Manchmal hab ich Momente oder Situationen, in denen ich jeden Song skippe, weil mich jede, auch meine liebste, Musik stresst oder nervt. Dafür habe ich letztes Jahr endlich eine Lösung mit dem Namen Verifiziert gefunden. Obwohl ihre Musik mich immer entspannt und runterholt, wenn alles andere es nicht schafft, ist sie aber keines Wegs langweilig. Mit ihren anschaulich beschriebenen Texten malt die Wiener Künstlerin ihren Hörer*innen ein imaginäres Bild verschiedener Szenarien unterlegt mit angenehm sanften Hiphop-Beats und Melodien. Ob es sich dabei noch um Rap oder schon Pop handelt, sei dahingestellt, aber auch vollkommen egal. Fakt ist, Verifiziert ist eine derzeit einzigartige Bereicherung für die deutschsprachige Musik. Und das ganz ohne Zwang. Ihre Tracks und beinahe filmischen Erzählungen klingen so natürlich leicht und weich, als könnte sie niemals etwas anderes tun. Im vergangenen November veröffentlichte sie 40100, bestehend aus neun Songs. Schon da war das Verfestigen des eigenen Stils und eine deutliche Steigerung zu bisherigen Releases zu erkennen und lässt auf jeden Fall gespannt auf ihre musikalische Zukunft blicken.
Dascha: Hi, wie geht es dir?
Verifiziert: Hi, ganz gut, ein bisschen müde, aber sonst passt alles. Und dir?
Dascha: Nice, mir auch. Ist einfach so eine müde Zeit im Moment. Kannst du dich mal Anfang selbst kurz vorstellen?
Verifiziert: Also ich bin die Veri, bin 25 Jahre alt und eine Wiener Künstlerin. Ich bin ein bisschen in’s Musik Machen reingerutscht ohne jegliche Erwartungen und jetzt bin ich nicht mehr ohne.
Dascha: Wie würdest du deine Musik in nur drei Wörtern beschreiben?
Verifiziert: So eine Frage hatte ich letztes Jahr schonmal und da hab ich gesagt „Nacht, betrunken und verliebt.“ Ich glaube schon, dass es immer noch passt, vielleicht würde ich statt „verliebt“ aber eher „verträumt“ sagen.
Dascha: Ich finde auch, dass das gut passt! Wie kam es dazu, dass du dich Verifiziert nennst?
Verifiziert: Also mein Spitzname ist Veri. Ich wollte eigentlich vor ungefähr vier Jahren nur einen witzigen Instagram-Namen haben, wo halt mein Spitzname vorkommt. Dann hab ich direkt Verifiziert nachgeschaut und war voll überrascht, dass das überhaupt noch auf Instagram als Name verfügbar war. Mir wurde sogar schon Geld für den Namen geboten, weil’s so rare ist. (lacht) Dann hab ich mich einfach nicht mehr umbenannt. Es war eigentlich nie als Künstlerinnenname gedacht, mein Insta-Name ist einfach geblieben.
Dascha: Du kommst ja wie bereits erwähnt aus Wien. Wie viel Wien steckt in deinen Songs und speziell in deinem neusten Tape drin?
Verifiziert: Schon sehr viel, weil alles, was ich bis jetzt geschrieben hab Erinnerungen oder Geschichten aus Wien sind. Weil ich halt einfach die meiste Zeit hier bin, die meisten Friends und Family hier hab und die meisten Songs auch in Wien entstanden sind. Deswegen glaub ich schon, dass das sehr wichtig ist. Ich merke, dass es was anderes ist in Wien Musik zu machen als in Berlin. In Berlin bin ich dann im Studio und es wird gearbeitet. Hier bin ich halt bei Friends zu Hause und wir machen vielleicht Musik oder quatschen einfach nur. Ich mag beides, aber hier ist es einfach ein bisschen entspannter.
Dascha: Es gibt ja noch einige andere coole Künstler*innen aus Wien oder auch Österreich generell. Würdest du sagen da gibt es eine feste Szene und siehst du dich als Teil davon?
Verifiziert: Ob ich mich als Teil sehe weiß ich gar nicht so genau. Es gibt schon Bubbles, aber da bin ich nicht wirklich in einer drinnen. Aber ich versteh mich mit allen gut. Es gibt bei der Musikszene zum Beispiel den Swift Circle oder Skofi und Skyfarmer, mit denen ich auch schon zusammengearbeitet habe. Oder Heiße Luft, das ist ein Musiklabel bei dem mein Produzent food for thought auch drin ist. Es gibt ganz viel, wenn es in die Richtung „Deutschrap“, wenn’s überhaupt noch Deutschrap ist, geht. Da kennen sich alle über Ecken. Allerhöchstens über zwei Ecken. Ich weiß gar nicht, ob das wirklich so eine Bubble ist oder ob Wien einfach so klein ist, dass man sich so oder so kennt.
Dascha: Und du arbeitest ja viel mit Florida Juicy zusammen. Wie ist es dazu gekommen?
Verifiziert: Als mein erster Song im Radio war und so drei Tausend Streams hatte, hat mein Management mich über Instagram entdeckt. Die sind Berliner und gut mit Florida Juicy’s Management befreundet. Dann wurde ich gefragt, ob wir uns nicht einfach mal kennen lernen wollen, weil sie sich eine coole Zusammenarbeit ganz gut vorstellen könnten. Ich war meeega nervös, weil ich voll der Erotik Toy Records Fan war. Ich war so „Oh Gott, ich treffe Florida Juicy„. Wir haben uns dann in Berlin getroffen und sofort so gut verstanden. Es ist jetzt auch so, dass wir wöchentlich Kontakt haben, nicht nur wegen Musik, wir sind echt gute Freunde geworden. Ich glaube auch sehr an Schicksal. Das war kein Zufall, dass wir beide uns so richtig gut verstehen.
Dascha: Sehr cool! Du hast ja vor ungefähr drei Monaten dein Tape 40100 rausgebracht. Ich finde du thematisiert in deinen Songs oft alltägliche Situationen und Eindrücke. Sind das Momente, die du erlebst und du achtest deswegen vermehrt darauf oder sind die erfunden?
Verifiziert: Die meisten sind schon irgendwie mal passiert. Manchmal ist mir was davon passiert und ich male dann noch ein paar Sachen im Kopf dazu. Oder ich verbinde zwei Geschichten. Zum Beispiel auf Skit hab ich zwei unterschiedliche funny Stories, die mir passiert sind, connected. Sowas mach ich voll gern. Oder dass ich mal Situationen nehme, die Freund*innen passiert sind. Ich denke generell sehr viel nach, mein Kopf ist immer unter Strom und immer voll. Das hat Vor- und Nachteile. Ich glaube dadurch schaffe ich es, mir aus voll langweiligen oder mega normalen Sachen ein großes Bild draus zu machen.
Dascha: Wo wir schon dabei sind – Ist die Story aus Skit mit dem Tattoo auf dem Arsch so passiert?
Verifiziert: Vielleicht! Man weiß es nicht. (lacht)
Dascha: Na gut, es ist auf jeden Fall eine funny, unerwartete Line. Mein Lieblingstrack von dir ist aber Stromausfall. Den hör ich sehr, sehr oft. Deswegen würde mich interessieren, aus was für einem Gefühl und Setting der Song entstanden ist. Was war das für eine Zeit?
Verifiziert: Danke! Ich hab den in Berlin geschrieben, das war der zweite, den ich mit Florida Juicy gemacht hab. Mir ging’s da voll gut, aber ich hab sehr viel reflektiert. Ich hab sehr an die Zeit vor damals einem Jahr gedacht, weil das die Zeit war, wo ich es finally geschafft habe, alleine happy zu sein. Ich hab früher einsam und allein nie unterscheiden können. Wenn gerade niemand bei mir war, hab ich mich sofort einsam gefühlt. In dem Song hab ich ja eher abstrakt drum geschrieben, aber ich habe schon sehr an dieses Gefühl gedacht. Dass man es endlich schafft, es zu appreciaten alleine zu sein. Das war die Phase, wo ich alleine sein richtig gut fand.
Dascha: Voll schön, das kommt beim Hören auch durch! Ansonsten kommt in deinen Songs auch oft was zu Schlaflosigkeit oder einfach das Wort „schlaflos“ vor. Schläfst du wirklich so wenig?
Verifiziert: Zur Zeit geht’s voll. Ich schlafe, glaube ich, normal viel. Aber ich habe immer ganz starke Einschlafschwierigkeiten, weil ich da immer richtig viel nachdenke. Ich hab jetzt gemerkt, dass ich nur normal einschlafen kann, wenn mein Freund noch was schaut und ich nicht meine eigenen Gedanke höre, sondern die Serie oder so. Normalerweise plane ich beim Einschlafen meine nächsten zehn Jahre im Kopf oder gehe Szenarien von vor fünf Jahren durch. Damit hab ich schon Probleme. Also, es ist nicht mega schlimm, aber mein Kopf arbeitet in der Nacht einfach am stärksten.
Dascha: Voll, versteh ich. Wie würdest du sagen haben sich deine Songs oder auch du selbst von deinen Anfängen bis jetzt verändert?
Verifiziert: Ich rede jetzt einfach mal auch über Sachen, die noch kommen werden. Ich glaube es ist alles viel selbstbewusster geworden. Einerseits war es am Anfang wirklich nur for Fun, also jetzt macht es natürlich auch Spaß, aber am Anfang habe ich gar nicht nachgedacht. Vor und während 40100 war es mit viel Nachdenken verbunden, aber schon selbstbewusster, weil ich auch mehr Bestätigung von außen bekommen hab. Hätte ich nicht gedacht, aber das macht schon sehr viel aus, wenn plötzlich fremde Leute deine Musik hören. Das ist schon ein sehr special Feeling. Mittlerweile ist die Musik wirklich sehr viel selbstbewusster geworden, es geht mir einfacher über die Lippen. Es ist bei den nächsten Songs auch nicht mehr so viel Herzschmerz dabei wie bei den vorherigen Songs. Es wird einfach cooler, nicht im Sinne von „ich bin cool“, sondern im Sinne von nicht zu viel nachdenken.
Dascha: Also würdest du sagen, du bist auch selbstbewusster geworden mit der Zeit?
Verifiziert: Hmm ja, es gibt natürlich ups and downs. Wie bei jedem, glaube ich. Ich hab auch früher immer schon gedacht „Hä, wieso hören Leute meine Musik?“, ich fand das immer total strange. Jetzt mittlerweile hab ich aber die Bestätigung, dass es viele Leute gibt, die cool finden, was ich mache. Vor allem Leute, denen es irgendwie hilft, davon bekomme ich auch viele Nachrichten. Das gibt mir voll viel Stärke.
Dascha: Und wer oder was inspiriert dich selbst oder hilft dir? Sei es musikalisch oder menschlich.
Verifiziert: Ich merke bei jeder Studiosession und bei jeder Person, die ich treffe, mit der ich über Kunst und Musik rede, dass ich mir da Inspirationen hole. Ich finde wirklich alle Musiker*innen, mit denen ich zu tun habe, inspirierend. Aber auch alle anderen Artists, sei es Grafikdesign oder Malerei. Meine beste Freundin malt sehr viel und wenn ich ihre Bilder anschaue, krieg ich auch direkt Ideen. Ich kann mir da aus meinem Umfeld schon sehr viel rausholen. Und aus meinen eigenen Gefühlen. Also, wenn man Gefühle die man hat oder mal hatte, reflektiert.
Dascha: Gibt es Musik oder Musiker*innen die du sehr feierst, bei denen man es anhand von deiner eigenen Musik nicht unbedingt von dir erwartet?
Verifiziert: Ich hör voll viel klassische Musik. Also nicht nur so Calming Piano Sachen, sondern auch Symphonien, Beethoven zum Beispiel. So richtig epische klassische Stücke. Dann hör ich auch noch viel Drum and Bass, weil ich damit ein bisschen aufgewachsen bin. Das ist die Musikrichtung, die ich am aller meisten gehört habe seit ich 13 bin. In Wien war die Drum and Bass Szene immer sehr groß, auch was Clubbing betrifft. Ich fand Techno nie so nice, Drum and Bass war immer cooler.
Dascha: In welcher Location oder auf welchem Festival würdest du gerne mal spielen? Egal wo.
Verifiziert: Ich glaube, dass das Melt mein Traum wäre. Da war ich selbst schon 2018 und 2019 und ich fand’s so geil! Da war so eine schöne Atmosphäre und alle waren irgendwie so wholesome.
Dascha: Ferropolis ist auch einfach mega nice als Location. Wo wir schon bei Liveshows sind: Hast du Pläne für eine Tour?
Verifiziert: Ja, das ist gerade in Planung. Wir überlegen, ob es vielleicht Ende des Jahres eine gibt. Aber dadurch, dass man gerade nur schwer fest planen kann, kann ich da leider nichts versprechen. Es wird auf jeden Fall irgendwann mal eine Tour geben. Und auf einigen Festivals bin ich auch!
Dascha: Yes, auf einem Festival werden wir uns auch sehen. Bleiben wir mal bei Träumen und Zukunft, gibt es da für dich ein Traumfeature?
Verifiziert: Also so im „möglichen“ Bereich ist das voll schwer zu sagen, da hab ich kein absolutes Traumfeature. Im unmöglichen Bereich würde ich Frank Ocean oder Young Lean sagen, weil ich finde das sind die absolut besten Musiker. Oder Charli XCX. Aber es gibt viele, mit denen ich eigentlich gerne mal Musik machen würde, zum Beispiel auch Viko36 und penglord. Ich hab immer lieber kleine Träumchen, die ich mir irgendwann wirklich erfüllen kann.
Dascha: Ein Feature mit Longus Mongus hast du ja schon auf Rotkäppchen. Aber was ist dein Lieblingsdrink?
Verifiziert: Zur Zeit glaube ich Mimosa. Ich weiß nicht genau, wie man den im Original macht, aber ich mache oft Sekt in ein Glas mit Orangensaft und gefrorenen Erdbeeren, die ich im Blender cremig mache. Das schmeckt zusammen so geil, das hab ich in letzter Zeit am liebsten getrunken. Also gerade ist es auf jeden Fall Sekt.
Dascha: Das klingt so lecker, jetzt will ich das auch ausprobieren. Aber eine sehr wichtige Frage hab ich noch. Wieso ist dein Spotify-Profilbild du, aber als Shrek?
Verifiziert: (lacht) Ich hatte vor dem Shrek-Bild ein Bild von mir mit so einer ganz kleinen Schwimmbrille auf. Dann war ich ein mal in einer Modus Mio-Rankingliste von female Artists. Und alle hatten so richtig hotte Pics, wo sie ihre schönen Beine zeigen und full on Make-Up, richtig gute Fotos. Und das letzte Foto war meins mit dieser Schwimmbrille. Ich fand das so lustig, dass ich mir gedacht habe, das will ich noch eine Weile durchziehen, dass ich Trash-Fotos von mir nehme. Irgendwie hab ich mir gedacht: Mood.
Dascha: Ich find’s auch immer funny, wenn ich dein Spotify öffne und dieses Grün direkt aufploppt.
Verifiziert: Es ist vielleicht aber auch deshalb, weil ich merke wenn ich Bilder von mir poste oder wenn es um Cover geht, denke ich sooo lange darüber nach, ob das gut ausschaut. Und ob es den Leuten gefallen wird. Bei sowas hab ich mega Insecurities und Anxiety. Aber wenn ich so Trash-Fotos verwende, zeige ich mir selbst, dass es eigentlich eh scheiß egal ist. Hauptsache irgendwie real. Oder halt real als Shrek. Das fällt mir einfach leichter als lange zu überlegen, was besser ausschaut. Das find ich irgendwie immer ein bisschen toxic.
Dascha: Kann ich verstehen! Jetzt hatte es doch einen tieferen Hintergrund, als man denken könnte.
Verifiziert: Ja, vielleicht schon. (lacht)
Dascha: Unsere letzte Frage ist immer eine untold story, also eine Geschichte oder ein kleines Geheimnis, das du noch nicht öffentlich erzählt hast. Fällt dir da was ein?
Verifiziert: Ich hab zwei Goldfische, weil ich im Musikvideo zu Asphalt unbedingt eine Szene haben wollte, wo durch ein Aquarium durch gefilmt wird während da Goldfische schwimmen. Ich hab dem Kamerateam im Stress gesagt, wenn’s easier ist, die Goldfische gleich zu kaufen, statt sie auszuborgen, dann kann ich sie auch behalten. Dann hab ich innerhalb von drei Tagen Goldfische bekommen und hab sie immer noch bei mir. Obwohl ich davor nie Fische wollte, find ich’s mittlerweile irgendwie geil.
Foto Credits: Kayra Aslan