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„Here I fuckin’ go again“ – Fletcher ist zurück mit ihrem Album „In Search Of The Antidote“

“Here I fuckin’ go again” – mit diesen Worten startet FLETCHER in ihr zweites Album “In Search Of The Antidote”. Bekannt für ihre unvergleichlich kontroversen Lyrics und komplexe Themen wie Identität, Ego und Selbstverwirklichung hat sie auch mit “The Search Of The Antidote” ein solches Werk geschaffen. Nachdem sie sich im letzten Jahr aufgrund gesundheitlicher Probleme etwas aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat, ist sie jetzt mit altbekannter Offenheit, Selbstreflexion und Selbstbewusstsein zurück.


It’s messy and ugly and healing

Das Album hat etwas von einem persönlichen Beichtstuhl. FLETCHER kommt von einem Platz kompletter Freiheit – eine Freiheit, die daraus stammt, alles zu fühlen und sich diese Gefühle zu erlauben. Was andere zurückhalten würden, weil es nicht ihre stolzesten Momente oder Gedanken sind, spricht sie gnadenlos aus. Sie schafft es immer und immer wieder, das Chaos und die Unordnung, die bei der Suche nach sich selbst und der Liebe entstehen, abzubilden. Es ist messy, es ist chaotisch und es werden – teils viele – Fehler gemacht. Aber es ist echt.


“Hopin’ you stay broken hearted
but that’s just my ego talking”


Vom Lernen & Wiedergutmachen

Während FLETCHER in ihrem Debütalbum “Girl Of My Dreams” noch mit Songs wie “Becky’s so hot” und “Suckerpunch” vor Selbstbewusstsein zu strotzen schien und auch mit “I Love You, Bitch” und “Girl of My Dreams” Selbstliebe zum zentralen Thema machte, spricht “In Search Of The Antidote” mehr von Unsicherheiten, vom Lernen und Wiedergutmachen. Sie verschweigt und beschönigt nichts. Sowohl der Sound des Albums als auch die Texte sind an manchen Stellen ungeschliffener, rauer. Dazu gehören auch stimmliche Unvollkommenheiten, welche die starken Emotionen durchkommen lassen, die hinter den Songs stecken.

Diese Message ist aber keine, die man direkt auf Anhieb versteht. Erst mehrmaliges Hören schafft ein besseres Verstehen für die Texte, für die Erlebnisse. Aber die Lektionen, die FLETCHER gelernt hat und mit uns teilt, sind das auch nicht. Die Verwirrtheit, die Sprunghaftigkeit, die diese Gefühle und dieses Album prägen, gehören zum Heilungsprozess dazu.

Promobild von Fletcher, sie schaut in einen Spiegel

Der stärker in den Mittelpunkt gestellte Gitarrensound verleiht dem Album eine gewisse Ungezähmtheit.

Ein Song, der heraussticht, ist “Two Things Can Be True”. Am Anfang eher noch unauffällig, entwickelt sich daraus schnell ein hartnäckiger Ohrwurm. Wie der Titel schon verrät, ist der Song eine verzweifelte Validierung von parallel existierenden Gefühlen.

Insgesamt lässt sich das Album als Alt-Pop gespickt von rockigen Passagen beschreiben. Songs wie “Doing Better” oder “Attached to You” werden genau davon angetrieben. Ruhige Songs wie “Crush” oder “Joyride”, ohne die sonst stark im Vordergrund stehenden Drums und E-Gitarren, unterbrechen die Getriebenheit, die sonst sehr oft präsent ist. Diese Widersprüche finden sich teilweise auch in einem einzigen Song: “Pretending” startet sehr soft, erst nur FLETCHER’s Stimme. Diese wird dann schnell ergänzt durch eine E-Gitarre, bis sich das Ganze bis zur Bridge stark steigert. Spätestens zum Ende des Songs liefern sich der Instrumental Part und die Vocals ein kleines Battle.

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Aus einem Brei an Emotionen die einzelnen Gefühle zu erkennen und herauszufiltern, hat aber genauso einen gewissen Widerspruch, fühlt sich ähnlich an. Diese sehr ähnlichen Gefühle und doch so unterschiedlich, wiederkehrende Muster und neue Erlebnisse zeitgleich machen das Navigieren zu einem kleinen Battle und das hört man den Songs an. Es ist nicht die Achterbahn der Gefühle, die “Girl Of My Dreams” war, sondern viel mehr ein wirres im Kreis drehen. Heilen ist eben nicht linear. Und das hat Fletcher in ihrem Sophomore-Album eingefangen.


After the glow up I was learnin’ how to grow up

Der Titel hält, was er verspricht – “In Search Of The Antidote” ist ein Album über die Suche, nicht über das Finden. Am Ende der 11 Songs fühlt es sich noch nicht so an, als wurde die Antidote gefunden. Aber auch das ist in Ordnung. Mit nur 31 Minuten ist das Album vergleichsweise kurz und vielleicht auch insgesamt nicht die musikalische Perfektion, die manche erwartet hatten. Aber das sollte es auch gar nicht sein. Mit einer sehr starken Vocal Performance, einigen “Did she really just say that?”-Momenten und gnadenloser Echtheit ist “In Search Of The Antidote” perfekt in ihrer Imperfektion. FLETCHER schafft es, ihre Fans an dem emotionalen Chaos, das sie empfindet, teilhaben zu lassen. Und dabei gleichzeitig zu zeigen, dass nicht immer alles auf Hochglanz poliert sein muss, sondern die eifersüchtigen, unsicheren Momente genauso menschlich und normal sind.

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