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EKKSTACY im Interview: “I think TikTok is cringey but it shows people music they wouldn’t have found otherwise”

EKKSTACY im Interview: “I think TikTok is cringey but it shows people music they wouldn’t have found otherwise”

Am 19.01. startete das Jahr mit einem bemerkenswertem Album Release: Eine ordentliche Portion Post-Punk, eine Prise Lil Peep, Shoegaze-Momente und auffällige Surf-Rock Inspirationen kombiniert mit ungefilterten Lyrics warten darauf von nun an Millionen Hörer*innen zu begeistern. Der Anfang 20 jährige kanadische Musiker EKKSTACY veröffentlichte hiermit sein neues, selbstbetiteltes Album mit 13 Tracks, die direkt in’s Ohr gehen – und bleiben. In seinen Songs thematisiert er häufig Einsamkeit, Enttäuschung und Trauer. An seiner Breakout-Single i walk this earth all by myself, die vor allem durch TikTok Bekanntheit erlangte, kam man zumindest unbewusst nicht vorbei, wenn man Zeit im Internet verbringt. Über 4 Millionen monatliche Spotify Hörer*innen, ausverkaufte Shows, große Festivalnamen, GQ Coverstar und zu den Billboard Magazin “21 Under 21” gehört er auch schon. Aber wer ist der Typ mit den düsteren Texten und den markanten Tattoos überhaupt? An einem Montagmorgen waren wir beide zum Telefonieren verabredet, um der Antwort etwas näher zu kommen.

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“I just wanna die, I just wanna kill myself, I don’t give a fuck about anyone else”, schreit EKKSTACY auf seinem Album-Vorgänger misery in die Welt heraus. Er kreiert einen Sound, der bei einer breiten Masse funktioniert, im Kern aber für die nischigen, ehemaligen Außenseiter-Kids oder die, die es noch sind, einsteht. Wie besorgniserregend seine Texte meistens auch sein mögen: Sein Sound und seine mühelose Art sie zu singen, verleihen den Songs zeitgleich ihre angenehme, leichte Art. So, als müsste der junge Kanadier kaum etwas dafür tun. So, als würden die Songs in ihm bereit liegen und er sie nur noch rauslassen müsste. Oder ist das vielleicht sogar so?

Das Album und die Liveshows

Auf meine Frage, wie er sein neues Album in nur drei Wörtern beschreiben würde, entgegnet er nach kurzem Grübeln bescheiden mit: “Amazing, short and black”. Wieso er das Album selbstbetitelt hat, scheint er selbst nicht genau zu wissen. Ich sage ihm, dass der Titel meiner Ansicht nach gut passt, weil er seine Essenz und seinen entwickelten Sound auf den Punkt bringt und aussagt: That’s who I am. “Oh hey, here we go! Nice, that sounds good”, lautet seine Antwort auf meine Annahme. Als ich ihn nach einem Konzept oder roten Faden frage, auf dem das Album basiert, antwortet er zunächst: “No, that’s why this Album is kind of weird, because there isn’t a theme at all. It’s kind of just all over the place.” Ich entgegne, dass das für das Album perfekt aufzugehen scheint. “Thanks! Yeah, that’s what people keep saying to me, it just seems to work out. I’m glad about it.”

Außerdem interessiere ich mich für seinen persönlichen Lieblingssong auf dem Album. Stacy überlegt und entscheidet sich zögernd für goo lagoon. “This song just makes me happy. Usually my music doesn’t make me happy.” Verständlich, denn zwischen seinen normalerweise sehr dunklen Songs, glitzert goo lagoon als potentieller Alternative-Summer-Hit und vermittelt eine ähnliche Stimmung wie Lets Go Surfing von The Drums. Meine Assoziation schien passend, denn sein Song sei dadurch entstanden, dass er oft und gerne surfen geht.

Nachdem er über seinen Albumprozess kurz nachdenkt, spricht er frei heraus: “I honestly don’t know how I’m feeling about any of these songs. I don’t even know what I was doing yesterday.” Irgendwie freue ich mich heimlich darüber, dass wir an diesem Montagmorgen beide etwas verpeilt klingen und ich zu keinem Moment das Gefühl habe, mit einem Hype-Star zu sprechen, der sich selbst bloß gut vermarkten will. Im Gegenteil, er scheint einfach ein netter, ziemlich unsicherer Typ zu sein, der gerade ein Stück Musik veröffentlicht hat, auf das er halt irgendwann Bock hatte. Good for him – and for us.

Später fügt er hinzu, dass das Album während er auf “never ending Tour” war, entstanden ist. Hier und da unterwegs und im Hotel was geschrieben, von den vielen neuen Orten und dem Lifestyle inspiriert. Das sei der bedeutende Unterschied zu den vorherigen Alben gewesen, bei dessen Entstehung er nur in Vancouver rumsaß, erklärt er. Es ist also anzunehmen, dass der treibende Sound des Albums auch seine Live und Tour Erfahrungen reflektiert. Also eigentlich doch ein unbeabsichtigtes Konzept? Die verarbeitete Live-Ekstase spiegelt sich auch in seinen neusten Musikvideos im DIY-Tourvlog Style wider.

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Für die Antwort, wo es am besten ist, Konzerte zu spielen, muss er nicht überlegen: “Germany or L.A.” Auch ich habe im vergangenen Jahr EKKSTACY und seine Band live auf einem Festival spielen gesehen und war total positiv überrascht davon, wie viel energischer, schneller und mehr nach Pop Punk die Songs in ihrer Live Version klingen. Die ganze Show lang hatte er die Augen geschlossen, kaum etwas angesagt, aber dafür 100% Energie und top Sound abgeliefert. “I love playing live more than most other things. When I first started playing live, I was so bored because the songs were so soft. So I thought I had to figure out how to make it more fun. We kinda just been figuring it out over time and played so many shows since then”, erklärt Stacy. “Two years ago my shit was really awful live. So I practiced and also started making songs that would perform better. Because I haven’t even thought about that before.” Sein vorheriges Album misery sei nur aus der Intention heraus es live zu spielen entstanden. “That’s all I had in mind, meanwhile it was just me, depressed in my room.”

The Best of Both Worlds

Ich frage Stacy, wie es für ihn war mit Trippie Redd und The Kid LAROI Features aufzunehmen. “Working with Trippie was so cool, I flew to Miami and we made the song together in person”, erzählt er. Er selbst sei großer Fan des Rappers. “LAROI was also cool, although we didn’t make the song in the same room. But we’ve hung out a couple of times and talked about it before.” Weiter will ich wissen, mit wem er sonst noch in Zukunft gerne ein Feature hätte. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, bekomme ich Indie-Lieblinge Beach House als Antwort geliefert. “They’re currently my favorite band and inspiring me right now.”

Außerdem stellen wir fest, dass wir beide sehr in der (Midwest) Emo und Pop Punk Szene verwurzelt sind. Joyce Manor und Title Fight seien seine Lieblingsbands aus der Richtung und auch ich kann das gut nachvollziehen, während ich gleichzeitig ein altes Title Fight Shirt unter meinem Pullover anhabe. Aber als wir über seine musikalischen Anfänge sprechen, erzählt er, dass er in der Schulzeit zunächst damit begonnen hat Rap-Beats zu bauen, was man in seinen aller ersten Releases deutlich hört. “I was a little too shy to sing and everyone in school was making SoundCloud Rap at that time. My best friend was kinda doing it well. He showed me how to do it and I thought: I could do this better than you. That was in 2018.”

EKKSTACY begeistert auch heute noch die SoundCloud-Rap-Schiene der Doomscroller, streut aber Punk-Attitüde hinein und bietet das typische Emo-Verständnis für seelische Schmerzen an. Ein Musiker, der sowohl US Hype-Rapper Trippie Redd auf sein aktuelles Album holt, als auch auf dem Emo-Revival When We Where Young Festival in Las Vegas neben Blink-182, Green Day und Good Charlotte auftritt. Damit kombiniert er verschiedene Seiten so mühelos und ohne dabei prätentiös zu wirken, als seien sie nie auseinander gewesen. Irgendwie scheint es symbolisch, dass das Wort “LOVE” in kyrillischen Buchstaben unübersehbar seinen Oberkörper ziert, während ihm wortwörtlich “MISERY” auf der Stirn geschrieben steht. Er als Künstler, seine Musik und seine Fanbase sind eine Kombination aus Vielem.

Auf dem Album sticht ein Song für mich besonders mit seinem schweren, episch klingenden Sound heraus: the headless horseman lost his way. Dazu entgegnet Stacy: “I just wanted to see if I could do something like that. At first I wasn’t sure if this song was good enough. I sent it to one of my friends who usually doesn’t care about any of my songs and he was like freaking out about it. That’s why I went and finished it.” Auf mein “So you CAN do it”, lacht er schüchtern: “Yeah, I can.”

Natürlich konnte ich es nicht lassen nachzufragen, was er von der viralen Song Culture auf TikTok hält, die schließlich auch zu der Popularität seiner Musik geführt hat, worauf hin er “I think it’s great!” entgegnet. Zugegebenermaßen etwas voreingenommen, erwartete ich eine negativ ausfallende Antwort, von dem scheinbar super edgy, alternativen Typen. “I think TikTok is cringey but it shows people music they wouldn’t have found otherwise. People who hate TikTok are stupid. They don’t understand what it’s doing. There’s so much music that’s huge because of it. Random bands from the 80s and the 90s that nobody would be talking about anymore are getting popular again. You know, some random kid makes a video with their song and now they’re touring again. That is so cool. I mean I won’t be on there posting fucking dances but it’s a cool concept.” Ich erwähne sofort Surf Curse, die fast 10 Jahre nach eigentlichem Release von ihrem Song Freaks viral gingen und deutlich mehr Fans dazu gewannen. “Exactly, people don’t see that. Surf Curse is a good example”, fügt Stacy hinzu.

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Von hoher Bedeutung

Folgende seiner Antworten ist, ohne sie erklären zu müssen, sehr präsent in meinem Kopf verblieben:

“What would you be doing if you hadn’t become a musician?”“Probably die.”

Ich erzähle ihm, wie mir aufgefallen ist, dass in den Kommentaren von seinen Videos und Posts sehr häufig steht, wie viel seine Musik auch den Hörer*innen bedeutet und wie sie ihnen durch schwere Zeiten hilft. Stacy scheint das nicht wirklich bewusst zu sein. Etwas durcheinander sagt er: “I don’t ever look at comments to be honest. That’s kinda too much to process, it’s impossible to take that in. There are so many comments and so many people, it doesn’t feel real.” In der Ära des Internets, in der alle nach “relatable Content” suchen, stößt man eben auf die Identifikationsfigur EKKSTACY, auch wenn er selbst davon überfordert wirkt. Obwohl man nicht besonders viel von seiner Persönlichkeit in der Öffentlichkeit mitbekommt, außer random Memes in seiner Instagram Story, scheint man durch seine Songs einen extrem intimen Einblick in seine Gedankenwelt zu erlangen. Dazu, ob es für ihn einfach ist, so offen über seine Emotionen in seinen Songs zu schreiben, sagt er erstaunlich sicher: “Yeah, that’s easy. That’s how I always wrote. It’s harder for me to write otherwise.”

Zuletzt frage ich ihn noch, in was für einem bereits existierenden Film seine Musik der Soundtrack wäre. Enthusiastisch antwortet Stacy mit “Good Will Hunting”, der sein absoluter Lieblingsfilm sei. Das erscheint mir plausibel, denn vermutlich ergeben sich Parallelen zwischen EKKSTACY und dem 20 jährigen Protagonisten, der sich im Film seiner mentalen Verfassung und seiner traumatisch belasteter Vergangenheit stellen muss, um sein Leben auf die Reihe zu kriegen.

Stacy ist wie erwartet kein besonders gesprächiger Mensch in unserem Telefonat. Ob er bescheiden, schüchtern oder es ihm einfach egal ist, konnte nicht ganz entziffern. Aber das ist auch nicht wichtig. Der Fokus liegt auf seiner authentischen Musik, die er will und offensichtlich selbst braucht und eben das trifft den Nerv der Zeit und die Herzen einer jungen Generation. Er ist selbst ein sehr junger Mensch, der Berichten, Schätzungen und eigenen Aussagen zu Folge schon sehr viele Tiefen in seinem Leben erfahren hat. Und genau das in Lyrics verbreitet, die so zugänglich und verständlich geschrieben sind, dass sie unabhängig von individuellen Erfahrungen Trost und Empathie bieten können. Zwar bieten seine Lyrics keine positive Hoffnung und keinen Ausweg aus dem schmerzvollen Zustand an, dafür aber einen willkommenen Ort sich zusammen darin einsam zu fühlen.

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Foto Credits: (1 & 4) Jason Nocito, (2 & 3) Gilbert Trejo

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