Amilli verbindet R’n’B, warmen Soul und poppige Melodien. Die junge Bochumerin ist seit letzten Jahr weitbeachteter Kritikerliebling und beweist mit ihrer neuen EP Pulling Punches, wieso. Anna hat sie vorm Lockdown zum Interview getroffen, um nicht nur ihren Weg bis hier hin, sondern auch darüber zu reden, wie wichtig es ist, dass sich mehr weibliche Personen in die Musikszene trauen.
Amilli im Interview
Anna: Hey! Cool, dass das geklappt hat. Wie geht’s dir?
Amilli: Ja, sehr gerne! Mir geht’s gut, bisschen müde, aber gut 😊
Anna: Deine neue EP Pulling Punches ist seit ein paar Wochen draußen. Wie geht’s dir damit? Bist du noch ein bisschen aufgeregt?
Amilli: Ach, das geht eigentlich, ich war eigentlich gar nicht aufgeregt (lacht). Ich freu mich einfach nur mega, dass es jetzt draußen ist und so gut angekommen ist.
Anna: Bevor wir da aber im Detail drüber reden, würde ich gerne noch ein bisschen über deinen Weg dahin und dich als Künstlerin reden. Deine Soundästhetik wird immer wieder mit Lana Del Rey-Vibes aus Los Angeles verglichen. Wie würdest du sie selbst beschreiben?
Amilli: Das ist witzig, weil viele benutzen immer diesen Lana Del Rey Vergleich, aber ich weiß gar nicht so richtig vorher das kommt, weil ich nie so richtig viel Lana Del Rey gehört hab (lacht). Ja, keine Ahnung, ich hab immer schon viel amerikanische Musik gehört, viel Soul und Hip Hop und so. Ich glaube, das es das halt einfach unterbewusst beeinflusst hat. Vielleicht kommt’s daher. Ich find das aber auch immer ein bisschen schwierig, das in so Schubladen zu stecken. Wenn ich es einordnen müsste, dann ist es wahrscheinlich so Neo-Soul, bisschen R’n’B und bisschen Pop.
Anna: Du hast ja auch schon sehr früh angefangen, Musik zu machen. Wann wusstest du, dass du „so richtig“ Musik machen willst?
Amilli: Ich spiel seit ich sechs bin Klavier und hab auch mal in so einem Chor gesungen und für mich selbst, aber nie gedacht, ich möchte jetzt richtig Sängerin werden oder so. Ich hab dann so einen Song mit 17 oder so aus Spaß gemacht und dann wurde der auf Soundcloud auf einmal voll groß. Dadurch hab ich dann Leo kennengelernt und wir haben angefangen Musik zu machen. Und dann mit der Krone eigentlich erst kam das dann so, dass ich dachte, krass, jetzt mach ich jetzt Musik (lacht).
Anna: Wie oft wirst du nach Rarri gefragt und was der Song für deine Karriere bedeutet hat?
Amilli: Wie oft ich gefragt werde? Oft (lacht). Es war halt so der Kick-Off Song.
Anna: Hat sich deine Beziehung zu dem Song dadurch verändert?
Amilli: Auf jeden Fall. Also das ist eigentlich bei allen Songs so, je länger die draußen sind, desto mehr entfern ich mich da ein bisschen von. Ich glaube, das ist auch was Positives, weil man sich halt weiterentwickelt und irgendwann hat man nicht mehr so die Verbindung zu den Songs, wie man sie zu dem Zeitpunkt hatte. Aber das ist glaub ich voll normal und auch voll okay.
Anna: Hättest du gedacht, dass der so durch die Decke geht?
Amilli: Never. Also ich hatte ja auch überhaupt keinen Plan, dass das überhaupt geht so von null auf hundert (lacht). Also nee, hätte ich niemals gedacht.
“Es macht auch einfach mega Spaß”
Anna: Ich hab tatsächlich wie viele andere auch deine Karriere verfolgt, seit du den 1 Live Förderpreis gewonnen hast. Ich hab auch, mal kurz am Rande, direkt nach der Verleihung immer mal wieder geguckt, wie viele Follower du hast und das ist ja alle zwei Minuten unfassbar gestiegen. Wie war das für dich auf einmal mit so 10.000 Followern mehr am nächsten Tag?
Amilli: Krass. Also, die Zahl ist gar nicht so wichtig, sondern eher die Tatsache, dass es einfach so viele Leute gibt, die die Musik gut finden und da immer mehr zukommen. Und das ist einfach schön.
Anna: Seitdem hat sich ja unfassbar viel für dich verändert, Musik ist jetzt zu deinem Beruf geworden. Wie fühlt sich das an, hast du dich mittlerweile an diese „neue Normalität“ gewöhnt oder bist du manchmal immer noch ein bisschen geflasht davon?
Amilli: Auf jeden Fall, immer wieder. Manchmal packts mich wieder so. Ich weiß gar nicht, wenn ich so Nachrichten bekomme von Leuten, die mega rührend sind oder immer, wenn man’s im Radio hört, ist das schon immer noch krass.
Anna: Ich kann mir vorstellen, dass diese riesengroßen internationalen Vergleiche und Erwartungen an deine Karriere auch vor allem am Anfang mit noch jungen Jahren sehr viel Druck ausüben. Wie gehst du damit um?
Amilli: Also am Anfang gab’s natürlich schon so Momente, wo ich von außen schon Druck verspürt hab, aber das war nie so krass irgendwie. Ich hab mir eher Druck selber gemacht irgendwie. Aber, ja, es war jetzt nie so, dass ich mich so krass von außen hab beeinflussen lassen.
Anna: Jetzt hast du deine zweite EP „Pulling Punches“ veröffentlicht, die ich sowohl inhaltlich als auch musikalisch sehr stark finde. Welche Themen hast du mit der EP verarbeitet?
Amilli: Es geht natürlich viel um Beziehungen und so, aber auch um die Rolle als Frau in Beziehungen und der Gesellschaft. Damit hab ich mich auch einfach viel beschäftigt in den letzten Monaten.
Anna: Hast du einen Lieblingssong?
Amilli: (überlegt) Schwierig, aber ich glaube, es ist Pulling Punches. Das ist der einzige Song, der schon ein bisschen älter ist und auch einer der ersten Songs ist, die ich überhaupt geschrieben habe.
Seit ich den gemacht hab, war das eigentlich mein Lieblingssong. Also das ist so ein Song, auf den ich wirklich stolz drauf bin. Wir haben den auch seitdem wir den aufgenommen haben kein bisschen verändert, es ist immer noch die gleiche Aufnahme.
Anna: Würdest du generell sagen, dass du bei der zweiten EP jetzt Sachen anders gemacht hast verglichen zur ersten?
Amilli: Ja, ich hab mich einfach voll weiterentwickelt. Sowohl persönlich als auch musikalisch und das spiegelt diese EP glaub ich ganz schön wieder. Die EP jetzt ist ein bisschen organischer, bisschen weniger elektronisch und ich hab auch ein bisschen mehr selbst beim Produzieren mitgeholfen. Ich kann’s immer noch nicht so richtig krass, aber ich hab jetzt mehr Ahnung als früher. Es macht auch einfach mega Spaß. Man entwickelt dann irgendwann so ein Gefühl, ob der Song das macht, was er für einen machen soll, oder ob irgendwas fehlt.
Anna: Den Titeltrack Pulling Punches hast du kürzlich auch erst mit einem Streichquartett über die Loft Art Frames live performt – ich find’s richtig geil. Wie fandest du’s?
Amilli: Das war krass (leuchtet auf). Die haben mich gefragt, ob ich das machen möchte, und ich hatte natürlich mega Bock, das mit Streichern zu machen, das ist doch voll der Traum (lacht). Dann haben wir denen den Song geschickt und die haben quasi komplett alleine so ein Arrangement dafür gemacht. Ich kam dahin und hatte noch gar nichts gehört und dachte, dass wir irgendwie erst proben oder so, aber die waren alle so nee, wir sind fertig (lacht). Und dann hab ich da halt einfach angefangen zu singen und die haben dazu gespielt, das war richtig krass.
Anna: Hat das für dich auch noch mal ne andere Perspektive auf den Song gegeben?
Amilli: Mega, also es ist voll anders den Song nochmal auf so ne ganz andere Art interpretiert zu hören. Und diese Vorstellung, dass ich als klein Amelie diesen Song zuhause in meinem Zimmer geschrieben hab und dann drei Jahre später da mit einem Steicherquartett stehe und diesen Song spiele, war krass.
Anna: Was waren früher deine „unerreichbaren“ Ziele?
Amilli: Mhm… Ich war nie so mega die Person, die sich krasse Ziele gesetzt hat, eher so kleinere und halt weiß ich nicht, ich bin lieber immer einfach im Hier und Jetzt, so cheesy das auch klingt (lacht).
Anna: Und gibt es neben dem Hier und Jetzt auch größere Sachen, die du erreichen möchtest?
Amilli: Na klar möchte ich so viele Leute wie möglich mit meiner Musik begeistern, das ist natürlich klar. Und es gibt auch so ein paar Venues oder so, wo ich gerne mal spielen möchte. (überlegt) Zum Beispiel gibt es in England die Royal Academy, sowas wär krass. Aber das ist halt so die créme de la créme (lacht).
Anna: Was würdest du jungen Künstlerinnen sagen, die noch ein bisschen am Zweifeln sind, ob das wirklich alles was wird?
Amilli: (überlegt) Ich glaube, wahrscheinlich so die Tatsache, dass nicht alles immer über Nacht passiert. Das ist nicht normal (lacht). Also klar ging das bei mir schon irgendwie sehr schnell und bisschen über Nacht, aber ich bin halt immer noch kein Superstar und das hat alles seine Zeit. Man kann nicht von Tag 1 an der selbstbewussteste Mensch sein, der alles schon kann. Das kann man alles irgendwie noch lernen und man braucht einfach Zeit, um sich weiter zu entwickeln. Man sollte sich nicht so einen Stress machen und sich nicht mit anderen Leuten vergleichen, die über Nacht irgendwie 2 Millionen Aufrufe haben oder so.
Anna: Schön! Damit würd ich auch zur letzten Frage kommen, die bei uns immer als blank space dient. Jegliche letzten Gedanken kannst du jetzt noch loswerden! 😊
Amilli: Also falls ihr ein Mädchen oder eine Frau seid, dann macht Musik! Lasst euch von nichts aufhalten. Es gibt so wenige weibliche Personen, die Musik machen und sich trauen. Und folgt Florence Given auf Instagram, das ist eine feministische Aktivistin, die sehr hilfreiche Dinge postet.
Hört hier in Amillis EP Pulling Punches rein:
Fotocredit: Niren Mahajan