“Auf geht’s Blondies, kämpfen und siegen!”, mit diesen motivierten Fan-Rufen beginnt das Album Perlen. Und das zu recht – für mich haben Blond mit ihrem zweiten Album quasi das Spiel der deutschen Musik gewonnen.
Von fesselnden Erzählungen, gewohnt humorvollen Bemerkungen, schmerzhaften Erkenntnissen, Euphorie und Emotionalität bis hin zu krassen, unerwarteten Parts von Johann: das ist nur ein Bruchteil von dem, was sich in den schillernden Schätzen von Perlen verbirgt. Nina, Lotta und Johann aus Chemnitz zeigen hiermit, dass ihr erstes Album ein leckerer Vorgeschmack auf all das war, was noch mehr in ihnen steckt. Sowohl musikalisch, als auch inhaltlich schien die Band über sich hinausgewachsen zu sein und erreichte damit eine bemerkenswert positive Entwicklung. Gleichzeitig kann man sich bei Blond sicher sein, dass sie nicht darauf ausruhen werden.
Obwohl Blond viele persönliche Geschichten erzählen, ist die Bedeutung der Sichtbarkeit und Identifikation für Hörer*innen nicht abzustreiten. Blond ist natürlich eine Band für alle, aber selten habe ich von so vielen FLINTA* Personen aus meinem Umfeld mitbekommen, dass sie sich so von einem Stück Musik so gesehen gefühlt haben. Und das ohne plakativ zu wirken oder Absicht irgendeine Art von feministischem Manifest schaffen zu wollen. Es tut einfach gut, mit Songs, die eine ähnliche Lebensrealität und ähnliche Erfahrungen spiegeln, mitzufühlen. Denn so sehr ich auch meine anderen Lieblingsbands liebe und bei deren Musik das Verlangen nach Identifikation und Verständnis verspüre, werde ich das von einem verrauchten Alex Turner im Anzug nie bekommen. Ich bin dankbar, diese Möglichkeit hier zu bekommen und gleichzeitig zu solchen Bangern mit dem Po wackeln zu können.
Es scheint für mich so, als würde fast niemand anderes in der deutschen Musik sich zutrauen so verdammt viel Vielseitigkeit zu bedienen und so verdammt viel Wahrheit schamlos auszusprechen. Niemand macht es so wie Blond.
Nina und Lotta von Blond im Interview
Dascha (untoldency): Hi, so sieht man sich wieder! Wie geht es euch? Wie erlebt ihr die Zeit um euer Album herum gerade?
Nina: Wir sind irgendwie immer noch ziemlich im rush. Wir waren ja gestern noch in Chemnitz und haben noch Platten signiert, sind dann nach Hause und haben dann sofort geschlafen, sind aufgewacht und machen jetzt Interviews. Das ist halt alles immer noch so viel nacheinander. Der Puls ist die ganze Zeit hoch und wir sind die ganze Zeit so in Action.
Dascha (untoldency): Kann ich mir vorstellen!
Nina: Aber es war alles sehr, sehr schön! Also wir sind auch sehr gut gelaunt und glücklich, gerade weil die Leute, die zu unseren Konzerten und zu diesen Signier-Sachen kommen, alle übelst tolle Menschen sind und dadurch ist das alles immer sehr, sehr angenehm.
Dascha (untoldency): Voll schön! Dann fange ich mal ganz von vorne an. Wie kamt ihr auf den Albumtitel? Und diese „Unterwasser“-Ästhetik, die sich gerade bei euch durchzieht?
Lotta: Wir haben mal gehört, dass wenn Schmutz in eine Muschel gerät, die diesen Schmutz nimmt und umwandelt und zu einer schönen Perle macht. Das war für uns ein sehr schönes Bild. Und es gefällt uns sehr gut, wenn man sich überlegt, dass wir diese Songs auch schreiben, um vielleicht Schmutz, der in unser Leben kommt, zu verarbeiten und zu einem schönen Song zu machen, zu dem man sich empowered, fühlen kann. Deswegen haben wir nun ein Album, auf dem ganz viele Perlen sind.
Nina: Da lag natürlich die Unterwasserwelt sehr nah, und die ist ja auch von der Ästhetik her ein sehr schönes, weites Feld und da haben wir uns komplett reingestürzt. Wir waren sehr dankbar, dass wir uns selber so ein riesiges ästhetisches Feld gegeben haben. Wir haben ganz viele riesige Moodboards dafür und die sind noch lange nicht alle fertig umgesetzt.
Dascha (untoldency): Geil! Diese ganzen Schwimmbad Prelistenings und die Aktion mit den Synchronschwimmer*innen zu eurer Musik sahen sehr, sehr cool aus!
Lotta: Ja, das war auch richtig schön. Das ist so absurd, dass wir das machen, weil sich das angefühlt hat wie ein Traum. Ich meine: Ja, ich spiele in einer Band. Und jetzt sitzen wir hier im Schwimmbad in der Bademeister Kabine und erlauben den Leuten, ins Wasser zu gehen. Wie sind wir denn hier gelandet?
Dascha (untoldency): Ein bisschen absurd, aber mega cool. Wann habt ihr angefangen, an dem Album zu arbeiten und was waren eure Highlights oder auch Tiefen?
Lotta: Wir haben in der Coronazeit angefangen. Also wir haben ja das erste Album rausgebracht, dann waren wir auf Tour und zu dem Album hätte noch eine zweite Tour im Herbst gehört. Wir kam quasi vom Tourabschluss aus Leipzig in Chemnitz an und einen Tag später war Lockdown überall. Da dachten wir am Anfang so „Nee, wir können jetzt nicht sofort neue Songs schreiben“, weil wir ja das erste Album noch gar nicht so präsentiert haben, wie wir das gerne machen wollten. Auch einfach mental ging es uns dann nicht so gut. Natürlich hatte man in dieser Coronazeit auch richtige Existenzängste und hat sich gefragt: „Okay, was passiert jetzt mit so einer Newcomer Band?“ Man hat angefangen, irgendwo anders zu jobben, man hat sich gefragt „Bleibe ich jetzt für immer in diesem Beruf? Kann man jemals wieder vor Leuten Konzerte spielen?“ und dadurch gab es keine krasse Motivation.
Nina: Wir sind schließlich eine Live-Band und wollen den Leuten die Musik, die wir schreiben, auf Konzerten zeigen. Deswegen hat es sehr, sehr lange gedauert, bis wir dann den ersten Song einfach geschrieben haben, das war Du und Ich. Danach erst, als auch wieder ein paar Festivals kamen, haben wir angefangen Songs zu schreiben und wieder ins Studio zu gehen. Johann hat sich in der Corona Zeit das Produzieren selber beigebracht, deswegen konnten wir da viel in Chemnitz machen. Was halt anfänglich total schwer war, war dieser Anfang, wieder kreativ zu werden. Das war auch ganz anders als beim ersten Album, aber eigentlich ziemlich cool, man war dann wieder in so nem kreativen Fluss drin. Also haben wir dann viel in Chemnitz gemacht und sind dann damit zu Produzenten ins Studio und haben die Songs dann da weiter ausgearbeitet.
Dascha (untoldency): Thematisch habt ihr ja auf dem Album sehr viele unterschiedliche Themen abgedeckt und viele Themen, die eben viele FLINTA* Personen beschäftigen und betreffen oder aktuell häufig im Gespräch sind. Was meint ihr, wie findet ihr für euch persönlich einen angemessenen Umgang mit solchen sensiblen Themen? Und auch, wie man vielleicht Leute außerhalb der eigenen Bubble erreicht, die sich nicht so häufig damit beschäftigen?
Nina: Wir sind natürlich nicht der Maßstab der Dinge und machen sicherlich auch nicht alles immer richtig. Unser Stilmittel ist ja immer so der Humor und wir versuchen dann halt durch Humor relativ einfach mit Themen umzugehen. Da muss man aber auch immer sagen, dass man bei einem Popsong von drei Minuten ja nie alle Facetten eines Themas abdecken kann. Das ist halt einfach Popmusik und da kann man auch nicht sehr, sehr tief in ein Thema einsteigen. Also so machen wir das, aber ich würde jetzt nicht sagen, so ist der einzig gute Umgang damit. Wir gucken immer, wie sich das für uns anfühlt und bauen das dann so aus.
Dascha: Aber es funktioniert gut! Was für einen Effekt oder was für Gefühle sollte das Album bei den Hörenden auslösen, was erhofft ihr euch?
Lotta: Wir haben jetzt auch schon relativ oft gespiegelt bekommen, dass sich Menschen gehört fühlen oder empowered fühlen oder einen Song haben, der die auch vielleicht mit ihren Freund*innen verbindet.
Nina: Man macht ja die Musik in erster Linie für sich. Um sich selber das Ventil zu geben, um Sachen einfach zu verarbeiten oder Sachen anzusprechen. Wenn es dann im zweiten Schritt quasi funktioniert, dass Leute das auch noch toll finden, sich vielleicht darüber kennenlernen, connecten und Gemeinschaften bilden, die ähnliche Einstellungen haben, dann ist das voll cool. Aber man schreibt jetzt nicht einen Song, um zu sagen, ich möchte, dass die Leute dann das und das damit machen. Sondern der ist erst mal so für uns und tut uns gut, weil wir Bock haben, über etwas bestimmtes zu singen.
Dascha: Und welche Bedeutung hat für euch persönlich weibliche Sichtbarkeit in der Musik? Besonders bezogen auf Durch die Nacht, weil vor allem die erste Strophe bei mir total hängengeblieben ist. Deswegen würde ich gerne mal hören, wer bei euch besonders zu diesem „Vielleicht kann ich das auch“ beigetragen hat.
Lotta: Also der Song ist für uns ja so ein bisschen ein „Danke“ an LaFee und Judith Holofernes. Das waren zum Beispiel zwei Künstlerinnen, die wir gehört haben, als wir zehn Jahre alt waren. Da war schon so der Moment da, dass man dachte irgendwie könnte man das doch auch, da hat man dann auf dem Kinderzimmerbett mit Mikrofon performt und sich das vorgestellt.
Nina: Ich habe mir im Saturn immer jede LaFee CD geholt. Die hatte ja Alben, EPs, Single-Auskopplungen, dann noch mit einem Instrumental und einem Textblatt drinnen, wo man dann selbst den Text mitsingen konnte und so. Ich war eigentlich nur: LaFee. Ich habe mir sogar die Biografie gekauft, die hat sie geschrieben, als sie 17 war. Alter, das ist wirklich ein Legenden-Move! Später kam auch Missy Elliott oder Gossip dazu. Aber es gab immer wieder diese Momente, auch als wir schon älter waren. Zum Beispiel waren wir zusammen auf dem Peaches Konzert und waren so: „Oh mein Gott, das ist ja das Geilste überhaupt! Wir wollen das auch!“ Also bei Peaches haben wir dann gesehen, dass man über den Song hinaus quasi das gesamte Konzert zu einer einzigen Performance verwandeln kann und dass das voll geil ist. Also es nicht so, man geht auf eine Bühne und spielt ein Lied, sondern alles gehört zusammen. Das haben wir bei ihr das erste Mal gesehen.
Dascha (untoldency): Das ist so cool! Durch die Nacht hat mich so richtig gepackt, weil das für mich immer ein richtig großes Thema ist. Auch wenn ich selbst keine Musik mache, sondern Sachen hinter den Kulissen. Aber jedes mal, wenn ich starken weiblichen Personen begegne, vergesse ich diese Begegnungen auch nicht. Da gibt es so viele tolle Vorbilder.
Nina: Ja, weibliche Vorbilder sind ja in allen Bereichen geil. Es tut einfach gut, dann eine Identifikationsfigur zu haben.
Dascha (untoldency): Ja, total. Ihr habt auf dem Album auch das erste Mal in eurer Diskografie richtige Features mit drauf. Wie kam es dazu und wie war das für euch?
Lotta: Wir haben das ja schon so immer über oft gemacht, dass wir uns so auf Festivals gegenseitig auf der Bühne besucht haben mit befreundeten Bands. Wir haben das irgendwie nicht so eingesehen, dass sowas nur im Rap komplett Standard ist. Also, mittlerweile ist es auch im Indie angekommen. Zum Beispiel bei Männer hat das für uns einfach voll Sinn ergeben, da noch eine andere Perspektive aus einer etwas anderen Musikrichtung reinzuholen. AddeN hat früher sehr viel Battlerap gemacht und war da so ein bisschen allein. Deswegen haben wir uns gedacht: Okay, sie kann das wahrscheinlich gut nachvollziehen, vielleicht hat sie ja Bock. Also wir hatten auch übelst Schiss sie anzufragen, weil wir waren so „Als ob die das macht!“ Wir dachten, die sagt safe nein. Aber dann hatte sie übelst Bock und ist ein ganz toller Mensch. Sie war jetzt auch bei unserer Releaseparty mit dabei und hat mit uns live performt und das hat alles voll Sinn ergeben.
Nina: Auch Power Plush, das lag ja auf der Hand, weil wir sowieso immer übelst viel rumhängen und immer so einen kreativen Austausch haben. Bei Ich sage ja hatte das so gut gepasst von der Art her wie Power Plush Musik machen, durch diese harmonischen Gesänge. Die erste Zeile ist ja „Ich bin die Harmonie“ und dann kommen Power Plush mit ihrem harmonischen Wesen da rein. Das ist so geil!
Dascha: Finde ich auch. Es war aber auch cool, Power Plush mal auf deutsch zu hören.
Nina: Genau, wir versuchen natürlich auch, denen so ein bisschen die Tür zu öffnen. Vielleicht machen sie ja auch mal einen Song auf deutsch!
Dascha: Haha, vielleicht! Um bei Ich sage ja zu bleiben – Als ich den zum ersten Mal gehört habe, musste ich einfach heulen.
Nina und Lotta: Ahhh danke, das freut uns wirklich zu hören!
Dascha: Mega song, einfach richtig schön.
Nina: Wir haben den jetzt schon ein paar Mal live gespielt und es gibt ja diese Bridge mit „Fass mich nicht an“ und dann singt das das Publikum immer nach und da kriege ich jedes mal Gänsehaut. Und wir haben ja sehr viel weibliches Publikum, da singen alle immer vor allem übelst laut das „Halt dein scheiß Maul!“ Da krieg ich Gänsehaut! Man merkt, dass die das brauchen, dass einfach mal heraus zu sagen.
Dascha: Kann ich mir vorstellen. Könnt ihr mal in euren Worten aus eurer Erfahrung kurz sagen, wieso man weibliche Wut braucht? Auf den Song bezogen, also jetzt nicht unbedingt in einem revolutionärem historischen Kontext, sondern auch einfach im Alltag. Und findet ihr dieses Bild von diesem braven Mädchen, was immer ja sagen sollte, ist gerade im Wandel?
Nina: Ich glaube, das ist wieder was Persönliches. Also ich habe halt viel gelesen, wo es einfach um Weibliche Wut ging und dann bin ich selber meine Sozialisation so ein bisschen durchgegangen und habe mich dann viel im Freund*innenkreis unterhalten. Dass man sich als Frau immer blöd vorkommt, wenn man sauer ist, weil man denkt man übertreibt oder ist hysterisch, weil einem das ja auch so gespiegelt wird, als ob Wut eine Emotion wär, die mir nicht steht. Und dann hab ich aber überlegt, dass das bei Männern nicht so ist. Zum Beispiel bei Politikern oder so, wenn die eine wütende Rede halten, dann sind das die total starken Typen. Wenn eine Politikerin aber eine wütende Rede hält, dann ist die überemotional und so.
Dann sind mir total viele solcher Sachen aufgefallen. Auch im Kindergarten zum Beispiel, dass die Jungs sich immer gerauft haben, aber Mädchen sollten sich ja immer sofort vortragen und lieb sein. Man rutscht dann ja selber in so eine Rolle rein, wenn die Gesellschaft die so vorgibt. Das Thema ist also eine persönliche Sache, die aber natürlich trotzdem strukturell bedingt ist. Dann hab ich eben viel dazu gelesen und habe gemerkt, dass es Lektüre dazu gibt und dass das ein Thema ist, was schon mal bearbeitet wurde. Ich habe das Gefühl, das ist wie bei allen möglichen feministischen Themen, dass es gerade schon so ein bisschen popkulturell abgebildet wird. Die Frage ist immer nur, wie sich dann sowas wirklich auch im System verändert.
Dascha (untoldency): Ich finde, das habt ihr sehr gut in dem Song auf den Punkt getroffen. Also, dass man es irgendwie einfach persönlich auf sich beziehen kann, aber trotzdem den allumfassenden Kontext versteht.
Nina: Danke, wirklich! Wenn alle möglichen Leute gemeinsam dann „Halt einen scheiß Maul“ mitsingen und das in dem Moment ein Ventil für die ist, dann ist das geil. Es ist ja auch ungesund, seine Wut runterzuschlucken, das machen ja auch total viele. Ich habe auch gelesen, dass viel mehr Frauen als Männer Zähne knirschen, weil die da irgendwas nicht verarbeiten. Oder ganz viel mehr Frauen melden sich für diese Kurse an, wo man mit Baseball Schlägern Autos und so zerschlägt, um Wut rauszulassen. Das Gefühl ist ja da, aber wird dann einfach nicht ausgelebt. Das ist ungesund.
Dascha (untoldency): Ja, das stimmt! Apropos Gefühle, ich würde noch gerne auf Immer lustig eingehen, weil ich den Song überraschend fand. Also, vielleicht werdet ihr auch einfach von außen schon ein bisschen in die Schublade der „funny“ Band gesteckt. Den Kontrast von dem Song auf dem Album finde ich super interessant und überraschend, aber andererseits hat es auch total Sinn ergeben. Vielleicht könntet ihr einfach mal ein bisschen zu dem Song erzählen und auch zu dieser Balance zwischen diesen zwei Seiten, um die es geht.
Nina: Der Song ist der einzige auf dem Album bei dem es jetzt keinen doppelten Boden gibt, sondern der ist einfach das, was man singt ohne zusätzlich etwas zu erklären. Der ist genau so gemeint.
Lotta: Ich glaube, da geht’s auch so ein bisschen darum, dass wir gemerkt haben, dass oft Leute schnell so sind wie „Also, das hätte ich nicht gedacht, die ist doch immer so gut gelaunt“ und dass man Leuten auch mal zeigt, dass andere Leute nicht immer so sind, wie du die siehst. Wenn du Leute siehst, die nach außen vielleicht immer total funny wirken, dann kann das vielleicht auch ein Mechanismus sein, um mit Sachen umzugehen, die im Privatleben extrem scheiße sind. Es sollte einfach zeigen, dass es halt nicht so einfach ist, von außen in Leute reinzugucken. Dass es nicht so leicht ist zu sagen „Hey, dir geht’s doch gut, du scheinst doch immer gut gelaunt“ und ich glaube darum war uns das auch wichtig, da einfach mal so ehrlich zu sein, weil halt nicht immer alles schön ist. Auch bei uns nicht.
Dascha (untoldency): Ja total, das ist auch wichtig, sich dem bewusst zu sein. Der Song ist wirklich super schön geworden. Ich habe generell den Eindruck, dass ihr so eine Band seid, die irgendwie immer wieder neue Ideen einbringt und sich immer wieder weiterentwickelt und immer versucht, den Rahmen zu sprengen und irgendwas cooles neues einzubringen und damit auch irgendwie die Musikszene aufregender macht. Was treibt euch so dazu an? Also was gibt euch die Motivation, euch immer neues auszudenken?
Nina: Ich finde, und das sagen wir auch ganz oft, wir finden es übelst toll, dass wir in einer Band spielen und es könnte keinen besseren Beruf für uns geben. Zu dieser Band gehört ja auch sowas wie Musikvideos, irgendwelche Sessions, wie jetzt unsere Unterwasser Prelistenings und wir haben 100000 Ideen im Kopf, die gar nicht unbedingt in erster Linie nur was mit Musik zu tun haben. Und man kann die ja trotzdem alle umsetzen. Wir haben uns selber jetzt einen Rahmen geschaffen, wo wir einfach alles, was uns so einfällt, was wir geil finden, umsetzen können.
Lotta: Man kann sich kreativ so krass ausleben! Uns treibt dann auch an, dass man einfach umgeben ist mit kreativen Leuten. Also unser Freundeskreis ist auch extrem kreativ und so, das treibt uns dann natürlich auch an, wenn die Sachen machen und man sich darüber unterhält. Was einem außerdem so gute Gefühle gibt, ist dann halt, wenn man auf der Bühne steht und merkt, es zahlt sich aus und die Leute wertschätzen voll die künstlerische Arbeit, die man macht. Wenn man merkt, die Leute verstehen das und die Leute haben Spaß damit, dann treibt das natürlich auch wieder an, dass man wieder mit einer neuen Sache um die Ecke kommt. Das ist ein Zusammenspiel aus vielen verschiedenen Dingen, aber wir sind einfach extrem glücklich, so kreativ arbeiten zu können.
Dascha (untoldency): Das merkt man auch! Was ist für euch die größte Entwicklung, die ihr als Band gemacht habt? Von euren ersten Releases bis jetzt hier hin.
Nina: Ich finde, alles mögliche hat sich irgendwie gleich weiterentwickelt. Also, ich habe gestern unsere beiden Albumcover mal nebeneinander gesehen und die sind irgendwie trotzdem in einem Stil. Aber das zweite ist natürlich professioneller, sag ich mal, und ich kann das gar nicht an einer Sache festmachen, aber ich glaube man kann das auf alles beziehen. Musikalisch, aber auch die Ästhetik, das Bühnenbild, dann gibt es ja ein übelst tolles Team, was jetzt unsere Bühnenoutfits näht und solche Sachen. Wir haben halt quasi dadurch, dass wir jetzt ein bisschen größer sind, mehr Möglichkeiten, noch mehr Sachen, die wir uns immer gewünscht haben, umsetzen zu können. Das ist vielleicht nicht wirklich eine Entwicklung, aber einfach eine Möglichkeit.
Lotta: Man hat sich privat auch so entwickelt, dass man vielleicht ein bisschen selbstbewusster mit dem eigenen Projekt ist und sich so ein bisschen den Raum, der einen ja auch zusteht, noch mehr nimmt. Außerdem arbeiten wir halt jetzt mit Leuten, die wir einfach übelst lieben und die uns mögen, man ist einfach auf einer Wellenlänge. Ich habe das Gefühl, das ist auch so eine persönliche Entwicklung, dass wenn eine Person einfach scheiße ist, man nicht mehr mit der Person zusammen arbeitet oder die Person nicht supported. Also, dass wir uns jetzt dieses Recht nehmen.
Nina: Genau, das meinte ich auch mit Möglichkeiten. Wir sind jetzt an einem Punkt, wo man auch sagen kann: „Ist mir scheiß egal, du bist kacke, ich hab kein Bock auf dich“ und das ruiniert jetzt nicht die gesamte Karriere. Es ist natürlich immer kompliziert, aber es ruiniert jetzt nichts mehr.
Dascha (untoldency): Passend dazu, was fehlt euch persönlich momentan in der deutschen Musiklandschaft, egal in welcher Hinsicht?
Nina: Um es mal kurz zusagen: in der Musiklandschaft fehlt uns meistens einfach eine Haltung. Einfach mal ein bisschen Rückgrat zeigen.
Dascha (untoldency): Ja, gut zusammengefasst. Die nächste Frage, die vorletzte, ist sehr wichtig. Was ist euer lieblings Sims Erweiterungspack?
Lotta: Ich muss dazu sagen, ich musste Sims letztens leider löschen, weil es so viel Speicherplatz eingenommen hat. Das Erweiterungspack mit den Haustieren ist zwar schon lange her, aber das war ein großer Schritt in die richtige Richtung. (lacht) Hauserweiterung fand ich super, aber ich weiß gar nicht mehr, wie das hieß. Irgendwas mit Home Decor? Da hat man so geile Badematten für den Pool bekommen und so. Da gab’s ganz spezielle kleine Sachen wo ich immer dachte „nice“, sowas wie schöne Vasen. Ich glaube, mein liebstes Erweiterungspack ist aber Haustiere. Was ist denn dein lieblings Erweiterungspacks?
Dascha (untoldency): Ich glaube, auch Haustiere. Und Jahreszeiten ist für mich ein Klassiker. Ich denke manchmal daran zurück, dass es für Sims 2 so ein Pack gab, das hatte ich damals auf der Playstation, das hieß Sims 2 Gestrandet. Das war einfach so unnormal verstörend, da war man alleine auf der wilden Insel und irgendwann wurde man immer von Affen gejagt und getötet, ich hatte so Angst davor.
Nina: Ich weiß einfach direkt im Kopf, wie diese Verpackung aussah! Das ist aber was, wo ich immer so drum rumgelaufen bin und meine Eltern überreden wollte, mir das zu kaufen. Ich habe es nie gekriegt. Ich kenne deswegen nur diese Verpackung, bei der für mich ein Heiligenschein drum rum war, das war etwas unerreichbares für mich als Kind. (lacht)
Dascha (untoldency): Ja, das war geil, aber eben auch verstörend. Naja, okay. Die letzte Frage ist bei uns immer eine untold story, also eine Geschichte oder ein kleines Geheimnis, das ihr noch nicht öffentlich erzählt habt.
Nina: Für alle, die uns letztes Jahr auf unserer Tour besucht haben, die ging einen Monat: Ich habe den gesamten Monat lang gezahnt. Also den gesamten Monat lang sind mir meine Weisheitszähne hinten durchgebrochen und ich konnte eigentlich meinen Mund kaum aufmachen und musste immer Schmerztabletten vorm Auftritt nehmen, damit ich überhaupt ordentlich singen kann. Ich dachte halt, die Martini Sprite Tour wurde drei mal verschoben wegen Corona, wir können jetzt nicht vier mal verschieben, wegen meinen Weisheitszähnen. Das geht ja nicht! Deswegen Shoutout an alle Babys die gerade zahnen, weil ich kann das komplett mitfühlen. Wenn du dich nur noch durch schreien äußern kannst, dann tut’s mir leid. (lacht) Das ist eine Geschichte, die wir noch nicht erzählt haben. Und jetzt ist es raus: Ich habe auf Tour gezahnt.
Dascha (untoldency): Respekt, du hast es aber geschafft! Sind sie jetzt raus?
Nina: Ne, die sind noch drinnen, ich habe genug Platz in meinem Mund.
Lotta: Die leben da einfach rent free!
Dascha (untoldency): Ich danke euch für eure Zeit und das schöne Interview!
Ende des Jahres könnt ihr alle Perlen-Hits live auf Tour hören! Hier geht’s zur den Tourdaten.
Foto Credits: Anja Jurleit