Das Berliner Trio Soft Drug hat mir gleich mit ihrer ersten Single Same einen wochenlangen Ohrwurm verpasst. Seit dem hab ich mich auf ihre erste EP gefreut und nun ist sie endlich da! Zu diesem Anlass hab ich mit den drei Jungs über ihre Musik gequatsch. Über Gender-Rollen, Realitätsflucht, Herausforderungen beim Musik schreiben und Inspirationen. Aber lest und hört am besten selbst. Viel Spaß!
Franzi: Hey ihr Drei, das Allerwichtigste vorweg: Happy Release!! Wie geht es euch? Wie fühlt es sich an, jetzt wo ihr eure erste EP Easy endlich mit der Welt teilen könnt?
Soft Drug: Hey, danke dir!! Wir freuen uns natürlich riesig und sind unglaublich happy endlich aus dem Studio damit hinaus zu dürfen. Es war zwar für uns eine sehr lange Entwicklung und Reise, um an diesen Punkt zu kommen, wo wir jetzt sind und das Ergebnis mit dieser EP zu teilen ist richtig schön!
Franzi: Für alle, die euch bisher noch nicht auf dem Radar hatten, wollt ihr euch noch einmal kurz vorstellen und uns erzählen, wie ihr zu Soft Drug zusammengekommen seid?
Soft Drug: Wir sind Soft Drug, machen Alternative Pop mit RnB Einflüssen und uns gibt es jetzt seit diesem bzw. letzten Jahr. Wir haben zu dritt früher schon in einer bzw. mehreren Bands zusammen gespielt und sind auch zusammen aufgewachsen. Als Freunde und als Brüder. Da teilt man so viel miteinander, dass wir unserer Musik und der Band einen neuen Anstrich verpasst konnten, ohne unser beständiges Bonding zu verlieren.
Franzi: Same war die erste Singleauskopplung eurer EP, deren Videopremiere wir hier schon mit euch feiern durften. Was war der Grund, dass Same eure erste Veröffentlichung wird?
Soft Drug: Wir wollten einen starken Opener als erste Single haben und die Melodie von Same ist uns selbst oft nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Zudem bringt er viele Vibes aus der EP zusammen und hat sich aus einer spontan zusammengestellten EP-Reihenfolge heraus als super Starter entpuppt.
Franzi: In euren Songs verarbeitet ihr auch wichtige gesellschaftliche Themen, wie z.B. in Female, in dem ihr die Weiblichkeit zelebriert und aller Homophobie und Abwertung von weiblichen Zügen ein großes „Fuck You“ entgegensetzt. In dieselbe Kerbe, aber aus einer anderen Perspektive, schlägt der Song Man Up. Wie leicht oder schwer fällt es euch, solche sensiblen Themen in euren Songs zu verhandeln?
Soft Drug: Die Texte zu schreiben ist uns leicht gefallen, da alles aus einem klaren Gefühl heraus kam. Damit an die Öffentlichkeit zu gehen war dagegen schon etwas schwieriger. Wir wollen zwar anecken, aber natürlich vor allem bei Menschen auf die wir eh keinen Bock haben. Sexualität und Gender-Rollen ist für viele Menschen ein sehr persönliches und sensibles Thema, bei dem ein Pop Song zu kurz gedacht wirken kann. Wir finden aber auch, dass darin ein großes Potenzial liegt und wir gerne unsere Beitrag dazu leisten wollen. Es gibt noch zu wenige Cis-Männer, die sich zu diesen Themen positionieren. Deswegen fühlen wir uns inzwischen sehr wohl in der Rolle und freuen uns über jeden Dialog, den wir damit anstoßen.
Franzi: Ihr streut auf eurem Instagram Kanal und in euren Artworks auch immer mal ein paar Hints zu Frank Ocean ein. Auch das Cover zu Man Up ist eine kleine Hommage an nostalgia, ULTRA oder? Also einmal Hand auf‘s Herz bitte: wie große Fanboys seid ihr? Und aus was schöpft ihr noch eure Inspiration?
Soft Drug: Haha, das mit dem Cover ist wirklich ein großer Zufall. Wir hatten schon das Cover für Same von Thomas Pirot, einem Fotograf aus Mainz, ausgewählt und wollten für andere Cover auch Bilder von ihm verwenden. Und das war einfach das passende zu dem Song. Thomas selbst ist aber auch schon die Ähnlichkeit zu Frank Ocean aufgefallen.
Wir stehen einfach auf Verletzlichkeit, sei es in Musik oder in Texten. Es ist insgesamt als Thema noch nicht so populär, wie wir uns das wünschen würden und Frank Ocean deckt da sehr viel ab. We love him. Wir ziehen aber aus sehr viel verschiedener Musik unsere Inspiration. Sei es Produktionen von Timbaland oder Hudson Mohawke, Bands wie Glass Animals und Portugal. The Man sowieso. Und dann lassen wir uns jeweils auf sehr unterschiedliche Eindrücke ein. Das ist auch wichtig, um sich gegenseitig zu überraschen oder zu fordern.
Franzi: Ihr seid vor knapp zwei Wochen auf dem Great Escape Festival in England aufgetreten. Das war euer erster Festivalauftritt oder? Und wie hat es sich angefühlt, wieder zurück in der UK zu sein, nachdem ihr auch eine Weile in Manchester gelebt habt?
Soft Drug: Das war unser erster Festivalauftritt und unsere zweite Show überhaupt. Es war wunderschön dort zu sein. Auch wenn jetzt leider ganz andere Zollauflagen sind als damals und die Hinfahrt fast aufregender war als unser Gig, haha.
Wir waren zum ersten Mal in Brighton, was ungefähr 10x posher und doppelt so teuer ist wie Manchester. Aber dafür war es ein super schönes Festivalfeeling mit echt tollen Leuten und Acts. Es war wie ein kleiner Bandurlaub. Und das British English hat uns auch wieder sehr in die Manchester-Zeit befördert.
Franzi: Apropos Festivals: in dem Track Dizzy redet ihr von Coachella und der Thematik rund um Eskapismus und Flucht aus dem Alltag. Wart ihr selbst schonmal dizzy auf dem Coachella unterwegs? Und was bedeutet für euch Realitätsflucht?
Soft Drug: Für uns ist unsere Band die größte Realitätsflucht. Es gibt wohl keine Droge, die so allumfassend das bietet, was Musik machen, schreiben, singen, auf Tour gehen und Konzerte geben mit uns macht. Wir brauchen eher zwischendurch Anker, um wieder in der Realität anzukommen, aber grundsätzlich würde uns das reichen, um in keinem klassischen Alltagsleben zu versinken. Wir waren zwar noch nicht dizzy auf dem Coachella, aber immerhin betrunken auf dem Melt! Festival. Das kommt doch schon fast ran 😉
Franzi: Eure EP trägt den Namen Easy, ich kann mir trotzdem vorstellen, dass dabei trotzdem nicht immer alles so einfach abgelaufen ist. Wollt ihr uns ein bisschen mit hinter die Kulissen schauen lassen? Gab es irgendwelche besonderen Herausforderungen bei eurer Arbeit an der EP? Und was nehmt ihr vielleicht daraus für eure nächste Platte mit?
Soft Drug: Die größte Herausforderung war, dass wir alles über den Haufen geworfen haben. Es gab nichts, wo wir einfach gesagt haben, dieser Part von unserer Band ist gut so. Das bleibt. Alles wurde mehrmals umgedreht, ausprobiert, wir waren auf der Suche nach einer komplett neuen Vision für uns. Und da sind wir zwischenzeitlich fast verrückt geworden, weil wir nicht mehr wussten, woran wir uns eigentlich halten sollen. Diese Fragen haben wir uns Schritt für Schritt beantwortet, haben uns aber auch oft im Kreis gedreht. Nach gefühlt zwei geschriebenen Alben (die Songanzahl könnte tatsächlich hinhauen), sind wir bei den letzten Versionen gelandet, die es jetzt auf die EP geschafft haben und mit denen wir richtig glücklich sind. Von hier an weiterzuarbeiten wird auf jeden Fall sehr viel Spaß machen und auch leichter bzw „easier“.
Franzi: Auch wenn in jedem eurer Songs viel Liebe und Mühe steckt, habt ihr trotzdem einen heimlichen persönlichen Favoriten?
Soft Drug: Wir mögen tatsächlich alle, wir haben eher gemerkt, dass ihre Funktion eine unterschiedliche ist. Man Up z.B. ist jetzt nicht der easy Summer Song, der mal so eben nebenbei läuft, dafür ist er eine richtige Wucht live und macht super Bock ihn zu performen. Bei Female waren wir vor allem glücklich wie er sich über die Jahre als Song entwickelt hat und sogar noch in den letzten Stufen des Mixing und Mastering gewachsen ist. Dadurch haben wir ihn nicht nur durch seine Message besonders ins Herz geschlossen.
Franzi: Bei uns ist die letzte Frage keine Frage, sondern Platz für eure untold story. Habt ihr eine Anekdote, Geschichte, Fun Fact oder etwas anderes, was ihr gerne noch an dieser Stelle teilen möchtet?
Soft Drug: Wir haben mit unserer früheren Band Glass Animals und Khruangbin supportet, von denen wir seither große Fans sind. Das war natürlich noch bevor sie so bekannt waren wie heute. Jetzt gibt es das niedrigschwellige Ziel, das mit Soft Drug einfach noch mal zu schaffen, haha. Mal schauen wie lange es dauert. 😉
Foto: Alessandra Fochesato