Jeden Tag inspiriert mich Musik in jeglicher Situation, doch ein Song hat es mir in den letzten Monaten ganz besonders angetan. Wir reden hier von keinem geringeren Song als „Another Love“ vom britischen Singer Songwriter Tom Odell.
Eine alte Liebe
Der Titel hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel, ich glaube, dass wissen wir alle. Erschienen ist dieses Meisterwerk der Popmusik im Oktober 2012, als vorab Release in Form einer EP, die Tom Odell „Songs from Another Love“ nannte. Doch bevor der Sänger sich einen Namen in der Musikwelt machte, fing er wie jeder klein an. Klavierunterricht im Alter von sieben Jahren, bis hin zu den ersten eigenen Songs. Mit 18 eine musikalische Ausbildung am Institute of Modern Music, nebenbei allerdings weiterhin ein aktiver Songschreiber.
Wie das mit 18 so ist, lag die erste Band auch nicht fern. Entdeckt von Lily Allen ging die Musikkarriere erst richtig los. Ein perfektes Match zwischen zwei sehr starken Songwritern? Ja! Denn kurz darauf unterschrieb Tom Odell einen Vertrag in Lily Allen’s eigenem Label „In the Name of“ und veröffentlichte seine erste EP „From Another Love“. Im Folgejahr erschien das erste Album „Long Way Down“, auf dem „Another Love“ nochmals vertreten war. Dieses überaus emotionale Lied, handelt von vielen gescheiterten Beziehungen und emotionaler Ohnmacht „all my tears had been used up“, heißt es im Refrain. Doch trotz der melancholischen Stimmung hielt „Another Love“ sich sage und schreibe 66 Wochen auf Platz 11 der deutschen Charts – und das zurecht, denn dieser Song umfasst sehr viele musikalische Fassetten.
Mit 13 habe ich den Song das erste mal im Radio gehört. Irgendetwas dran hat mich fasziniert, doch was genau so faszinierend war konnte ich nicht erklären. So verging also die Zeit und das Stück wurde nach und nach durch andere Stücke ersetzt, geriet beinahe in Vergessenheit. Klar, hin und wieder wurde der Song im Radio gespielt, aber wahrgenommen habe ich das nicht. Erst vor kurzem ist mir aufgefallen, wie großartig die Art und Weise des Songwritings überhaupt umgesetzt wurde. „Another Love“ übermittelt so starke Gefühle, dass dieser Song mir immer wieder die Tränen in die Augen treibt.
Weniger ist manchmal doch mehr!
Der simple Einsatz des Klaviers und der Stimme mag für viele unspektakulär sein. Doch das wunderschöne an diesem Song ist ja eigentlich genau dieses simple Gerüst, welches im Laufe durchbrochen wird. Während wir am Anfang noch die schüchterne Stimme von Tom Odell hören, die verzweifelt versucht ihre Liebe zu beweisen, werden wir nach dem ersten Refrain geradezu erschlagen mit kräftigen Chorstimmen, die einem das Gefühl von einem inneren Kampf mit sich selbst vermitteln – Gänsehaut.
Hier ist auch mal kurz hervorzuheben, wie erfindungsreich eigentlich dieser Part des Chores ist. Ich habe einen absoluten Faible für mehrstimmigen Gesang, sprich, ich werde hier voll und ganz abgeholt. Was ich aber eigentlich sagen möchte, dieser Part ist das perfekte Beispiel für die Details, von denen ich gesprochen habe. Beim genaueren Hinhören wird einem erst klar, wie viele Stimmen da eigentlich sind, welche Harmonien abgedeckt werden und wie die Lautstärke verteilt ist. Eine kleine stimmliche Abenteuerreise. Es macht irrsinnig viel Spaß, sich jedes mal auf eine andere Stimme zu konzentrieren. Der Chor tritt ja auch abgeschwächt immer wieder auf – alles Details, die ich sonst nicht wahrgenommen habe.
Doch nicht nur der Gesang wandelt sich. Auch bei der Aufstellung der Instrumente ist ein deutlicher Unterschied zu bemerken. Das Klavier wird plötzlich von einer Gitarre im Palm Mute Stil unterstützt, sowie von einem dumpf klingenden Schlagzeug. Der Gesang wird zunehmend immer intensiver. Und nicht nur der Gesang und die Instrumente werden präsenter – Der Text spitzt sich auch immer weiter zu. Mehr Emotion, mehr vom Inneren des Künstlers „I wanna cry, I wanna learn to love“. Es wird eine mitreißende Atmosphäre geschaffen, in der man von Text und Musik an die Hand genommen wird und in eine Welt der Melancholie eintaucht. Man beginnt immer und immer mehr zu verstehen. Es ist dieses Gefühl von beinahe schon angenehmer Bedrücktheit, ähnlich wie heute bei Billie Eilish. Schwere Themen werden in eine wunderschöne Ästhetik verpackt und jeder kann sich irgendwie besser in die Situation hineinversetzen. Es ist schön, aber schrecklich zugleich.
Verletzlichkeit und die Auseinandersetzung mit sich selbst
Wir alle kennen das Gefühl verletzt zu sein. Entweder man geht offen damit um, oder eben nicht. Gerade dann, wenn es um eine zerbrochene Beziehung geht, müssen die meisten von uns erst einmal schlucken.
Doch genau aus diesem Grund, finde ich die gesamte Geschichte die hinter den Lyrics steht so unglaublich nachvollziehbar. Tom Odell singt darüber, dass er sich ausgebrannt fühlt, weil er den Eindruck hat alles falsch gemacht zu haben. Er singt darüber, dass er nicht weiß woher all die Kälte kommt. Er phantasiert sogenannte „Was wäre wenn Situationen“ vor sich hin und schreit diese in Form von Musik in die Welt. So offen mit seinen Gefühlen umzugehen, ist Stark, Mutig und vor allem beeindruckend. Man bekommt immer stärkere Bilder vom Künstler zugeworfen, in denen er den Kampf mit sich selbst offen legt. Auf der einen Seite wirkt er stark und selbstbestimmt „and if somebody hurts you, I wanna fight“ und auf der anderen Seite fällt das aufgebaute Kartenhaus wieder in sich zusammen „but myhands been broken, one too many times“. Unsicherheit begleitet jeden von uns.
Fazit
Tom Odell’s Kreation „Another Love“ ist eine melancholische Reise ins Innere des Sängers, die mich als Hörerin durch und durch berührt. Es ist ein Song der wohl thematisch immer aktuell bleibt und in dem man durchaus auch nach mehrmaligem Hören viele neue Aspekte und Details entdecken kann. Er ist eine wärmste Empfehlung von mir an jeden, der Songs mit Tiefgang liebt – denn glaubt mir, den hat dieses Werk auf alle Fälle!
Fotocredit: Instagram Tom Odell