Erst am 31.01.2022 ist das neue Album „SYNTAX“ von Like Lovers fertig gestellt geworden. 10 Songs, die der fränkische Produzent und Künstler Jan Kerscher vor knapp 3 Wochen vollendet hat, und am Freitag für genau 10 Tage auf den Streaming-Plattformen veröffentlichen wird – und dann bis zum physischen Release wieder runternimmt. Mit „Shaping My Shadows“ veröffentlicht Like Lovers nun seine zweite Single des kommenden Albums. Wir dürfen euch nicht nur das Musikvideo dazu exklusiv präsentieren, sondern haben auch noch ein paar persönliche Einblicke hinter dem Song und das gesamte Projekt erhaschen können. Das und warum uns das neue Video von Anfang bis Ende völlig im Bann gehalten hat, lest ihr jetzt.
„Das Album passt einfach sehr gut in das gegenwärtige kollektive Fühlen.“
Um eure größte Neugier direkt am Anfang zu stillen, haben wir die Frage, die wir uns alle stellen, direkt an Like Lovers weitergeleitet:
Da muss ich ihm tatsächlich zustimmen. Wie oft ich schon darüber philosophiert habe, was diese Pandemie mit uns macht, und jetzt mach ich es wieder. This loop is just not ending. Das Leben läuft seit zwei Jahren immer noch weiter, und auch wenn es für uns alle recht individuell den Berg runter geht, geht es trotzdem weiterhin den Berg hinunter. Vielleicht passen deshalb Konzepte wie das von Like Lovers gerade deshalb so gut. Sie durchbrechen diesen vermeintlich „normalen“ Alltag und lassen ihn wieder interessant erscheinen. Wie oft hört man schon von einem Album, das nur knapp 3 Wochen nach Fertigstellung verfügbar ist? Und wenn’s nur für 10 Tage ist.
„The only fear left is the fear to grow.”
Und weil auch ich nicht ewig herunterziehende Monologe über den Pandemie-Verdruss schreiben kann, lasst uns doch wirklich auf den angesprochenen Spaß an der Sache fokussieren. Den sieht man vor allem bei der ersten Single Antifragility, eine Kollaboration mit Singer-Songwriterin Elena Steri, von der wir ja auch absoluter Fan sind (seit „erster Stunde“ wäre hier übertrieben, aber doch auch angemessen <3)
Und nun zu dem Song, wegen dem wir eigentlich hier sind – Shaping My Shadows.
Er fängt an mit einem treibenden Beat und einer verzerrten, fast dystopisch klingenden E-Gitarre. Wenn man mein Spotify kennt, weiß man: das kriegt mich in unter 10 Sekunden. Ein Blick auf die ersten Zeilen des Songs reicht auch, um mich thematisch komplett abzuholen:
the only way out is the way way in the
pain won’t back off if you you’re letting it in
the only fear left is the fear to grow
the fear of getting in touch with your own shadow
Wer hat sie nicht, die Angst, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, ohne recht zu wissen, was es eigentlich ist, was da alles noch in einen schlummert. Alle Leute, die wie ich alles und sich selbst dreimal hinterfragen, werden wissen, was das für ein Marathon sein kann. Ein Marathon begleitet durch die immer gleichen, nervenden Fragen: Wer sind wir eigentlich? Was macht uns als Person aus? Welche Traumata liegen da vergraben in der Vergangenheit noch rum, die wir seither mittragen und uns aber nie mit auseinandersetzen? Und was passiert, wenn wir es doch tun?
„Shaping My Shadows beschreibt eine liebevolle Auseinandersetzung mit der eigenen Dunkelheit. Alles, wovor wir uns fürchten, alles, was wir an uns selbst nicht mögen, alles, was wir als Menschen lieber nicht wären, ist am Ende ja trotzdem ein Teil von uns – ob wir wollen oder nicht! Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass wir uns als Individuen, aber auch als Kollektiv damit auseinandersetzen. Viel zu oft rennen wir vor Problemen weg oder stemmen uns aktiv gegen sie. In der Regel schmerzt es dann aber noch mehr und wir kommen nie richtig zu der Möglichkeit eines produktiven und friedfertigen Dialogs mit uns selbst (oder Anderen). “Shaping My Shadows” bearbeitet das und präsentiert somit für mich den Weg zu mehr Selbstliebe – durch die Anerkennung der eigenen Schatten.“
Und jetzt, das Video:
Was ich aus Jan’s Worten zum Song mitnehme: let’s all just do therapy. Ironischerweise ist das gar nicht so leicht gemacht wie es gesagt ist, weil [insert rant über das verkapste System der ausreichendend vorhandenden Psychotherapeut*innen aber viel, viel, VIEL zu wenig Kassensitze, die bezahlte Therapieplätze anbieten können]. Deshalb ist stattdessen ein guter erster Schritt wie Like Lovers das Gespräch mit uns allen zu anzustoßen.
Und jetzt, das Video:
Das Musikvideo zu Shaping My Shadows ist genauso dystopisch fesselnd wie der Sound. Es ist dunkel, es ist verzerrt, es ist höhst intensiv. Es begleitet die Protagonistin durch flackernde Räume, das Gesicht zentriert im Fokus der Kamera – es ist, als würden ihre Dämonen sich selbst im Spiegel angucken. Genau das soll es ausdrücken: diese innere Zerrissenheit, das Gefühl, von sich selbst verfolgt zu sein. Und herauszufinden, was es ist, das einen so von innen anschreit, kann gefährlich wirken. Diese Gefahr wird so gut in dem Video vermittelt, dass ich direkt Gänsehaut bekomme und nicht umhinkomme, kurz verstohlen über meine Schulter zu gucken – und das nur nach der ersten Minute. Shaping My Shadows wirkt jetzt viel mehr wie ein Kurzfilm, aus dem Spiegel manifestieren sich die eigene Dunkelheit auf der Bühne (Black Swan Vibes: hoch). Chapeau an Daniel Pitson, selten hat mich ein Musikvideo so bewegt wie dieses hier.
Und zum Schluss noch ein paar Worte von Like Lovers selbst:
Fotocredit: Venera Redzepi, Marius Roos