCHRAMM, fiio, STRAHLEMANN, Sampa The Great und RAR. Alle 10 solltet ihr auf dem auf dem Schirm haben, wenn eure Freund*innen nach neuem Musikinput fragen. 2026 wird ein gutes Jahr – wir manifestieren das jetzt einfach mal so. Musikalisch werden wir auf jeden Fall gut aufgefangen werden, egal, was passiert.

    Hier könnt ihr klicken, um zu den individuellen Jahresrückblicken unserer Redaktion zu kommen.

    Und hier geht’s nochmal zur artists to watch 2026-Playlist mit direkten Reinhör-Empfehlungen: 

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    Fotocredits:
    Chloe Slate: Hayley Thompson | Nina Caroline: Johanna Gußmaggk | Mina Richman: Jan Haller | JACOTÉNE: Darren McDonald | Panda Lux: Sina Meyer | SCHRAMM: Can Wagener | fiio: Fioni Versace | STRAHLEMANN: Sophia Arlena | Sampa The Great: Abu Dumbuya | RAR: Jimi Joel Eyrich

  • „Hello Darkness, my old friend“ – Alte Bekannte und Wiener Schmäh

    „Hello Darkness, my old friend“ – Alte Bekannte und Wiener Schmäh

    Normalerweise sind Jahresanfänge ja eher öde. Die Musikbranche wirkt, als befände sie sich noch kollektiv im Feiertagsmodus. Umso überraschender trifft mich Anfang Februar ein Album, das mich vom ersten Moment an packt: TUA veröffentlicht F60.8

    Der Titel ist mehr als ein kryptischer Code – er bezeichnet eine medizinische Diagnose für „sonstige spezifische Persönlichkeitsstörungen“. TUA hat auf seinem Album also allerhand zu verarbeiten. Die treibenden Breakbeats, die sich durch große Teile des Albums ziehen, tragen mich förmlich durch die Tracks. „Dachterasse“ läuft bei mir seitdem in Dauerrotation und gehört ohne Frage zu meinen meistgehörten Songs des Jahres.

    Nur zwei Wochen später sehe ich TUA im Festsaal Kreuzberg live. Mit einem Fotopass in der Hand und einer Menge Vorfreude wird dieser Abend für mich zu einem frühen Highlight des Jahres.


    Twenty One Pilots und das neue Wiener Dreigestirn

    Im April gönne ich mir einen spontanen Kurztrip nach Hamburg. Twenty One Pilots spielen in der Barclays Arena – und wie außergewöhnlich intensiv diese Band live performt, hat sich längst herumgesprochen. Für mich fühlt sich das Konzert wie eine erste, wohlverdiente Einstimmung auf das neue Album an, das im September erscheinen soll.

    Dann ist er plötzlich da: der Frühling. Oder wie man in Wien sagen würde, der „Frühlingsdo“. Es ist Mai, und fiio aus Österreich taucht unerwartet auf meinem Radar auf. Ich weiß noch kaum etwas über ihn, stehe aber kurze Zeit später in seinem Konzert – und seitdem ist er fester Bestandteil meiner Playlist. Sein Song „Alice“ wird zum täglichen Weckruf. Das Album Athena, das im November erscheint, schafft es ohne Umwege in meine Top 5 des Jahres. Mozart, Falco, fiio. Das neue Wiener Dreigestirn.

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    Der Sommer zieht vorbei, begleitet von den üblichen Festival-Playlists, die vor allem eines leisten: Timetableplanung. Wirklich neue musikalische Impulse haben in dieser Zeit allerdings keinen dauerhaften Eindruck bei mir hinterlassen.

    Im September folgt dann der Moment, auf den viele – mich eingeschlossen – gewartet haben: Breach, das achte Studioalbum von Twenty One Pilots, erscheint und sorgt weltweit für Rekordzahlen. Die Band liefert ein Werk ab, das gleichermaßen experimentell wie zugänglich ist. Garbage und Cottonwood markieren für mich die stärksten Punkte des Albums. Es ist eines dieser seltenen Releases, das sich ohne Zögern zum persönlichen Album des Jahres küren lässt.


    Rap trifft den schwachen Nerv

    Hello darkness, my old friend. Im November meldet sich dann ein alter Bekannter zurück. NF veröffentlicht seine EP Fear. Auf sechs Tracks demonstriert er die ganze Bandbreite seines Könnens – von präziser Rap-Technik bis hin zu ungewohnt melodischen Gesangspassagen. Unterstützt wird er unter anderem von James Arthur und Machine Gun Kelly, was der EP zusätzliche Facetten verleiht. Für mich ist Fear ein unglaublich atmosphärisches Werk, das zeigt, warum NF seit Jahren zu meinen favorisierten Rappern zählt.

    Mit Rap geht es auch noch weiter. Vega lieferte mit „WSSNMB“ schon letztes Jahr meinen persönlichen Lieblingssong, auch dieses Jahr legt er mit einem neuen Album zum Jahresende nach. Schon die erste Single „Überlebt “ trifft bei mir sofort einen Nerv: reduzierte Pianolinien, seine unverwechselbar ruhige Art zu rappen und ein kraftvoll eingesetzter Chor – genau die Mischung, die mich jedes Mal abholt. Es überrascht daher kaum, dass sein Album König ohne Krone sich mühelos in meine Top drei des Jahres schiebt.

    Und sonst so? Ein bisschen Kraftklub war da auch noch. Ihr neues Album „Sterben in Karl-Marx-Stadt“ holt mich allerdings nicht so sehr ab, wie ihre Alben davor. Auch mit K.I.Z. habe ich einige Zeit überbrückt. Ihr Album „Görlitzer Park“ kann man sich ohne zu skippen komplett von Anfang bis Ende geben. Dann war da auch noch ein bisschen Berq, der mich auch live total überzeugen konnte.

    Es war für mich kein Jahr der musikalischen Neuentdeckungen, dennoch musikalisch ein gutes Jahr.

  • Irgendwo zwischen KI-Falle und Comfort Zone

    Irgendwo zwischen KI-Falle und Comfort Zone

    Ich muss gestehen: Ich bin Opfer der Spotify-KI geworden. Jetzt denkt ihr vielleicht: Obviously, wenn du die App nutzt. Nur ist mir das für mich größte Problem dieser KI in diesem Jahr erst so richtig klar geworden. Ich lasse jetzt mal die schlechte Bezahlung kleiner Künstler*innen und die problematischen Finanzierungen des Unternehmens außen vor und bin ganz egoistisch. Mein Problem mit Spotify: Ich höre immer die gleiche Musik.

    Bei der Vielzahl der Playlists, die der Algorithmus speziell für mich erstellt, hat mich die Bequemlichkeit überkommen. Ein Klick und es läuft Musik, die ich mag – ohne, dass ich überhaupt wusste, was ich gerade hören möchte. Entscheiden kann ich mich sowieso schon eher schlecht, da nehme ich doch gerne jede Option, mir eine Entscheidung abnehmen zu lassen.

    Deswegen starte ich den Jahresrückblick direkt mit einem guten Vorsatz für das kommende: Wieder bewusster Musik hören und mir nicht so einfach vorgeben lassen, was ich höre. Zum Glück habe ich trotzdem eine Menge Musik gehört, die ich auch wirklich gut fand und auch nicht nur von der KI vorgegeben bekommen hab. Also gehen wir rein.

    Nostalgie der Jugend

    Dass ich 2025 wenig aus meiner Wohlfühl-Bubble rausgekommen bin, habe ich teils auch selbst zu verantworten. Denn in diesem Jahr sind einige gute Alben rausgekommen von Artists, die ich schon seit einigen Jahren nicht aus meinem Kopf bekomme. Ganz vorne mit dabei: Lorde.

    Songs wie „Buzzcut Season“ oder „Perfect Places” haben mich durch meine Jugend begleitet. Und genau diese Energie aus den Alben „Pure Heroine“ und „Melodrama“ hat Lorde in „Virgin“ wieder aufleben lassen. Dieser Mix aus schnellen und tiefen gefühligen Liedern hat mich direkt gecatcht – aber vor allem die Texte. Lorde singt klar und deutlich übers Erwachsenwerden, alle Höhen und Tiefen, die es mit sich bringt. Und dabei passt sie nicht in das glattgebügelte Pop-Girly-Bild à la Taylor Swift oder Sabrina Carpenter. Lorde ist die Pop-Ikone für die weirden Girls. Unsere Queen B hat uns dieses Jahr mal wieder gezeigt, wie sch*** egal es ist, was andere denken. Genau den Spirit sollten wir uns beibehalten.

    Als nächstes in meiner Wohlfühl-Bubble: Royel Otis. Die beiden Indie-Boys aus Australien haben schon im vergangenen Jahr meine Playlist bestimmt. Deswegen halte ich mich dieses Mal etwas kürzer. Aber mit dem neuen Album „hickey“ habe ich mich noch einmal mehr in die Musik von Royel Otis verliebt – und das hat gedauert. Denn als ich das Album zum ersten Mal beim Pre-Listening im Plattenladen meines Vertrauens (Green Hell Records in Münster) gehört habe, da war ich ehrlich gesagt etwas enttäuscht.

    Beim ersten Hören ist mir erstmal kein Song herausgestochen (außer die Singles, die vorab released wurden). Ein klassischer Fall von „trust the process“. Ein paar Tage später lief das Album rauf und runter und mein Favorit wechselte quasi wöchentlich. „who’s your boyfriend“ und „say something“ sind mir am meisten hängen geblieben.

    Am liebsten schreibe ich immer über meine Neuentdeckungen des Jahres. In diesem Jahr möchte ich euch deshalb Chloe Slater ans Herz legen. Die 22-jährige habe ich recht zufällig auf dem Appletree Garden Festival in diesem Jahr gehört, eigentlich nur, weil mich die anderen Bühnen gerade nicht überzeugt haben. Dabei habe ich Chloe Slater total unterschätzt. Sie hat mich und den Rest des Publikums von der ersten Sekunde des Gigs direkt in ihren Bann gezogen. Die Britin bringt eine unbeschreibbare Energie auf die Bühne, grölt sich ihr Herz aus der Seele und schafft es dann noch auf sympathische Weise, in fast jeden Song eine politische Botschaft zu verpacken.

    „I’m sick and tired of the state of this nation”

    Ein Song über ihren shitty landlord, der sie in London in einer eigentlich unbewohnbaren Wohnung hausen lässt („Death Trap“). Der nächste Song über die „War Crimes“ der britischen Regierung, gefolgt von „Nothing Shines On This Island“, das den Lifestyle der Reichen kritisiert und aufzeigt, wie es den unteren Schichten Großbritanniens immer schlechter geht.

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    Man könnte fast sagen, Chloe Slater verpackt ihre Gesellschaftskritik und politischen Analysen in Songs. So negativ das vielleicht klingen mag, umso schöner klingt es. Denn natürlich gehören zum Repertoire von Chloe Slater auch melancholische Liebeslieder. Und ich bin sehr gespannt, was von der vielversprechenden Indie-Rock-Sängerin als nächstes kommt.

    Meine zweite Neuentdeckung, die ich euch vorstellen möchte, kommt aus Österreich und heißt Jo The Man The Music. Hier wird es jetzt weniger politisch, dafür noch emotionaler. Die super zarte Stimmung von Sängerin Johanna hört sich so warm und vertraut an, dass ich mich von Sekunde 1 verliebt habe. Ihre erste Single „Skinny Dipping“ hat mich durch den Spätsommer begleitet. Ein Mix aus leichten Strophen und starkem Chorus, der den Song niemals langweilig werden lassen könnte.  Und auch die nächsten beiden Singles, die Künstlerin in diesem Jahr veröffentlichte, schlossen genau da an. Direkt im Januar erwartet uns eine EP von Jo The Man The Music – also merkt euch diesen Namen direkt mal, er wird im kommenden Jahr noch wichtig.

    Weitere Alben, die ich 2025 geliebt habe:

    Djo – The Crux (Deluxe): Wie könnte man sich auch nicht in die Stimme vom real-life Steve Harrington verlieben? Die klingt nämlich genauso gut wie die schauspielerischen Leistungen von Joe Kerry bei „Stranger Things“. Das zeigt sich darin, dass sich „The Crux“ wie eine Geschichte hört, die sich nur als ganzes Album richtig entfaltet.

    Orbit – Countless Feelings But So Few Words: In meinen Teenie-Jahren habe ich gerne den kitschigen Spruch „Musik an, Welt aus“ benutzt. Bei der Musik von orbit passt dieser Spruch aber so perfekt, dass der Kitsch einmal wieder ausgepackt wird. Was mir diese Musik bedeutet, darüber habe ich einen ausführlichen Artikel in unserem Print-Magazin geschrieben, schaut doch da mal rein und sichert euch ein Exemplar.

    Olivia Dean – The Art Of Loving: Einfach ein Meisterwerk. Alles, was diese Frau produziert, klingt unglaublich harmonisch und originell. Die Songs bleiben im Gedächtnis und verlassen es auch so schnell nicht wieder.

    Wet Leg – moisturizer: Diese Band bringt eine Energie auf die Bühne, die sie im Album ganz gut konserviert. Einfach mal kreischen in einem Song? Ja, gar kein Problem. Vor allem „CPR“ hat es mir angetan.

    The Neighbourhood – (((((ultraSOUND))))): DIE Band, die mich begleitet seitdem ich 12 bin. Absolute Comfort-Musik für mich. Da das Album aber erst im November rausgekommen ist, steht es im internen The Neighbourhood-Ranking noch recht weit hinten, ich bin aber zuverlässig, dass sich das noch ändern wird.

    Natürlich gibt’s noch eine ganze Menge mehr Songs, die mich durch mein Jahr begleitet haben, deswegen habe ich sie euch hier in einer Playlist zusammengestellt:

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  • Eine Menge Altbekanntes, ein bisschen was Neues, aber immer eine ordentliche Portion Female Rage

    Eine Menge Altbekanntes, ein bisschen was Neues, aber immer eine ordentliche Portion Female Rage

    Ich habe lange überlegt, wie ich meinen Jahresrückblick beginnen möchte und ob sich mein musikalisches Jahr irgendwie zusammenfassen lässt, aber das ist gar nicht so einfach. Ich habe mich also durch meine stats.fm Historie geklickt und geschaut, wie mein Jahr so aussah. Irgendwie war von vielem etwas dabei und trotzdem lag der Fokus eindeutig auf einigen wenigen Alben, die dieses Jahr erschienen sind, aber lass uns chronologisch vorgehen:

    Die kalten Wintermonate wollten überbrückt werden – und das lief gut!

    Januar und Februar sind wahrscheinlich die Monate im Jahr, die ich am wenigsten mag. Alles ist grau, die Gemütlichkeit der Weihnachtszeit ist vorbei und die Deko wieder auf dem Dachboden verschwunden. Zusätzlich wird der ein oder andere Neujahrsvorsatz schon wieder über den Haufen geworfen und ich warte nur darauf, dass die Tage wieder länger werden und die Winterjacke wieder in den Schrank gehangen werden kann. Dieses Jahr haben mich in dieser Zeit hauptsächlich Lucy Dacus, Phoebe Bridgers und Ethel Cain begleitet, um sie ein bisschen zu romantisieren. Ein kleiner Vorgeschmack auf den Frühling war das neue Leuchtstoff Album „flüchtig“. Seit 2021 gabs „Einfach Sein (demo)“ und niemand wusste wer Leuchtstoff eigentlich ist oder sind. Im Januar gabs dann ohne Ankündigung direkt ein ganzes Album und das hat die dunkle Winterzeit ein bisschen erträglicher gemacht. Gerade die Songs „Melodrama“ und „Platte“ haben es mir besonders angetan.

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    Viel Musik von (sehr) wütenden Frauen

    Abgelöst wurden die Wintermonate und damit auch Phoebe, Lucy, Ethel und Leuchtstoff vom Frühlingsanfang und Mia Morgans neuem Album „silber“. Wer mich kennt, weiß dass ich großes Fangirl bin und alles liebe, was sie macht und mit diesem Album hat sie sich von einer ganz neuen Seite gezeigt. Es ist deutlich metaliger und rockiger als alles, was sie vorher gemacht hat, aber fetzt so hart und hat mich voller Wucht aus meinem melancholischen Winterloch katapultiert. Das Album handelt von Female Rage, vom verletzt sein und vom Heilen. Mir gefallen wirklich alle Songs sehr, aber besonders „VaterMutterTochter“ hat mich beeindruckt, weil Mia sehr ehrlich und gleichzeitig behutsam von familiären Rollenbildern und Erwartungen singt.

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    Die beste Live-Band Deutschlands, die sächsische Prominenz, viele kennen die Formation auch unter dem Namen Blond haben dieses Jahr auch ein Album veröffentlicht und es trägt den Titel „Ich träum doch nur von Liebe“ . Thematisch ist es eine ganze wilde Mischung. Es geht um patriarchale Strukturen im Dating, ums Klauen und um Geschwisterliebe. Das Album ist ein Auf und Ab der Gefühle: „SB-Kassen-Lover“ oder „Ich wär so gern gelenkiger“ machen ganz viel Spaß, „Fliederbusch“ ist der Song, zu dem man sich alte Kinderfotos anschaut und vielleicht ein bisschen weint und der letzte Song „16 Jahr, blondes Haar“ hinterlässt mich immer ein bisschen wütend zurück. Wütend auf cis Männer, darauf dass alle meine Freundinnen schon Belästigung durch sie erlebt haben und wütend auf das fucking Patriarchat.

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    Über ein besonderes Exemplar eben dieser Männer hat Lily Allen ein ganzes Album namens „West End Girl“ geschrieben und es hätte nicht besser sein können. Seit 2018 hat sie keine eigene Musik veröffentlicht, dementsprechend war „West End Girl“ eine große Überraschung. Auf dem Album hat sie mit ihrer Beziehung zu dem Schauspieler David Harbour abgerechnet, ohne ein Detail auszulassen. Ich muss leider zugeben, dass ich eine Schwäche für Celebrity Gossip habe und mich ein bisschen zusammenreißen musste, nicht schon in den Lyrics weiterzulesen, als ich das Album gehört habe. Es ist wie, wenn man ein Buch liest und mit der Hand die nächste Seite verdecken muss, um sich nicht selbst aus Versehen zu spoliern. Ein Freund von mir hat das Album als „Brat des Jahres 2025“ bezeichnet und ich denke das trifft es ganz gut. Besagter Freund hat dieses Jahr unter dem Namen Das Verhör seinen ersten Song „100 Lieder“ veröffentlicht und der hat es auch in meine meistgehörten Songs des Jahres geschafft. Falls ihr meinen Artikel über ihn gelesen habt, wisst ihr wie toll ich den Song finde!

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    Mein meist gehörtes Album und zwei, die nicht ganz meinen Nerv trafen

    Mein most played Album des Jahres ist „Never Enough“ von Turnstile. Charli XCX hat letztes Jahr schon den Turnstile Summer angekündigt und der hat sich – zumindest bei mir – auf jeden Fall durchgesetzt. Ich habe das Album und „Glow On“ rauf und runter gehört. Beide Alben haben etwas ganz Ausgelassenes, das mich jedes Mal, wenn ich es höre, ganz glücklich macht. Ich bin dann auch zur Tour gegangen und das war bestimmt eins der besten Konzerte des Jahres.

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    Neben Mia Morgan haben auch zwei andere meiner Lieblingsbands dieses Jahr Alben veröffentlicht. Das neue Album von Drangsal mit dem etwas sperrigen Titel „Aus keiner meiner Brücken die in Asche liegen ist je ein Phönix empor gestiegen“ habe ich nicht so viel gehört. Mir hat die Cuntyness gefehlt, die das letzte Album „Exit Strategy“ noch hatte und die meisten Songs haben mich nicht so abgeholt, dafür aber manche umso mehr: „Inkomplett“ finde ich ganz wundervoll! Ich habe ihn letztes Jahr schon bei einem Akustikkonzert in Berlin gehört und habe mich direkt verliebt.

    Kannst du etwas für dich behalten?
    Dann lass es mich sein!
    Du machst mich fertig, ich bin inkomplett

    Vor Kurzem haben auch Kraftklub ihr neues Album „Sterben in Karl-Marx-Stadt“ veröffentlicht und ich, als Kraftklub-Fan seit meiner ersten Stunde, war ganz vorfreudig. Ich glaube ich brauche aber auch hier noch einen Augenblick, um reinzukommen, da mich einige Songs noch nicht ganz überzeugen konnten, aber zwei Highlights sind für mich jetzt schon „so rechts“ und „Halts Maul und spiel“ . Ich bin schon ganz hyped, auf der Tour nächstes Jahr im März zu den Songs dumm zu gehen!
    Ein bisschen enttäuscht war ich schon, dass mir die neuen Alben meiner Lieblingsbands nicht so zugesagt haben, aber dafür habe ich dieses Jahr auch ganz viel neue Musik entdeckt…

    Girlhood is a spectrum

    Ich habe mich dieses Jahr nämlich mal wieder aus meiner kleinen feinen musikalischen Komfortzone gewagt und bin dabei auf OG LU gestoßen, vielleicht habt ihr ja schon in Hannahs Jahresrückblick von ihr gelesen. Mich hat die Frankfurter Rapperin auch total gecatched! Ich liebe wie direkt und ehrlich ihre Texte sind und fühle mich immer direkt ganz confident, wenn ihre Songs auf meinen Kopfhörern laufen. Meine Favs von ihrem neuen Album „assig aber cute“ sind „Hasskick“ und „Komm“, aber auch der schon etwas älterer Song „Fass Ohne Boden“ von DieZelle, auf dem sie als Feature zu Gast ist, lief bei mir dieses Jahr auf Dauerschleife. Ich bin schon ganz gespannt auf ihr Konzert in Hamburg!

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    Eine weitere Musikerin, dessen Musik ich dieses Jahr kennengelernt habe, ist Magda. Mit ihren ruhigen Cello- und Geigenklängen und den gefühlvollen Texten hat sie mich völlig verzaubert. Ich durfte mir dieses Jahr ihren Auftritt beim Kiezkultur Festival in Hannover anschauen und es war wundervoll! Mit ihrer engelsgleichen Stimme hat sie alle in ihren Bann gezogen und eine ganz magische Stimmung kreiert. Bei ihrem queeren Lovesong „Zeig Mir“ ist bei mir sogar das ein oder andere Tränchen geflossen.

    Ich zeig‘ dir, wo mein Herz beginnt
    Ich zeig‘ dir, wo ich war als Kind
    Ich zeig‘ dir, was ich sonst versteck‘
    Und was ich noch entdeck‘

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    Jetzt bin ich am Ende meines Rückblicks angekommen und wirklich zusammenfassen kann ich es immer noch nicht (meine chronologische Reihenfolge habe ich auch irgendwann aufgegeben, upsi). Ich kann aber sagen, dass sich unter meine Top 5, die die letzten Jahre immer sehr ähnlich aussah, dieses Jahr ein paar neue Gesichter aus Rap und Hardcore geschlichen haben. Eigentlich bin ich eher im deutschen Indie/NNDW beheimatet, aber der frische Wind tat mir glaube ich ganz gut und ich bin sehr gespannt, was das nächste Jahr so Neues mit sich bringt.

  • Vom Kino-Raven, Girlhood und der heiligen Vierfaltigkeit

    Vom Kino-Raven, Girlhood und der heiligen Vierfaltigkeit

    Es ist so weit! Es weihnachtet und der Jahresrückblick steht vor der Tür – als mein erster Artikel für Untoldency. Ehrlich gesagt, war ich anfangs damit überfordert, wie ich mich an all meine musikalischen Highlights dieses Jahres erinnern soll. Schließlich sind zwölf Monate eine ganze Menge Stoff. Glücklicherweise habe ich mir seit zwei Jahren angewöhnt für jeden Monat eine Playlist zu erstellen in der ich alle Neuentdeckungen, alte Nostalgie-Lieder oder was ich sonst so in dem Monat gehört habe, reinpacke. Und genau das war meine Rettung für den Rückblick. So let’s dive in!


    Film und Musik = the best of both worlds?

    Ihr lernt mich hier neu kennen und eins solltet ihr über mich wissen: Neben Musik, gucke ich gerne gute Filme. Was mich besonders glücklich macht, sind gute Filme mit guter Musik. Zwei Kinostarts haben das Anfang des Jahres für mich vereint. Der Film Queer hat mich nicht nur mit seiner Story verzaubert, sondern auch mit dem wunderschönen Filmscore von Trent Razor und Atticus Ross. Wem diese Namen jetzt bekannt vorkommen, kennen die beiden Komponisten vielleicht schon durch den Film Challengers für den sie ebenfalls die Musik schufen. Die musikalischen Inszenierungen der beiden Filme könnten allerdings nicht unterschiedlicher sein. Als ich Challengers geschaut habe, dachte ich während der Hälfte des Films, ich wäre eigentlich in einem Techno-Club. Der Filmscore von Queer ist dahingegen viel sanfter. Der Song „Vaster Than Empires“ hat mich im Kino regelrecht in Watte gepackt und in die Luft schweben lassen. Der Rest des Albums ist so erdrückend schön, zwischen hoffnungsvoll romantischen Klängen und Schmerz, dass es mich bei jedem Hören emotional packt.

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    Und weil ich Filmmusik oft besonders finde, lief ein anderer Soundtrack vor allem im Januar auf Dauerschleife. Der etwas eigenartige Film Babygirl (Warnung: schaut diesen Film nicht mit euren Eltern) hat mich vor allem durch seine wilde musikalische Mischung abgeholt. Seit diesem Film habe ich „Father Figure“ von George Michael mehr als einmal unter der Dusche gesungen und mich dabei, wie ein Teenie aus den 80ern gefühlt. Der wahre musikalische Star des Films war für mich aber ganz klar „CRUSH“ von Yellow Claw, Natte Visstick und RHYME. Sobald ich mich motivieren wollte oder einfach nur einen Energieschub auf dem Nachhauseweg brauchte, dieser Song hat mich nie im Stich gelassen. Er ist der Inbegriff eines elektrisierenden Rave-Moments. Nicht nur für Nicole Kidman, die im Film die Hauptrolle spielt, sondern auch für mich. So wurde der Kinosaal, die U-Bahn, meine Küche oder auch die Uni-Bib zum Techno-Club, sobald ich diesen Track auf den Ohren hatte.


    Ein bisschen Pop darf im Mix nicht fehlen

    Nicht nur internationale Filme haben mich begeistert, sondern auch internationale Künstler*innen. Ich weiß, ich weiß, brat summer ist schon lange vorbei. In mir schlummert er aber trotzdem noch zu jeder Jahreszeit. Zwar habe ich Charlie xcx’s Album „BRAT“ nicht so exzessiv gehört wie das Jahr davor, aber let’s face it: Ich werde immer Fangirl dieses Albums sein. Wer auch das „Brat and it’s completely different but also still brat” Album gehört hat, ist sicherlich mit „Von Dutch“ feat. Addison Rae vertraut. Und ja, Addison Rae ist für mich schon jetzt eine kleine Popikone, die den Sprung aus der etwas cringen TikTok-Welt zur Popmusikerin geschafft hat. Letztes Jahr war „Diet Pepsi“ ein dauerhafter Ohrwurm für mich. Ihr diesjähriges Album „Addison“ legte aber nochmal nach. Allein das Musikvideo zu „Headphones On“ könnte ich mir täglich anschauen. Sobald sich Addison ihre Kabelkopfhörer anzieht, entflieht sie einem kleinen Stück Realität. Wer kennt das nicht? Kopfhörer auf, Stadtgeräusche auf stumm und sich selbst so fühlen, als wär man grade Teil eines Musikvideos. An dieser Stelle hört der peak girly Pop allerdings nicht auf. „New York“ oder „Fame is a Gun“ liefen bei mir ebenfalls hoch und runter – so wie eigentlich das ganze Album.

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    Weiter geht’s im Popuniversum, aber diesmal in eine etwas andere Richtung. In meiner Vorfreude auf die fünfte Stranger Things Staffel, darf eine Band natürlich nicht fehlen: Djo! Leadsänger Joe Keery spielt nämlich in besagter Serie die Figur Steve Harrington. Die Band veröffentlichte dieses Jahr ihr Album „The Crux“, inklusive Deluxe-Version. Und ehrlich gesagt, gefiel mir das extended Album noch ein bisschen besser. Ich glaube, das war das Album, welches dieses Jahr am meisten bei mir nebenherlief. Zugegeben klingt das erstmal wenig spannend – aber ganz im Gegenteil: „The Crux Deluxe“ war mein treuer Begleiter. Es war das Album bei dem ich mich in meine Tagträume fallen lassen konnte, obwohl ich eigentlich produktiv sein wollte. Das Album, welches beim Kochen in der Küche lief. Das Album, welches ich meistens direkt nach dem Aufstehen anmachte. Und das Album, das mich auf langen Zugfahrten nostalgisch aus dem Fenster starren ließ. Wenn ich einen Song aus der Deluxe-Version empfehlen müsste, wäre es „Love Can’t Break The Spell“. Hört rein und vertraut.


    Popmodus 2.0

    Nun zur Essenz meines musikalischen Jahres: Girlhood und Musik von Flintas, die ballert!!! Ich muss gestehen, dass ich dieses Jahr überwiegend deutschsprachige Girls und Flintas gehört habe – von Pop bis Rap. Und ich kann euch eins sagen: es war toll! Eine poppige, rockige Neuentdeckung war für mich Paulinko, die ich in irgendeiner Flinta-Playlist aufgegabelt habe. Ich kann die Lieder der Band nur mit instant happiness und Euphorie beschreiben, obwohl sie in ihrer Musik häufig Wut gegen das Patriachart und Menners im Allgemeinen ausdrücken. Im Sommer konnte ich Paulinko auf einem Konzert sehen. Währenddessen war ich quasi dauerhaft am hüpfen und tanzen. Highlight und Dauerschleifensong ist übrigens „Für ein Mädchen“ zu dem nicht nur mein jetziges Ich, sondern auch mein Kindheits-Ich mitfühlen kann. Welches Girl wurde schließlich nicht schon einmal für ihre Leistung belächelt? Seit dem Konzert hängt übrigens ein Poster mit der Aufschrift „Für ein Arschloch ist deine Fresse leider ziemlich groß“ in meinem Zimmer. Eine der vielen tollen Lyrics aus dem Song.

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    Eine weitere Offenbarung war außerdem Emma Rose. Singles wie „Roundhouse Kick“ oder „Liebe Süße Mädchen“ verkörpern für mich ein Gefühl von Girlhood. Schließlich hat Emma Rose verdammt nochmal Recht, wenn sie „Ich will nur mit mein’n Girls chillen / Und du kannst das nicht verstehen“ singt. Auch ihre „Süß sauer EP“ hat ihren vorherigen Songs alle Ehre getan. „Hauptsache Easy“ und „Männergrippe“ gehören zu meinen absoluten Lieblingssongs von Emma. Ihre ehrlichen Texte, die Leichtigkeit ihrer Melodien und die Nahbarkeit, die sie dabei vermittelt, machen sie für mich so besonders. Unter uns: ihre Stimme ist so schön, dass sie mir wahrscheinlich eine TV-Gebrauchsanweisung vorsingen könnte – ich würde es mir trotzdem anhören. 


    Meine heilige Vierfaltigkeit des German Raps

    Na gut, mit der Vierfaltigkeit mogle ich mich durch, aber anders geht es wirklich nicht. Es sind nämlich vier Künstler*innen, die mich dieses Jahr auf der Rapschiene am meisten begeistert haben. Und nein, männliche Rapper sind nicht dabei. Den Anfang macht Kiarababa. Sorry, aber ihre Beats schlagen alles. Ich habe Songs wie „Sie ist mein Bruder“, „Deine Haare“ und „Hmm lecker“ dieses Jahr im Urlaub mit meinen Besties täglich gehört. Deshalb ist Kiarababa immer eine Zeitreise zurück in den Urlaub: Ich sitze mit meinen Freundinnen auf dem Balkon, ein Getränk in der Hand, Kartendeck auf dem Tisch, alle singen die Lyrics mit und lassen sich vom Rauschen des Meeres einhüllen. Ich kann es nicht beschreiben, aber wenn ich sie höre, kommt die selbstbewussteste Version meiner Selbst raus.

    Wer mich auf eine andere Art und Weise auch begeistert hat, ist Rapper*in Lila Sovia. Vor allem die neuen Singles „Besser“ und „Immer noch da“ landeten in meinen Playlists. Mit queerfeministischen und antifaschistischen Texten rappt sich Lila Sovia in die deutsche Musikszene und das zu Recht. Neben Texten, die zum Nachdenken anregen, überzeugten mich die instrumentalen Inszenierungen und groovigen Basslines der neueren Songs. Lila Sovia ist für mich am interessantesten, wenn es darum geht, was die nächsten Jahre musikalisch noch so mit sich bringen.

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    Weiter geht es mit der Girl Gang, die ich dieses Jahr am meisten gehört habe: bangerfabrique! Sie machen ihrem Namen alle Ehre, denn es kam ein Banger nach dem anderen. Die erste EP „welcome to the groupchat“ kann nur auf repeat laufen, es liegt in ihrer DNA. Der opening-Song „CRASH OUT“ hat mich so aus den Socken gehauen, dass er direkt an meine gesamten WhatsApp-Kontakte weitergeleitet wurde. Die Beats, die Lyrics, die Ad-libs, das Musikvideo – alles perfection! Wie oft ich die Line „wegen Hunden wie dir krieg ich Knacks / wegen Hunden wie dir hab ich Hass“ innerlich oder merklich mitgeschrien habe, kann gar nicht gezählt werden. Andere Songs wie „Dumm“ oder die neue Single „hat was“ haben oft meinen Partymodus aktiviert. Was soll ich sagen? Wenn coole Flintas unabhängig Musik machen, dabei übergriffige Macker outcallen und über’s cunty sein rappen, geht mein Herz auf.

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    Um die Vierfaltigkeit komplett zu machen, fehlt nur noch OG LU. Ich hatte das Privileg die Frankfurter Rapperin dieses Jahr beim Stadt ohne Meer Festival zu erleben und schon dort ordentlich Texte zu üben. Denn im Dezember bin ich bei ihrer Tour dabei und kann es schon kaum abwarten. Ich verfolge OG LU schon etwas länger, aber dieses Jahr hat sie mein Interesse noch mehr geweckt. Mit dem Albumtitel „assig aber cute“ ist guter Rap vorprogrammiert und allein das Intro macht das Tape hörenswert. Weitere Highlights sind „hanni & nanni“, „Hasskick“ und „2 Etagen“. Ich wurde lange nicht mit Deutschrap warm, doch durch OG LU änderte sich das für mich. Wahrscheinlich könnte ich an dieser Stelle noch unzählig weitere Songs von ihr nennen, aber am besten hört ihr für euch selbst rein, falls ihr das noch nicht getan habt. 

    Allgemein habe ich dieses Jahr festgestellt, wie viel Empowerment es für mich persönlich bedeutet, wenn ich die Musik von coolen, atzigen Flintas höre. Die Songs machen nicht nur Spaß, sondern werden zu einer Art Safer Space und einem kollektiven Gefühl, Mackern in der Musikbranche die Stirn zu bieten – als würde Girlhood die ganze Welt erfüllen. Von mir aus kann das nächste Jahr gerne so weiter gehen!

  • Johannas Jahresrückblick: „Von allem ein bisschen und noch so viel mehr“

    Johannas Jahresrückblick: „Von allem ein bisschen und noch so viel mehr“

    Musik hatte für mich dieses Jahr, 2025, persönlich keinen roten Faden – und genau das ist der rote Faden. Dieses Jahr hat mir die Musik nochmal ganz neue Facetten gezeigt, ganz neue Türen geöffnet und ganz neue Begeisterung geweckt. Es geht von dem altbekannten Pop-Girlie, das ich bin, über Neo-Soul und deutsche Musik bis zu Folklore aus Bolivien.


    Doch erstmal zum Vertrauten

    Dieses Jahr gab es einen Haufen vielfältigster Alben, die mich alle in ihrer eigenen Art und Weise begleitet, unterstützt und abgeholt haben. Angefangen mit meinem persönlichen Lieblingsalbum: “Wishbone” von Conan Gray. Schon die vorab veröffentlichten Singles überzeugten mich komplett, sie waren so voller Gefühl und Schmerz – aber alles schonungslos ehrlich und unverpackt in Songs gesteckt. Dieses ganze Album hat mich so viel fühlen lassen. 

    Der erste Platz meiner Lieblingsalben in diesem Jahr war – und bleibt – trotzdem stark umstritten. Die erste Konkurrenz wurde nämlich bereits zwei Wochen früher veröffentlicht: “Bite Me” von Renee Rapp. Wer mich auch nur ansatzweise kennt, weiß, wie sehr queere, feministische, empowernde Musik in meine Identität integriert ist. Und genau das war das neue Album von Renee. Ein weiterer Bonus des Records stellt die Vielfältigkeit der Songs dar. Es gibt alles: von traurigen Balladen wie “Somewhere” über Songs wie “Leave Me Alone”, die ein “Fuck you” an alle geben, bis zu Break-Up-Songs und Indifferenz wie bei “I Think I Like You Better When I’m Gone”. Und diese Vielfältigkeit spiegelt sich nicht nur in den Themen der Songs, sondern auch in der Instrumentalisierung. Jeder Song klingt anders, jeder Song hat einen anderen Fokus. 

    Es gibt aber auch noch eine dritte Konkurrentin im Rennen: “Everybody Scream” von Florence + The Machine. Weil, um ehrlich zu sein, war der Titel auch Programm dieses Jahr – manchmal bleibt nichts anderes übrig, als Frustration und Unverständnis einfach raus zu schreien. Wenn auch vergleichsweise spät erschienen dieses Jahr, hat sich das Album – und vor allem die Single “Buckle” – sehr schnell in die Favoriten gespielt. Lyrisch und musikalisch für mich persönlich ein absolutes Meisterwerk, liebe ich auch einfach den female rage, der im Subtext so vieler Songs liegt, die Self-Awareness, mit der sie Lieder schreibt und sich trotzdem in ihren Emotionen verliert. Das ganze Album für mich eine absolute 10/10.

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    Musikalische Überraschungstüten

    Doch nicht nur vertraute Sounds haben sich dieses Jahr in mein Herz gespielt – ganz überraschend hat sich mein Musikgeschmack in einige Richtungen geöffnet. Und dazu gehört nicht nur die bolivianische Folklore, über die wir noch sprechen werden, sondern auch deutsche Musik, Neo-Soul und 60ziger Sounds.

    Ein Satz, den schon viele Menschen von mir gehört haben, lautet: “Ich mag keine alte Musik, gimme the modern stuff.” Umso überraschender kam das Album “AURORA” von Daisy Jones & The Six. Manche kennen vielleicht das Buch oder die Serie – ich habe dieses Jahr das Buch gelesen und war natürlich dann auf den Sound gespannt, in meinem Kopf hatte ich eine Vorstellung, aber ich wollte es ja auch hören. Und ja, das erste Hören hatte mich nicht vom Hocker gehauen, aber von Anfang an hatte es etwas Interessantes und Fesselndes. Der Sound – auch wenn offensichtlich erst vor kurzem produziert und entstanden – klang authentisch nach 60ern und auch der Vibe und die Atmosphäre waren sehr stimmig. Ich hab’s geliebt.

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    Ebenso überraschend war Nina Chuba wieder da – mit ihrem neuen Album “Ich lieb mich, ich lieb mich nicht” hat sie ebenso wie Renee Rapp eine so breite musikalische Palette präsentiert, dass eigentlich für wirklich jeden was dabei sein muss bzw. kann. Normalerweise halte ich mich meilenweit fern von deutschsprachiger Musik – bisher habe ich einfach keinen Bezugspunkt dazu gefunden. Aber bereits vor dem Release des Albums hat mich das Feature “fucked up” mit Makko begeistert – die Lyrics “Wir beide hab’n zu lange nur an dich gedacht” fand ich direkt genial. Und als ich dann das Album angehört hatte, war ich einmal mehr überzeugt von Nina’s Art zu texten und wie sie jedem einzelnen Song seinen komplett eigenen Charakter gab.

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    Als letzte Überraschungstüte ist Olivia Deans Album “The Art of Loving” zu nennen: Auch Neo-Soul oder R&B begeistert mich normalerweise wenig – Olivias Album allerdings hat sich direkt in mein Herz gespielt. Alle Songs auf diesem Album klangen so sanft und liebevoll. Olivia hat mit diesem Album einen sehr entspannten, langsamen, sanften Ort geschaffen, der auch mal innehalten und einfach lieben – das Leben, seine Mitmenschen und auch sich selbst – lässt.

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    Auf der ganz anderen Seite der Welt – und auch auf der ganz anderen Seite der Musik

    Angekommen in Bolivien wurde Folklore ein ständiger Begleiter im Alltag. Von Flöte spielen und Musik aus den Anden über Tanzen zu Tinku, Caporales, Chacarera und vielem mehr bis zu Fusion-Musik aus Folklore und modernen Stilrichtungen sowie Cumbia wurden viele unterschiedliche, folklorische Einflüsse eine meiner meistgehörten Sounds. Dabei wurde das gemeinsame Erleben und Teilen von Musik sehr viel wichtiger. 

    Jeder Rhythmus hatte seine Choreografien, seine Schritte, seine Essenz. Und Musik nicht nur zu hören, nicht nur musikalisch zu verstehen, sondern auch zu tanzen – zu wissen, wie man zu ihr tanzt und das auch immer mit anderen Menschen teilen zu können, weil die Kultur eben so tief in jeder Person verwurzelt war – hat ein ganz anderes Verständnis und Erlebnis ermöglicht. Es hat direkt Gemeinschaft geschaffen, es hat zur Bewegung animiert, es hat Lebensfreude gegeben. Die Musik wurde gefühlt und gelebt und das war einfach ein wunderbares Gefühl. Musik war nicht nur ein persönliches Konsumgut, sondern ein sozial geteiltes kulturelles Gut, von dem alle Teil waren.

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    Ich habe in Bolivien viel über das Teilen von Musik gelernt. Zum einen eben viel durch Folklore – mir wurde hier eine ganz neue musikalische Tür eröffnet, etwas, das ich vorher so noch nicht gehört habe. Und es ging eben nicht nur um das Konsumieren der Musik, sondern auch um das Ausleben davon. Es sollte – und wurde – Gemeinschaft geschaffen werden, indem man Musik teilt, sich gegenseitig unterstützt und lehrt. Ich wurde immer gerne in das Schaffen von Musik integriert, mir wurde immer gerne jedes noch so kleinste Detail zum zehnten Mal beigebracht, bis ich endlich Erfolg hatte – ohne mich zu verurteilen, einfach mit viel Geduld und Freude am Teilen. Und dieses bedingungslose Teilen war für mich eine sehr wertvolle Erfahrung.

    Aber auch abseits der Folklore lernte ich viele Musiker*innen teilen. Menschen, die zutiefst leidenschaftlich über ihre Musik waren, auch wenn die Musiklandschaft in Bolivien natürlich ganz anders funktioniert als hier bei uns und es teilweise sehr viel schwieriger ist, Musik zum Hauptteil seines Lebens zu machen. Dabei lernte ich unter anderem die Sängerin Nia Cole kennen, deren Live-Energy und Texte mich komplett überzeugten. Vor allem live zog sie ihr Publikum in einen Bann, hielt sie im Moment und schaffte eine ganz besondere Atmosphäre. Es war eines der Konzerte, die so schwierig in Worte zu fassen sind, wenn man nicht da war – das vor Ort aber absolut magisch war. Insgesamt war ich in so vielen Kontexten Teil eines gemeinsames Schaffens von Musik, Teil von kreativen Prozessen, vom Austausch von Musik. Und das hat mir auch, wie bei der Folklore, eine sehr andere Wertschätzung von Musik gegeben.

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    Eine Wundertüte, die nicht hätte besser sein können

    Letzten Endes war dieses Jahr musikalisch eine komplett bunte Wundertüte. Es gab so viele Lieder, so viele Alben, so viele Künstler*innen, von denen ich nie gedacht hätte, dass sie mich so in ihren Bann ziehen können und mir etwas zeigen und geben können, das ich gesucht habe. Aber offensichtlich ist das passiert – und hat meinen Musikgeschmack und meine Einflüsse stark diversifiziert. Genau diese Vielfalt – manchmal widersprüchlich, aber immer ehrlich – war das, was dieses Jahr geprägt hat.