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Jorja Smith mit „Be Right Back“: Wenn Schmerz sich gut anfühlt

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4 Jahre Pause zwischen dem Debütalbum „Lost & Found“ (2018) und dem für 2022 angekündigten zweiten Album sind für alle Jorja Smith Fans keine Option. Aus diesem Grund hat die Neo-Soul Sängerin im Mai allen einen Gefallen getan, indem sie ihre EP „Be Right Back“ veröffentlichte. Auch wenn der Release bereits einige Monate zurückliegt, gibt es keinen Grund, nicht weiterhin von dieser authentischen und minimalistischen Soulplatte zu schwärmen.


Melancholische Soulstimme zum Verlieben

Über Jorja Smith zu schreiben, ist für mich eine pure Herzensangelegenheit. Kaum eine Stimme klingt für mich so verletzlich und schmerzvoll, und schenkt mir gleichzeitig so viel Kraft, wenn ich mich von dieser wohligen Melancholie einhüllen lasse. 

Alles fängt mit der Debut Single „Blue Lights“ an, die zugleich ihren musikalischen Durchbruch bedeutet. Auf ihr teilt die in Walsall, England geborene Sängerin Ängste vor Polizeigewalt, insbesondere gegenüber Schwarzen und People of Colour, und lässt diese spürbar in ihrer Stimme aufleben. Was danach folgt, sind gute Marketingstrategien, wie beispielsweise Platzierungen auf dem Drake-Album „More Life“, und unglaublich schöne und berührende Musik. Ihr Debütalbum „Lost & Found“ ist meine persönliche Entdeckung des Jahres 2018 und bereits jetzt eines meiner all-time favourites. 

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Mit dieser beinahe bedingungslosen Liebe bin ich in Jorja Smiths im Mai erschienenen EP „Be Right Back“ gegangen und wurde erst einmal enttäuscht. Denn die großen Popnummern bleiben auf der 25-minütigen EP aus. Die klangliche Fülle der Produktionen des ersten Albums bleibt unübertroffen. Dafür gewinnt der Gesang an Tiefe und Intimität. Die Produktionen beschränken sich überwiegend auf eine einfache Bandbesetzung und geben der Stimme Platz für ihre nachdenklichen Geschichten. Die Melodien bleiben weiterhin eingängig, doch werden sie unaufgeregter inszeniert. Ein bisschen weniger Hall, ein bisschen kleinere Chöre und ein bisschen weniger komplexe Harmonien schaffen Raum für mehr musikalische Seele. Was ich beim ersten Hören der EP als Schwäche empfand, zeichnet sich für mich jetzt als Stärke ab. Die vielleicht etwas zu ausgeklügelten und durch-inszenierten Popsongs des ersten Albums werden durch minimalistische und authentische Soullieder zum Verlieben abgelöst. 


Female Empowerment und Gesellschaftskritik

Die Lead-Single „Addicted“ führt in die nachdenkliche und leicht aufgewühlte Atmosphäre der EP ein. Die Single thematisiert ungleiche Machtverhältnisse in einer Liebesbeziehung, während ein markantes Gitarren-Riff den Gesang komplementiert. Weitere Highlights der Platte sind die Songs „Home“ und „Burn“. Während Smith auf ersterer klassische Rollenbilder und Familienstrukturen in Frage stellt und damit gesellschaftliche Denkmuster dekonstruiert, besingt sie auf „Burn“ die Schwierigkeiten, die eigenen Träume und die damit verbundene Arbeit mit einem gesunden Privatleben in Einklang zu bringen. Damit widmet sie sich dem in der Öffentlichkeit zunehmend an Bedeutung und Aufmerksamkeit gewinnenden Thema Mental Health, hier konkret in Form eines Burnouts. Jorja Smith beschreibt die Geschichte eines jungen Mädchens und warnt im Refrain davor, den eigenen Träumen alles bedingungslos unterzuordnen:


You burn like you never burn out
You try so hard, you can still fall down
You keep it all in, but you don’t let it out
You try so hard, don’t you know you’ve burnt out?


Die behandelten Themen sind aufgrund ihres hohen Lebensweltbezugs unglaublich wirkungsvoll. Auch der letzte Song der EP namens „Weekend“ schlägt in dieselbe Kerbe. Auf ihm kritisiert Smith Konsum und die Anhäufung materieller Güter. Stattdessen fordert sie mehr Achtsamkeit innerhalb zwischenmenschlicher Beziehungen, sprich ein Rückbesinnen auf die vermeintlich wichtigen Dinge im Leben.

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Musikalischer Minimalismus für das Herz

Musikalisch lebt die EP vom Minimalismus. Zurückhaltende und organische Produktionen schenken der Platte Wärme und Intimität. Zugegeben, ich benötigte mehr als einen Durchlauf, um mich von der Musik überzeugen zu lassen. Doch jedes Mal, wenn ich „Be Right Back“ anhöre, wächst meine Liebe für jeden einzelnen Song. 

Da die ergreifende Soulstimme von Jorja Smith eh niemand hinterfragt, können wir diese Diskussion direkt überspringen. Bezüglich der Instrumentals fiel allerdings die Kritik, sie könnten der Kraft der ausdrucksvollen Stimme nicht standhalten. Dabei konzentriert sich die Musik lediglich auf ihre Kernaufgabe, nämlich die Gesangsmelodien zu komplementieren und zu tragen. Diese musikalische Unaufgeregtheit trifft den Ton der EP und betont zugleich die Ernsthaftigkeit und Authentizität ihres Inhalts.

Zum Teil benötigt es kein Harmonieinstrument, um von Jorja Smiths Stimme umgarnt zu werden. In „Burn“ sind vor dem letzten Refrain Bass, Schlagzeug und Gesang alles, was die Seele in diesem Moment zum Loslassen braucht. In „Home“ hingegen verleihen Stimme und Gitarre allein dem Lied eine besondere emotionale Tiefe. Interessanterweise fällt der vorletzte Song „Digging“ für mich am ehesten aus dieser sonst so homogenen EP heraus. Denn er täuscht ein wenig die Größe der Pop-Produktionen des Debüt-Albums „Lost & Found“ an, die „Be Right Back“ eigentlich gar nicht anstrebt. 

Es wird dennoch offensichtlich, dass dieser Text ein Liebesbrief an „Be Right Back“ von Jorja Smith ist. Die britische Sängerin leistet einen weiteren wichtigen gesellschaftlich-politischen Beitrag, ohne auch nur einen Hauch an musikalischer Ästhetik einzubüßen.

Die Hörempfehlung geht hiermit raus! Go listen and be right back für das kommende zweite Album …

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