Im Sommer 2017 ist die fünfköpfige, aus Australien stammende Band Parcels, das erste Mal so richtig auf internationaler Bildfläche aufgetaucht. Mit ihrem Hit Overnight, welches (unschwer erkennbar) von dem französischen Legenden-Duo Daft Punk produziert wurde, konnten sie sich einen ersten Namen in der Musikszene machen. Mit dem Erfolg über den eigenen Kontinent heraus, haben sich Parcels dazu entschieden, sich raus aus der australischen Indie-Bubble, rein in die Berliner Musiklandschaft zu wagen. Nach zwei EP’s und einem Debütalbum, haben Parcels das Doppelalbum “Day/Night” herausgebracht.
Day
“Day/Night” ist ein Konzeptalbum mit insgesamt 19 Tracks, welche sich in zwei Alben aufteilen. “Day” macht den Anfang mit langen, sanften Streichern, welche an die ersten Sonnenstrahlen am Morgen erinnern. Während der Anfang des Intros noch sehr mysteriös wirkt und an Filmmusik erinnert, wird “LIGHT” im Laufe des Tracks immer funkiger und freundlicher. Gesanglich wird der Opener mit Parcels‘s altbekannten, herrlichen Harmonien begleitet, welche man auf dem gesamten Doppelalbum wiederfinden kann.
See that sun Burning down
-LIGHT
Morning lights Calling out
See that sun Don’t look down
Here it comes Feel it now
Mit Songs wie “Free” oder “Somethinggreater” wird dann etwas mehr Bewegung in “Day” gebracht. Vor allem letzterer ist wunderbar Tanzbar und ich kann mir jetzt schon vorstellen, wie viel Spaß dieser Song live machen wird.
Until it lasts forever
-Somethinggreater
Until it lasts so long
Until we’re back together
I’ll be alone
Melancholie meets Disco
Das Äquivalent zu “LIGHT” ist der Song “SHADOW”, welcher der Opener für den Nachtteil des Doppelalbums darstellt. Ähnlich wie “LIGHT“, ist “SHADOW” sehr Instrumental-lastig. Im Gegensatz zu den in “LIGHT” zu erahnenden Sonnenstrahlen, kommt hier eine düstere, dramatische Spannung zum Vorschein. Diese düstere Stimmung wird auf dem folgendem Track “Neverloved” weitergeführt, wenn auch mit etwas mehr Action. “Famous” sticht wohl vom Sound her am meisten aus “Night” heraus. Im Gegensatz zu den vorherigen Songs, klingt er sehr nach einer 70er Disco Party. Hört man allerdings genauer hin und achtet auf den Text, wird klar, dass die fröhliche Stimmung trügt.
Oh, don’t go thinking why you’re living a lie
-Famous
Now there’s a lot to earn, dead or alive
They told you what you want, you never decide
Just hold on and you might
Liebe auf den zweiten Blick
Ich muss zugeben, es hat etwas gebraucht, bis mich das Album wirklich überzeugt hat. Bei den ersten Malen fand ich es sogar schon fast etwas anstrengend zuzuhören. Durch die doch sehr langen Streicherpassagen und Jams fand ich es irgendwie sehr zäh und in die länge gezogen. Es ist mir einfach zu wenig passiert, es war nicht aufregend genug.
Dass ich etwas gebraucht habe, um mit “Day/Night” warm zu werden, lag im Nachhinein wahrscheinlich daran, dass ich es falsch gehört habe. Wer sich jetzt fragt, wie man ein Album denn falsch hören kann, dem sei gesagt; anything is possible, musste ich auch erst lernen.
Ich habe es vorher, eher nebenbei gehört, sprich: Unterwegs, beim Bahn fahren. Erst als ich mich zu Hause hingesetzt und meine ungeteilte Aufmerksamkeit voll und ganz dem Album gewidmet habe, hat es plötzlich „Klick“ gemacht. Auf einmal habe ich jeden einzelnen Ton, der mich vorher noch so gelangweilt hat, nachvollziehen und fühlen können.
Das Album muss verstanden werden
Der Schwerpunkt des Albums liegt nicht in Hits, welche auf Repeat, oder in Playlists gespielt werden sollen bzw. können. Und das muss es auch gar nicht. Das Doppelalbum “Day/Night” von Parcels ist mehr als ein nur für Streamingzahlen erschaffenes Album. Viel mehr ist das Album eher eine Reise, ein Erlebnis. Oder wie eine Serie. Man hat vielleicht seine Lieblingsfolgen, welche man öfter schaut, wenn man gerade Lust drauf hat, aber wirklich Sinn ergibt alles erst, wenn man sie von vorne bis hinten, in chronologischer Reihenfolge schaut. Genau so ist es mit dem Konzeptalbum von Parcels. Als Hörer:in merkt man, dass die Reihenfolge jedes einzelnen Titels sorgfältig auserwählt und alles perfekt aufeinander abgestimmt wurde. Man hört und spürt von der ersten bis zur letzten Sekunde einfach die Liebe zum Detail.
Ich lege jeder Person, die das Album noch nicht gehört hat, ans Herz, dies zu tun. Ich empfehle wirklich(!!) sich die Zeit zu nehmen, sich vielleicht vorher noch einen Tee zu machen, sich hinzusetzen und dieses wirklich sehr gut konzeptierte Album auf sich wirken zu lassen.
Fotocredit: Remi-Ferrante Hartmann