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Borninmay im Interview: »Der Sound soll die verschleierte Wahrnehmung an die Vergangenheit beschreiben.«

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Würde man den Blog nach dem Wort “Nostalgie” durchsuchen, würde man sicher so einige Treffer landen. Aber wie schön ist das? Dass Musik so starke Gefühle in uns erweckt, dass wir sie mit ganz persönlichen Ereignissen assoziieren? Situationen und Menschen, die uns derart geprägt haben, dass nur ein paar Gitarrenklänge, nur ein paar tiefsinnige Zeilen ausreichen. Und sofort werden wir zurück zu diesen Momenten katapultiert.

Heute stellen wir euch jemanden vor, der genau das perfektioniert hat. Borninmay, neu auf dem Radar, aber schon ganz groß darin diesen träumerischen Schleier in seine Musik zu legen. Ich habe mit dem Newcomer über seinen musikalischen Werdegang, seinen charakteristischen Sound sowie seine persönlichen Geheimtipps gesprochen.


Borninmay im Interview

Evelin: Erstmal ein herzliches Hallo! Schön, dass es geklappt hat. Wie geht es dir, wie war dein Tag bis jetzt?

Borninmay: Danke für die Einladung! Mir geht’s super, mein Tag war bisher entspannt und ich freue mich dieses Interview mit dir führen zu können.

Evelin: Nach meinem Empfinden bist du mit einer der aufregendsten Newcomer*innen. Denen, die dich noch nicht auf dem Radar haben, würdest du dich und deine Musik kurz vorstellen?

Borninmay: Ich bin Borninmay, 23 Jahre alt, komme aus einem kleinen verschlafenen Städtchen in Rheinland-Pfalz und produziere von meinem Zimmer aus Indie/Bedroom Musik. Neben meinen eigenen Songs beteilige ich mich auch an Produktionen für Künstler*innen aus verschiedenen Genres.

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“Ab einem bestimmten Punkt wusste ich dann was ich machen wollte”

Evelin: Unter anderem hast du bereits einiges für andere Künstler*innen produziert. Wie und wann kam die Entscheidung selbst zu releasen? Was war dein musikalischer Weg bis du bei deinem aktuellen Solo-Projekt gelandet bist?

Borninmay: Bis zu meinem jetzigen Solo-Projekt bin ich einige große Umwege gefahren und habe sehr lange nach einer Möglichkeit gesucht, mich musikalisch auf eine Art und Weise auszudrücken, die mich zufriedenstellen würde, weshalb ich mich in vielen Musikrichtungen ausgetobt habe. Die Entscheidung eigene Musik unter Borninmay zu veröffentlichen kam mir Anfang 2021. Zu diesem Zeitpunkt habe ich seit ca. eineinhalb Jahren eigene Beats und sehr experimentelle Musik à la Jai Paul und Ben Khan produziert und dachte, dass ich mich musikalisch endlich gefunden hätte. Dabei ist eine EP mit insgesamt 6 Songs entstanden, welche nun auf meiner Festplatte verweilt.

Zum selben Zeitpunkt arbeitete ich zusammen mit Tom Blanc seit Anfang 2020 an Instrumentals für sein Solo-Projekt und mit jeder Skizze gingen die immer mehr in Richtung Indie/Alternative Rock, Post Punk etc. Ab einem bestimmten Punkt wusste ich dann was ich machen wollte. Es war für mich ein Back To The Roots Ding. Viele Monate experimentieren, um letztendlich dann doch bei der Musikrichtung zu landen, die man sein Leben lang gehört hat. Da ich durch meinen Dad bereits als Kind, mit dem Gitarre spielen angefangen habe und sehr vertraut mit dem Rock Genre bin, war es die logische Schlussfolgerung in diesem Bereich zu bleiben und auch eigene Musik in diesem Stil zu produzieren. Wie schon erwähnt, habe ich viel experimentiert und mich in einigen Genre ausprobiert, jedoch fühlte sich keins so vertraut an wie das in dem ich mich zurzeit musikalisch auslebe.


Nostalgie und Verträumtheit

Evelin: Welchen Vibe, welche Gefühle soll deine Musik Hörer*innen vermitteln? Was erhoffst du dir?

Borninmay: Nostalgie und Verträumtheit sind so ziemlich die besten Begriffe, um den Vibe zu beschreiben, den ich versuche an meine Hörer*innen weiterzugeben. Ich erhoffe mir, dass sie sich in der Musik verlieren, aber auch gleichzeitig wiederfinden können. Wenn sich Hörer*innen mit meinen Songs identifizieren können oder bestimmte Ereignisse in ihrem Leben damit verbinden, ist das für mich das größte Lob.

Zudem erhoffe ich mir, dass die Songs nicht als kurzlebige Produkte wahrgenommen werden. Ich versuche mich so gut es geht von den jetzigen Musikstandards zu distanzieren und meinen Songs die Zeit zu geben, die sie brauchen, um sich vollständig entfalten zu können. Das Ganze bei einer Laufzeit von 2 Minuten unter einen Hut zu bringen ist für mich eher schwierig und nicht immer möglich, zumal ich gerne Zwischenpassagen einbaue in denen z. B. nur Gitarren zu hören sind. Insbesondere die Instrumentals drücken den Großteil der Emotionen aus, die ich meinen Hörer*innen vermitteln möchte.

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Ein endloser Lernprozess

Evelin: Gibt es bestimmte Songs oder Künstler*innen, die grundlegend verändert haben, wie du Musik machst oder erlebst?

Borninmay: Definitiv! Ich habe von sehr vielen Bands und Künstler*innen Einflüsse mitnehmen können, um diese letztendlich in meine eigene Musik einzubringen. Um ein Beispiel zu nennen: Das Album “Down Through” von Gleemer ist für mich eine unfassbar große Inspiration sowie auch der Frontmann der Band Corey Coffmann, welcher die Songs produziert. Bei diesem Album fasziniert mich die Komplexität der Gitarren, sprich die Akkordfolgen, Harmonien und wie diese ineinander verschwimmen, aber trotzdem sehr transparent bleiben. Alles klingt sehr warm, träge und schwer im Low-End-Bereich – ganz großes Kino für die Ohren.

Dank dieses Albums habe ich vieles dazu gelernt. Insbesondere wenn es darum geht, ein verträumtes Klangbild zu erschaffen, während man sich von der klassischen Arrangement-Abfolge eines Songs löst, um das Instrumental für die Emotionen sprechen zu lassen. Wenn Worte mal nicht ausreichen sollten. Bands und Künstler*innen, die mich in meiner Vorgehensweise beim Produzieren ebenfalls beeinflusst haben, sind CitizenWhirrDream CeremonyDelachuteMen I Trust uvm.

Zu der Art und Weise wie ich Musik erlebe kann ich sagen, dass sie sich tatsächlich erst dann verändert hat, als ich angefangen habe selber zu produzieren. Ich mache mir viele Gedanken über das Arrangement, das Sounddesign, den Mix, die einzelnen Instrumente und wie diese miteinander harmonieren. Mein Kopf arbeitet im Vergleich zu vorher ununterbrochen, sobald ich einen Track starte. Klingt nicht unbedingt danach als würde ich Musik genießen (lacht). Aber das Sezieren des allgemeinen Klangbildes bis hin zu den kleinsten Details macht mir sehr viel Spaß und hilft mir enorm, wenn es darum geht zu verstehen, was sich die Künstler*innen bei der Komposition/Post-Produktion gedacht haben. All diese Techniken wende ich dann letztendlich auch auf meine eigenen Produktionen an. Für mich ist alleine nur das Hören von Songs ein endloser Lernprozess, den ich wirklich sehr genieße.

Evelin: “Feels Like We Never Met” handelt davon, dass man für eine Person, die einst mit das Wichtigste auf Erden war, zum Fremden wird, eben als wäre man sich nie übern Weg gelaufen. Worum genau geht es in deinem neuesten Song “Moving Away”?

Borninmay: “Moving Away” handelt von Flucht und dem vergeblichen Versuch Abstand zu gewinnen. In Bezug auf sich selbst, emotionale Bindungen und Orte. Der Song führt im Prinzip die Thematik von “Feels Like We Never Met” fort, was zu Beginn nicht geplant war, mir aber schlussendlich als recht logisch erschien.

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“Die Songs stellen Erinnerungen dar”

Evelin: Deine Songs haben eine sehr nostalgische Art. Siehst du dieses träumerische Zurückblicken als toxische Eigenschaft oder hilft es dir dabei, Dinge, – besonders in deiner Musik – zu verarbeiten?

Borninmay: Wenn es um meine Musik geht, funktioniere ich am besten, wenn ich von Emotionen geleitet werde und so ehrlich wie möglich bin. Dafür greife ich gerne auf Thematiken oder Erinnerungen zurück, bei denen mir bewusst ist, dass es wichtig wäre sich damit auseinanderzusetzen. Das gehört irgendwie zum Prozess, ich reflektiere und verarbeite das Ganze in einem Rutsch beim Komponieren und Schreiben. Zumal sind diese Rückblicke auch Teil des Konzepts. Die Songs stellen Erinnerungen dar, die durch nostalgische und verwaschene Elemente, Rückblicke Revue passieren lassen. Dieser Sound soll die verschleierte Wahrnehmung an die Vergangenheit beschreiben, die nach und nach gemeinsam mit gewissen Emotionen verblasst.

Evelin: Ich vermute stark, dass es um dich herum immer lauter werden wird. Und dass wir noch einige aufregende Releases erwarten können (hoffe ich zumindest 😄). Was sind sonst noch deine persönlichen Ziele für dieses Jahr?

Borninmay: Zu den wichtigsten Zielen gehört, dass ich von nun an regelmäßig Musik veröffentliche und viel rumkomme. Des Weiteren habe ich noch ein paar Sachen geplant, die ich dieses Jahr umsetzen möchte. Was es genau sein wird, möchte ich an dieser Stelle noch nicht verraten. Abseits von meiner eigenen Musik freue ich mich darauf, die Songs für Tom Blancs Solo-Projekt fertigzustellen. An denen arbeiten wir schon sehr lange. Außerdem möchte ich mich an weiteren Projekten beteiligen. Bisher steht noch nichts fest, aber ich bin gespannt was die Zeit bringen wird. Ich habe seit dem Release von “Feels Like We Never Met” einige spannende deutschsprachige Künstler*innen kennengelernt, mit denen ich sehr gerne arbeiten würde. Am liebsten persönlich und vielleicht auch mal im Studio statt über Zoom.

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Borninmay’s Newcomer*innen Tipps

Evelin: Nach ausgiebigen Stalken deiner Spotify-Page 😄, hast du eine Vorliebe für Bedroom-Pop, New Wave und Post Punk. Das spiegelt sich ja auch in deiner eigenen Musik wider. Hast du ein paar Newcomer*innen Tipps oder Artists, die wir uns ganz besonders hinter die Ohren schreiben sollten?

Borninmay: Sehr zu empfehlen wäre an erster Stelle mein kanadischer Freund Delachute. Er produziert extrem einzigartige Musik und befasst sich in seinen Songs mit Interviews, die er mit Mördern und den Angehörigen der Opfer geführt hat. Absoluter Geheimtipp! Seine meistgehörte Single “Caligula” überzeugt von der ersten Sekunde an. Eine weitere Empfehlung wäre Chris Yonge, ebenfalls ein Musiker aus Kanada, den ich seitdem ich ca. 13 bin höre und für den ich letztes Jahr den Song “cool kids” produzieren durfte.

Weitere empfehlenswerte Bands/Artists und deren Alben/Songs wären:

Nürnberg – Skryvaj
Whirr – Ease
 & Younger Than You
Dream Ceremony – Hearts On Fire
bdrmm – Happy
Tom Blanc – Wovor hast du Angst?
dj ignorant – i don’t want to lose you


Evelin: Am Ende jedes Interviews bitten wir immer um eine untold story. Das kann ein random Fakt über dich sein, eine kleine Anekdote, irgendwas Witziges, das im Studio passiert ist, usw. Kurz gesagt irgendwas, was du noch nicht mit der Welt geteilt hast, was du jetzt aber gerne wollen würdest. 😊

Borninmay: 2020 fing ich an, aktiver Beats zu produzieren. Ich bin, ohne jegliche Studio-Erfahrungen in der Rolle als Produzent gesammelt zu haben, sehr oft in Sessions mit Artists geraten, die musikalisch das absolute Gegenteil von dem waren, was ich zu Beginn produzierte und privat hörte. Es ging meistens nur um Hip-Hop, Rap, RnB usw. Zu dieser Zeit war ich in einem Tonstudio als freiwilliger Audio-Engineer aktiv. Ich kannte mich lediglich mit Mixing und Mastering aus, was anscheinend dabei half, die Illusion aufrechtzuerhalten.

Das Ganze sprach sich ein wenig rum und mit der Zeit produzierte ich dann immer mehr Songs für Artists, deren Genre mir von der Produktionsweise her völlig unbekannt waren. Auf jeden Fall informierte ich mich während den Sessions nebenbei über die jeweilige Musikrichtung, die produziert werden sollte. Und zu meinem Glück funktionierte es ziemlich gut. Die dabei entstandenen Songs waren echt solide. Ich höre sie mir heute noch an. Ich frage mich, wie ich das zu diesem Zeitpunkt auf die Kette kriegen konnte. War stressig, aber auch ziemlich lustig und trotz der musikalischen Differenzen hatte ich viel Spaß mit den Artists. Konnte eine ganze Menge aus der Zeit in diesem Studio lernen!

Evelin: Danke dir für deine Zeit!

Borninmay: Sehr gerne, danke auch für die Möglichkeit!

So wie ich Borninmay im Interview sowie im generellen Austausch miteinander erlebt habe, merkt man, wie engagiert und passioniert er ist. Und das wird sich auszahlen, da bin ich mir sicher. So rund wie die ersten Songs schon klingen, kann alles, was noch kommt, nur genauso geil sein. Tut euch selbst einen Gefallen und hört in beide Songs rein! Bei einem Stream wird es da safe nicht bleiben 😉

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Fotocredits: Philip Svigersøn
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