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RIN verwandelt auf seinem neuen Album die “Kleinstadt” in eine Metropole

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RIN hat sein neues Album Kleinstadt am 29. Oktober veröffentlicht und ich muss zugeben, meine Beziehung zu RINs Musik ist kompliziert. Aber bevor ich hier meine Beziehungsprobleme darlege, fangen wir direkt bei unserem ersten Kennenlernen an. 


Über Trap zu deutschem Cloud Rap

Ich war lange Zeit meines Lebens kein enthusiastischer Hip Hop Fan. Wenn, dann hörte ich eher amerikanischen Rap. Und auch da konnte ich nicht mit echter Street Credibility glänzen. Es waren Hits wie Gravel Pit von Wu-Tang ClanCandy Shop von 50 Cent oder Stronger von Kanye West, die mir im Ohr hängen blieben. Doch Mitte des letzten Jahrzehnts etablierte sich ein neuer Rap Sound in den Vereinigten Staaten, der heutige Rap Größen wie Young Thug, Migos oder Travis Scott hervorbrachte. Dieser damals noch etwas nerdige und verquere Trap mit quietschenden Stimmen und konfusen Adlibs öffnete für mich eine neue Welt. Und als alles langsam nach Deutschland überschwappte, outete ich mich das erste Mal als Deutschrap Fan (reale HipHop Fans sagen natürlich, dies sei kein Rap). 

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RINYungHurnLGoony oder Haiyti eigneten sich den amerikanischen Trap Sound an und prägten eine neue Hip Hop Bubble, die als Cloud Rap bekannt wurde. Non-Sense Texte, trashige Musikvideos und Selfmade Beats wurden zu einem Generationen Phänomen. Während Yung Hurn in seinen Songs in der Regel mit drei Wörtern auskam, stand RIN von Anfang an für Generationstexte mit einem hohen Identifikationsfaktor. „Don’t Like“ von der 2016 erschienenen Genesis EP ist für mich das perfekte Beispiel. „Ein Euro Bier, zwei Euro zwei Bier, drei Euro drei Bier“! So beginnt der Track und ich erinnere mich, wie ich mit meinem Späti Sterni in der rechten Hand im Gleisdreieckspark saß und mit Freunden nichts tat, außer rumzuhängen. Auch die viel zitierte Line, „Es ist Donnerstag, ich kauf‘ mir Supreme“, ist seit diesem Lied deutsche Popkultur. 

Als ich dann das erste Mal „Error“ hörte, war ich komplett fertig mit den Nerven. Gesangsmelodien mit Hitpotential, düstere Stimmung inklusive eines emotionalen, düsteren Texts auf einem abwechslungsreichen Beat. Der Song, der mich zum RIN Fan machte, hat mich gleichzeitig zum Deutschrap Fan werden lassen. Und zwar genau weil alles anders klang, als ich mir Deutschrap bis dahin vorstellte. 


Hits über Hits über Hits
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Nun hat sich RIN allmählich zu einer deutschen Hip Hop Größe gemausert und uns Deutschrap Banger wie „Bros“, „Blackout“, „Dior 2001“, „Next“, „Up in Smoke“ oder „Vintage“ hinterlassen. Mit „Kleinstadt“ ist außerdem bereits sein drittes Album erschienen und man muss zwangsläufig an seine Heimatstadt Bietigheim-Bissingen denken, in der er mittlerweile fernab vom Stadtchaos residiert. Allerdings beginnen hier die bereits erwähnten Beziehungsprobleme. Zweifelsohne kann man RIN nicht mehr aus der deutschen Musikindustrie wegdenken. Sein Einfluss war und ist weitreichend und das mit einem Sound, der sich noch immer von dem mittlerweile weichgespülten Trap/Hip Hop der deutschen (und amerikanischen) Charts abhebt. Doch fragt man mich nach meinem Lieblingsalbum von RIN, nenne ich keins.


Single vs Album

In der Regel ist es so: Jede neue Single des Bietigheimer Rappers hyped mich mehr und mehr auf das Album. Auch dieses Mal! Die erste Single des Albums „Dirty South“ knallt einfach. Dieser dreckige 2000er Synth über drückenden Drums. Mit der nächsten Single ist mein Kopf dann komplett explodiert. „Meer“ ist für mich ein Song für die Ewigkeit. Die Nirvana-Referenzen sind nachvollziehbar. Unabhängig davon sind aber das Gitarren-Riff, die Rock-Drums und der Text einfach super stimmig. Das muss man Anerkennen. Keine Ahnung wer sich im Deutschrap so etwas traut (außer Cro) und keine Ahnung wer da mithalten soll. Dann darf man ebenfalls die unglaubliche Schmyt Single „Gift“ featuring RIN nicht vergessen! Anschließend kamen solide Grower wie „San Andreas“ oder „Sado“. Songs, die nicht direkt flashen, aber sich langsam zu Hits entwickeln. Plötzlich dann noch ein Mindfuck Moment. Auf „Insomnia“ (co-written by Schmyt) liefern Giant Rooks einen Monster Part auf deutsch ab, während RIN einmal mehr seine Hitmelodien auf einem Pop/ Rock-Beat entfaltet.

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Nach insgesamt acht Singles und vielen neuen Lieblingsliedern kommt dann endlich das lang angekündigte Album „Kleinstadt“. Beim ersten Hören durchlaufe ich allerdings dieselben Gefühle wie bei jedem anderen RIN Album: Ich werde hin und her gerissen zwischen all time favourites und lediglich soliden Rapsongs (ich jammer’ hier natürlich auf hohem Niveau). Wieso tut RIN mir das an, frage ich mich? Einerseits bin ich RIN Stan, andererseits kein bisschen. So viele seiner Singles haben meinen Musikgeschmack geprägt, auf Albumlänge wiederum konnte ich noch nie überzeugt werden. 

Alles was ich mir wünsche ist ein homogenerer Sound. Nicht von allem ein bisschen, damit jeder etwas Passendes findet. Das fühlt sich für mich ein wenig wie das Drake-Phänomen an. Viel zu lange Alben mit ebenso viel Hits wie charakterlosen, AI-generierten Radiosongs. RIN streift auf seinem Album die Live-tauglichen Trap Hits, die ihn bekannt gemacht haben, springt auf „1976“ kurz auf den Trend-Sound der 01099 Crew aus Leipzig, bedient sich an düsteren Nirvana-Momenten und rappt zugleich auf radiotauglichen Pop/ Rockballaden. Versatilität ist natürlich eine Stärke RINs, doch in einem von mir erschaffenden Paradies würde RIN die Rock-Nummer durchziehen und sich damit in den Annalen der Musikgeschichte verewigen.

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Bausparvertrag-Rap

Der Freitag beschreibt das Album mit den Worten „Generation Bausparvertrag“ und leider ist da etwas dran. Die Bier, über die RIN rappte, während ich selbst welche im Park trank, wurden zu deutschen Markenwagen und einem Einfamilienhaus. Früher rannte er noch dem Bus hinterher, heute vor dem Finanzamt weg. Das ist alles logisch und nicht verwerflich. Mit dem Ruhm verändert sich der Lebensstil. Nur sinkt meines Erachtens nach der anfangs erwähnte Identifikationsfaktor seiner Texte. Statt mir aus der Seele zu sprechen, erlebe ich die Perspektive einer finanziell privilegierten Lebenssituation. Damit büßt RIN leider etwas sein Patent für Generationstexte ein und nähert sich dem im Rap verbreiteten zur Schau stellen materiellen Besitzes an.


Beziehungsstatus: Es ist kompliziert

Okay, ich habe euch vorgewarnt: Mein Beziehungsstatus zu RINs Musik ist kompliziert. Einerseits liebe ich so viele seiner Lieder, andererseits werde ich skeptisch, wenn es um seine Alben geht. Dennoch bekenne ich mich als RIN-Fan und ermutige alle dazu, dieselben WTF!? Momente zu genießen, wie ich sie auf „Kleinstadt“ erleben durfte. I mean, Nirvana auf deutsch? Wie RIN sagen würde: „Auf Geht’s“!

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fotocredits: @brownshootta

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