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Mia Berg schwelgt in “Goodbye, for a while” in herzzerreißender Nostalgie

Mia Berg macht berührende Singer-Songwriter Musik mit einem folkigen Einschlag ganz nach Phoebe Brigders und kommt aus, wie sollte es anders sein, Norwegen. Das kalte (aber schöne!) Land im Norden, das bei den Ski-Wettbewerben, die mein Papa immer guckt, stets vorne mitfährt, sollte auch im Rahmen von Musikempfehlungen aufmerksam machen. In dem Fall von Mia Bergen lohnt sich das nämlich sehr.


Pures Nostalgiegefühl in Didl-Büchern gefunden und abzugeben

Und wie das bei wahnsinnig guten Liedern ist, drücken sie entweder alle Knöpfe zum durchs-Zimmer-tanzen oder, wie bei Goodbye, for a while“, die Knöpfe zum kathartischen Weinen. Wir alle haben zwei Jahre Pandemie hinter uns und ich find’s erstaunlich, dass wir immer noch so gut es geht an dem Alltag festhalten, dessen Struktur eigentlich keinen Platz hat für die psychische Verarbeitung von Dingen, die während dieser zwei Jahre passiert sind. Das ganze Gesundheitssystem mit seiner mehr als mangelhaften Verteilung von Kassensitzen für Therapie lässt uns völlig im Stich. Da hilft nur noch Weinen. Und anstatt das in dem absurden Tabu zu halten, weinen wir jetzt einfach zusammen. Zu „Goodbye, for a while“ von der Norwegerin mit den berührenden Worten und intimen Gitarrenklängen.

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„Goodbye, for a while“ handelt von dem puren Nostalgiegefühl, was geweckt wird, wenn man aus dem Nichts alte Briefe findet, Lieder hört oder an Plätzen vorbeischlendert, die Erinnerungen an früher wecken. Wenn ich den Versuch starte, mein Zimmer aufzuräumen (seltener als ich zugeben möchte), stolper ich auch über genau solche Sachen und verschwinde erstmal eine Weile in die Zeit von damals zurück. Ob alte Polaroids, nie abgeschickte Briefe oder eine Playlist, die ich finde, wenn ich eigentlich nur Musik anmachen will – da braucht’s wirklich nur die simpelsten Dinge, um mich in die traurige Nostalgie zu stürzen. Jedes Mal, wenn ich umziehe (zu oft, danke Berlin für nichts), find ich die alten Didl-Freundebücher aus der Grundschule und versuch mich daran zu erinnern, wer wir damals waren.  

„When I’m home in Bergen I can walk past my old school or places I was at a party – I also think back to people who were important in my life then. I find it strange, and a little sad, how fleeting moments are, and how people constantly go in and out of our lives. There was a song attached to it.“


Die niemals endende Fehde mit der Zeit

Die Person, die man damals war, ist so weit entfernt von der, die man jetzt ist. Zumindest bei mir ist das Grund genug für eine kleine Mini-Identitätskrise. Und so lieg ich auf dem Bett, starre an die Decke, höre „Goodbye, for now“ und führ eine Fehde mit der Zeit. Wieso geht sie so schnell um? Es ist ein durch und durch absurdes Konstrukt, auf das wir keinerlei Einfluss haben. Seit zwei Jahren leben wir in dieser Pandemie. Zwei Jahre! Kann mir doch niemand sagen, dass sie nach diesen zwei Jahren noch eine gute Beziehung mit ihrem Zeitgefühl führen. 

All diese Gedanken laufen mir durch meinen Kopf, während Mia Berg ihren ähnlichen Schmerz in mein Herz hinein singt. Ich denk an alte Freundschaften, an Menschen, die mir früher so wichtig waren, und von denen ich heute nicht mehr weiß, was sie machen und wie es ihnen eigentlich geht. Ich denk an meine gescheiterte Fernbeziehung und die Art, wie Verlust uns verändert. Ich denk an diesen so simplen, aber so schönen Refrain:

„Is this the last dance

Or goodbye for a while?”

Die Welt da draußen ist harsch, und der Verlust von Menschen tut weh. Es ist aber auch irgendwie „der Lauf der Zeit“ würde mein Papa jetzt sagen, und das stimmt. Die Zeit vergeht, Menschen verändern sich, aus Momentaufnahmen werden immer Erinnerungen – dagegen kann man gar nichts machen. Nur an die Decke starren. Und Mia Berg hören.

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Fotocredit: Mikhela Greiner

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