independent music magazine

Johannas Jahresrückblick: „If you’re an emotionally stable person and you’re listening, I would consider listening to something else“

Johannas Jahresrückblick: „If you’re an emotionally stable person and you’re listening, I would consider listening to something else“

„Sad girl delicate wednesday night“ – so hat Spotify meine erste Daylist betitelt. Und zwar auch ziemlich passend. Denn alles, an das ich mich dieses Jahr erinnern kann, ist gefühlt eine Überpräsenz von Noah Kahan, Gracie Abrams und – wer hätte es geahnt – Taylor Swift. Was mein Hörverhalten dieses Jahr sonst noch auszeichnete, waren eine große Menge an unhealthy obsession und comfort music mit einer Prise von Empowerment-Reclaiming Versuchen zwischendurch.


Ein besonderes Erlebnis dieses Jahr war allerdings ein Interview mit einer Künstlerin. Dafür habe ich im Vorfeld die Definition eines Mixtapes recherchiert: “a compilation of favourite pieces of music, typically by many different artists, recorded on to tape or another medium by an individual.” Und da sowohl dieses Interview als auch Mixtapes (ich liebe persönlich erstellte Playlisten – Musik zu teilen ist definitiv eine meiner love languages) einen ganz besonderen Platz in diesem Jahr hatten, habe ich mich für einen Jahresrückblick in Form eines mixtapes zu entschieden. 


Auf diesem hypothetisch erstellten Mixtape finden sich 13 Songs. Diese Tracks stehen stellvertretend für Alben und Erlebnisse, die mich durch dieses Jahr begleitet, nicht allein gelassen und immer wieder aufgefangen haben.

Side A, Track 1: Lost On You – Rosie Darling

Drei Töne, ständig wiederholt. Mehr braucht es anscheinend nicht, um mich komplett verliebt und sprachlos zurückzulassen. Die Fragilität und Vulnerabilität haben mich von Anfang an nicht losgelassen. Dieses Lied ist so zart und gleichzeitig voller Hoffnung und auch Schmerz und hat mich einfach innehalten lassen. Ich war komplett gefesselt von der Einfachheit dieses Songs, die trotzdem so starke Emotionen hervorrufen konnte. Dieses Gefühl von starker Dualität und irgendwo auch Ambivalenz werden wir noch in einigen Songs dieses Jahr finden.

Lost On You“ steigert sich im Verlauf des Songs: Angefangen mit einzelnen Klaviertönen wird der Sound intensiver, Drums steigen ein, es wird theatralischer. Der Song entfaltet sich, nimmt Raum ein und schafft durch die Wiederholungen ein Bild von Verzweiflung. Ein wahres Meisterwerk.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden


Side A, Track 2: 0 or 100 – Upsahl

Wer UPSAHL bereits kennt, hatte vielleicht schon die Vermutung, dass sie die Inspiration für das Mixtape war. „0 or 100„, ein Track aus ihrem Mixtape UPSAHL PRESENT: THE PHX TAPES, hat mich dieses Jahr viel begleitet. UPSAHL hat in diesem Song das Gefühl eingefangen, sich zerrissen zu fühlen. Irgendwo zwischen „es läuft alles“ und „es läuft gar nichts“, nicht nur textlich, sondern auch im Sound, spielt sich dieser Song ab.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden


Side A, Track 3: I’m A Problem – Caity Baser

Caity hatte ich vor einiger Zeit auf TikTok gefunden und seitdem nicht mehr losgelassen. Die Art, wie sie Songs schreibt, voller Selbstbewusstsein und Lockerheit, hat etwas für sich. Und „I’m A Problem“ (inklusive Musikvideo) hatte mich im Februar und März erst recht an der richtigen Stelle abgeholt.

Der Song ist ein Statement für sich. Wenn andere Leute ein Problem damit haben, dass du eine Meinung und Selbstbewusstsein hast:

„put your middle fingers up / say that we don’t give a fuck“

Caity ermutigt dazu, zu sich selbst zu stehen und lieber zu akzeptieren, ein „Problem“ zu sein als sich kleinzumachen. Genau das, was ich gebraucht hatte.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden


Side A, Track 4: Pretending – Fletcher

Oh Fletcher“In Search Of The Antidote”, veröffentlicht im April, war bis Juni der beste Release in diesem Jahr für mich. Dieses Album wird angetrieben von der Imperfektion, der messiness, die man in Fletcher’s Stimme hört. Das Album erzählt eine Geschichte davon, sich selbst zu verlieren – durch zu starke Emotionen, durch den Wunsch, etwas zu fühlen und dem Wunsch, sich selbst zu finden. Zu versuchen, einen Weg durch dieses Chaos zu finden. Für mich eines der wichtigsten Alben dieses Jahr.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden


Side A, Track 5: Growing Sideways – Noah Kahan

Mein musikalischer Mai bestand genau aus drei Artists: Noah Kahan, Taylor Swift und Gracie Abrams. Angeführt wurde der Monat von „Growing Sideways“ und Noah. Noah’s Musik ist eine ganz besondere Art von Umarmung für mich. Wenn ich an seine Musik denke, kommen mir Wörter wie „Sanftheit“, „Komfort“ oder „Verständnis“ in den Sinn. Ich höre wirklich zu und fühle mich dabei einfach so aufgefangen, dass die einzig passende Metapher wirklich eine Umarmung bleibt.

Und „spend my savings at a lulu, now I’m suffering in style“ hatte einfach immer eine gewissene Ironie an sich – wenn man sich schon nicht gut gefühlt, dann doch wenigstens in Style.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden


Side A, Track 6: Free Now – Gracie Abrams

Im Juni wurde dann das – in meinen Augen – beste Album des Jahres veröffentlicht. “The Secret of Us” von Gracie Abrams hat sich direkt in mein Herz gespielt, besonders der Song „Free Now“. Die Lyrics und die Geschichte, die sie mit diesem Song erzählt, mit ihrer sanften Stimme verbunden malen ein Bild von Verständnis, Geduld und Liebe, aber trotzdem Selbstachtung. Spätestens in der Bridge, wenn sich der Song intensiviert, fühlt es sich nach loslaufen an, dem Freimachen von einer Beziehung, die einem selbst nicht mehr gutgetan hat.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden


Side A, Track 7: Who’s Afraid Of Little Old Me? – Taylor Swift

Mai, Juni und Juli waren drei besondere Monate für mich. Zwar auch mit die schwersten, das konnte die Freude aber nicht überlagern. Und zwar Freude über Taylor Swift Konzerte. Während letztes Jahr die Eras Tour in den USA gestartet ist, konnten wir sie dieses Jahr endlich in Europa genießen – mit einem zusätzlichen neuen Album! Und alle Konzerte waren alles, wovon ich geträumt habe, und so viel mehr.

Taylor Swift hat offensichtlich wie alle Jahre einen besonderen Platz bei mir. Und dieses Jahr war es vor allem der Song „Who’s Afraid Of Little Old Me?“, der ein wenig öfter abgespielt wurde und ein bisschen intensiver gefühlt wurde. Wut war für mich eine wiederkehrende Emotion dieses Jahr und genau das hat dieser Song auch für mich wiedergespiegelt – ein Track über Selbstermächtigung, sich seine Gefühle und Erfahrungen zurückzunehmen. Auch wenn gewisse Dinge passiert sind, die nicht zu beeinflussen waren oder nun auch nicht mehr rückgängig gemacht werden können, kann man sich jetzt seine Wut zurücknehmen und sagen: „Bis hierhin und nicht weiter“. Und genau das ist dieser Song für mich.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden


Side B, Track 1: August 5th, 2021 – Lexi Jayde

Ich möchte eigentlich ungern zu viel vorneweg nehmen, indem ich über diesen Track schreibe. Als ich die EP “closer to closure” das erste Mal angehört hatte, hat mich „August 5th, 2021“ mehr als unvorbereitet getroffen – und war deshalb umso einprägsamer. Wenn ihr genauso off guard erwischt werden wollt, hört euch die EP am besten einmal an. Oder zumindest Track 3 bis 5 in dieser Reihenfolge. Trust me, it’s gonna be worth it. Wenn nicht, könnt ihr einfach weiterlesen.

Bei „August 5th, 2021“ handelt es sich nämlich nicht um einen Song – es ist eine Sprachnachricht, in der man Lexi weinen hört und sie ihr Unverständnis und ihren Schmerz ausdrückt. Und genau diese Sprachnachricht und auch ihr Inhalt haben mich so unerwartet getroffen. Dies in die EP zu inkludieren, verleiht sowohl Lexi als auch der ganzen EP auf eine andere Art von Verletzlichkeit – und daraus entstehend auch Stärke. Denn eine solch persönliche Nachricht öffentlich zu zeigen, schafft eine ganz gewisse Intimität.

Diese Audio läutet Side B des Mixtapes auch sehr treffend ein. Denn ab hier prägten vor allem vulnerable, ruhige und emotionale Songs die Monate.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden


Side B, Track 2: California – Chappell Roan

September war Chappell Roan Monat für mich. Ich konnte glücklicherweise eine Karte fürs Konzert in Berlin ergattern und somit eins meiner besten Konzerte dieses Jahr erleben. Das Outfit Motto („My Kink is Karma“), das Publikum, die Atmosphäre, einfach alles an diesem Konzert war ein solcher Safe Space, der mich alles andere für einen Abend vergessen ließ. Während die meisten sicher ihre Hits wie „Pink Pony Club“ oder „HOT TO GO!“ kennen, hat mich vor allem ein etwas unbekannterer Song auch nach dem Konzert nicht mehr losgelassen.

„’Cause I was never told that I wasn’t gonna get / the things I want the most“

hat mich direkt ins Herz getroffen – genau wie “Thought I’d be cool in California / I’d make you proud / to think I almost had it going / but I let you down”. Der Song drückt für mich Hoffnungslosigkeit aus, eine gewisse Resignation, die man spürt, wenn man etwas so sehr versucht hat, es aber trotzdem einfach unerreichbar bleibt.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden


Side B, Track 3: 9 Lives – Emei

Auch “9 Lives” zeigt genau diese verletzliche Seite, die in den anderen neun Tracks immer mal wieder zur Sprache kam. Viele dieser Songs fühlen sich für mich nach Gefühlen und Gedanken an, die zwar ständig existent sind, aber schön sauber in einer schwer erreichbaren Ecke verstaut werden. Und in sehr verletzlichen, ehrlichen Momenten wird ein Blick in genau diese Ecke geworfen.

Was sowohl „0 or 100“, „California“ als auch jetzt „9 Lives“ für mich so ausmachen, sind der starke Kontrast zu den sonst sehr empowernden Songs dieser Künstlerinnen. Songs, die von Selbstbewusstsein triefen, Selbstliebe und den eigenen Wert feiern. Aber nicht jeder Tag kann so sein – und diese Songs zeigen die andere Seite. Die Dualität beider Gefühle, die Ambivalenz und auch, dass diese berechtigt sind.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden


Side B, Track 4: Sad Anymore – FRENSHIP, OSTON, kate the dreamer

Ich war nicht nur viel wütend dieses Jahr, sondern auch viel traurig. Und es gab viele Songs, die mich in dieser Traurigkeit aufgefangen haben und mich das haben fühlen lassen. Und das war okay und auch gut so. Aber dieser Song drückt wieder einmal perfekt aus, wie ich selber irgendwann die Nase voll hatte von dieser Traurigkeit – „I don’t wanna be sad anymore“.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden


Side B, Track 5: stay a little longer – Rosé

Noch ganz frisch erst seit einer Woche draußen, hatte dieser Song mich doch sehr im Griff und wurde wahrscheinlich einmal zu oft in Dauerschleife gehört. Trotzdem hat er das gleiche erreicht wie „California“ oder auch „August 5th, 2021“ – er hat mich unerwartet getroffen, kurz innehalten und wirklich zuhören lassen.

Was mich einfach immer wieder überzeugt, sind Gitarren oder ein Klavier (in diesem Fall letzteres) mit heartfelt Lyrics und echter Emotion (meistens trauriger). Dieser Song erzählt eine ähnliche Geschichte wie der finale Track auf diesem Mixtape. Und um mich nicht zu wiederholen, kommen wir direkt dazu:

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden


Side B, Track 6: Stay – Gracie Abrams

Ich hatte ursprünglich überlegt, nur 12 Tracks auf das Mixtape zu packen. Das Jahr hat nur 12 Monate, aber Taylor Swifts Lieblingszahl ist 13 und dieser Rückblick erscheint am 13. Und bei einem Jahr von 12 Monaten fühlt sich die 13 wie eine Zugabe an – und Zugaben sind immer besonders wichtige Songs. Genau wie „Stay„.

Ein eher alter Track von Gracie Abrams, aber seit ich ihn gehört hab, einer meiner all time favourites. Jede Ambivalenz, jede Dualität, jede Zerbrechlichkeit, die in den anderen Tracks angesprochen wurde, habe ich zum ersten Mal in diesem Song gefunden. „Stay“ ist für mich der Inbegriff von Verletzlichkeit, Hoffnung und Sehnsucht in einem Song. Es geht Gracie in dem Song gar nicht darum, irgendetwas zu retten, es ist okay so, wie es gerade ist. Aber sich einfach ein letztes Mal bei der anderen Person sicher fühlen, das Gefühl nochmal aufsaugen. Alles an diesem Song ist fragil und verletzlich, aber gleichzeitig auch so beruhigend.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden

Noah Kahan gab seinen Top Hörer*innen dieses Jahr über Spotify Wrapped folgenden Ratschlag mit auf den Weg: „If you’re an emotionally stable person and you’re listening, I would consider listening to something else“. Und mit einem Blick auf diese Songs, zu denen auch Noah gehört, würde ich zu diesem Mixtape tatsächlich den gleichen Ratschlag geben.

related articles
musikvideo der woche
YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

new untold releases

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden

jahresrückblicke 2024
adventskalender
artists to watch 2025
untoldency presents
all of the untold

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden

untold pop up shows
YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden