Mavi Phoenix könnte einigen von euch bereits mit Aventuraoder Bite über den Radar gesprungen sein. Der Österreicher, der sich letzten Sommer als transgender identifiziert hat, war außerdem bereits 2017 mit den Jungs von Bilderibuch auf der „Magic Life“-Tour und erst Anfang diesen Jahres mit Milky Chance auf ihrer „Mind The Moon“-Tour. Mavi macht schon seitdem er 11 ist Musik, mit 13 veröffentlichte er seine ersten Songs auf MySpace. Nun hat er sich wieder ans Produzieren gemacht und gibt uns nach mehreren EPs mit dem Debütalbum Boys Toys einen Einblick in den Transformationsprozess seiner Gender-Identitätsfindung. Vom sexy Player bis zum Familienvater ist alles in Boys Toys vereint. Ich hab mich ans Werk gemacht und das für euch auseinander genommen.
ARE YOU READY?
Einleitend kann ich hier mal sagen, dass Debütalben immer eine bestimmte Art von Erwartung in mir auslösen. In Zeiten von Spotify und anderen Streaming Diensten ist das Konzept vom Album immer mehr zurückgegangen. Vor allem Newcomern stützen sich am Anfang immer mehr auf EPs und Single Releases, bevor das Konzept Album in voller Länge in Angriff genommen wird. Ich bin gespannt, wie sich das Konzept Boys Toys anhört und drücke auf Play.
Der Titelsong Boys Toys beginnt mit einem richtig gut gebauten Loop, der Mavis Autotune, für den er so bekannt ist, schon anklingen lässt. Mit tiefem Bass fängt Mavi dann an, über den vielschichtigen Beat zu rappen, aber was für ein Beat. Ich spul zurück und spiel’s direkt wieder von vorne. Beim zweiten Hören erinnert er mich ein bisschen an sein Aventura (guter Song, hört rein). Musikalisch bin ich hier also schon mal voll dabei. Es ist überhaupt nicht langweilig, sondern klingt experimentell und aufregend, als würde es uns alle mal ein bisschen aufrütteln wollen und sagen: hey, hört her, so klingt Boys Toys!!! Und wie sich herausstellt, lieg ich damit gar nicht so falsch: Mavi verrät, dass Boys Toys sein alter Ego als 10-jähriger Junge darstellt und mit dem Wissen im Kopf, hör ich auch die mit Autotune verzerrte Stimme ganz anders: Sie hört sich tatsächlich an wie ein kleiner Junge, der uns, hochmotiviert (ich fühle mich fast ein bisschen angeschrien) die ganzen Sachen zeigen will, die ihn begeistern. Mich hat er.
Zwischen Deepness und Aufbruch-Mentalität
Eine kleine Zwischenbilanz
Player ist stripped down und noch eine Schippe ruhiger als Bullet To My Heart. Ganz anders als die Lyrics, denn hier singt Mavi über die Fantasie des Frauenaufreißers –einfach mal ein Player sein eben. Es hat ein sehr schönes und ruhiges Outro, das einen kurz in eine andere Welt mitnimmt. Man hat kurz ne Pause.
Ein Meilenstein für die Trans-Community? Sehr wahrscheinlich.
Player ist vorbei und mein Lieblingssong kommt. Strawberries ist einfach nur ein ganzer Vibe, der sich direkt an Player anfügt. Ruhig und melancholisch, mit viel Bass und Melodie, ich hör sogar ein Saxophon. „How could I be man enough for you?” fragt Mavi und ich fühl’s voll muss ich sagen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie empowering das ganze Album für die Trans-Community sein muss, wenn ich es schon so fühle. Mavi spielt mit verschiedenen Stereotypen von Männlichkeit, und versucht sich selbst dabei zu finden. Das ist nie so ganz einfach, wenn man seinen Platz in der Gesellschaft als Transmann leider immer noch erkämpfen und verteidigen muss. Aber:
JUST BECAUSE MY VOICE IS HIGH DOESN’T MEAN I’M NOT A GUY
Ganz genau, Mavis Boys Toys verfremdete Kinderstimme hat Recht. Und dass er selbst mit höherer Stimme ein bomben Album bis hier hin geliefert hat, steht auch fest. Fck It Up ist ähnlich wie Choose Your Fighter voller Tatendrang, die Dinge zu verändern bzw. einfach mal ein bisschen provokativ zu rebellieren. Doch Mavi kann auch anders. In Family schafft er eine ähnliche Stimmung wie in Player aufzugreifen und dabei thematisch doch was ganz anderes zu bearbeiten. Es geht hier um die Gründung einer Familie und Mavi als Transgender Dad –wenn auch nur hypothetisch.
Post Summer und Who I Am sind definitiv beide persönlichere und ernstere Songs, die den perfekten Abschluss für das Album bilden. Vor allem Who I Am, das definitiv als Hymne durchgeht, ist ein überzeugender Abschluss des Konzept-Albums. Vibe-technisch gibt es auch hier einen fetten Daumen hoch von meiner Couch aus, aber ihr müsst es an besten mal selbst hören, um euch davon zu überzeugen, dass euch hier nicht nur irgendjemand irgendetwas erzählt. Denn auch oder gerade weil es musikalisch so unglaublich viel abdeckt, erzählt Mavi eine sehr persönliche Geschichte, der wir alle mal zuhören sollten.
Deshalb hier Mavis Debütalbum Boys Toys in voller Länge: