Normalerweise kommt das Berliner Publikum spät – nicht so bei Berq. Der gerade mal 21 Jahre alte Hamburger, der mittlerweile in Berlin-Kreuzberg lebt, treibt die Teenies frühzeitig in die restlos ausverkaufte Columbiahalle. Jeder will seinem Schwarm so nah wie möglich sein, und frühes Erscheinen sichert bekanntlich die besten Plätze. Würde nicht ab und zu etwas Frischluft in die Halle gepumpt, könnte der Schweiß von der Decke tropfen.
Gänsehaut von Sekunde eins
Es ist 20 Uhr, die Halle verdunkelt sich, und Verifiziert gibt als Voract alles, um die Crowd auf Berq einzustimmen. Das Publikum dankt es.
21 Uhr. Harmonische Streichermelodien ertönen, gepaart mit beeindruckenden Lichteffekten von der Bühne. Das Bühnenbild wirkt eher minimalistisch – die Show lebt von Licht, Schatten und Silhouetten. Berq erscheint in grellem, weißen Licht und stimmt Heimweg an. Die Crowd ist von der ersten Sekunde an zu 100 Prozent textsicher und singt sofort mit. Kein Wunder, denn sobald der erste Ton durch die Halle schwingt, hat jede einzelne Person Gänsehaut pur.

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Er freut sich, in der Columbiahalle spielen zu können, denn zum ersten Mal passt das komplette Bühnenbild. Die Bühnen der anderen Locations waren mal rund, dreieckig oder schlicht zu klein. Hier in Berlin stimmt zum ersten Mal alles. Ob die Frage ernst gemeint ist, wer den Song 2 Minuten kennt? Es ist gerade mal der zweite Song, und die Crowd rastet aus, singt lautstark den kompletten Text mit.
Wenn der Tourvirus um sich schlägt
Ein kurzer Textaussetzer bei Schleierkraut. Berq erzählt, dass er sich in den letzten Tagen mehrfach übergeben musste – das Tourvirus hat um sich geschlagen. Heute sei der erste Tag, an dem er wieder etwas essen konnte: Kartoffelbrei! Es kann also sein, dass der eine oder andere Texthänger passiert, aber die Crowd ist ja textsicher und kann im Notfall aushelfen.

Zeit für einen ruhigen Moment. Alle Spots richten sich auf die Cellistin und die Violinistin – ein kurzer Augenblick zum Durchatmen und Abkühlen. Berq verschwindet währenddessen augenscheinlich hinter einer Schattenwand. Doch das ist nur eine Illusion. Plötzlich taucht er mitten im Publikum auf einer B-Stage auf. Sitzend auf einer Leiter performt er Blauer Ballon. Die, die den Song kennen, wissen, wie sehr dieser emotional hittet.
„Mein Hass tritt dir die Haustür ein“ – der perfekte Moment, um den ganzen Frust der Halle seelisch und stimmlich herauszulassen. Die Crowd gibt alles. Das wäre der letzte Song des Abends gewesen. Berq bedankt sich. Doch wir wissen alle: Da fehlt noch etwas.
„Fuck, du tust weh“
Nach wenigen Sekunden betritt er erneut die Bühne, um am Flügel Achilles zu performen. Nach Pirouetten, einem lyrisch düsteren Stück, folgt endlich der Moment, auf den alle gewartet haben: der krönende Abschluss. Rote Flaggen. Das Bühnenlicht explodiert in Rot, Berq scheint förmlich darin zu verschwinden. Die Crowd gibt noch einmal alles – von der ersten bis zur letzten Sekunde.
Nach 72 Minuten ist das Konzert vorbei. Nicht das längste, aber alle sind glücklich.

Man hat ja gewisse Erwartungen, wenn man auf ein Konzert geht. Bei Berq hatte ich an ein gemütliches Akustikkonzert mit viel Piano und vielleicht einer kleinen Bandbegleitung gedacht. Bekommen habe ich eine ausgefallene, perfekt inszenierte Lichtchoreografie. Stimmlich und lyrisch ist Berq ohnehin auf einem anderen Level – und auch an diesem Abend wurde niemand enttäuscht. Und wenn man auf dem Nachhauseweg in der U-Bahn noch einmal seine Songs hört, weiß man: Alles war gut.
Wenn ihr bisher noch keine Berq Fans sein solltet, dann ist jetzt der Zeitpunkt. Wir haben ihn Ende 2023 schon als einen unserer artists to watch prognastoziert und spätestens in der komplett ausverkauften Columbiahalle wurde uns klar: wir lagen richtig.
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Fotocredit: Jens Krahe (1 und 3), Marla-Tabea Kästle (2)