Bei Indie Surf Pop denkt man jetzt nicht direkt an Köln. Die Band EASY EASY zeigt allerdings, dass entspannter Surf Pop nicht immer aus Australien kommen muss, sondern genauso gut aus NRW funktioniert. Vielleicht kommt euch die Band ja aus unserer “on the rise”-Playlist bekannt vor. Ich hab den Sänger Carlo im Interview getroffen und mit ihm darüber gesprochen, wie es zu dem Sound von EASY EASY kam und was wir in Zukunft noch so von den Newcomern erwarten können.
EASY EASY im Interview
Anna: Hi, cool, dass du hier bist. Magst du dich und die Band zu Beginn vielleicht einfach erst einmal vorstellen?
Carlo: Hi, ich bin Carlo. Ich sing bei EASY EASY. Und ja, wir sind so eine Indie Band aus Köln. Es sind noch sechs andere Jungs mit am Start. Auf der Bühne sind wir aber nur zu fünft. Zwei von uns sind Producer. And that’s it.
Anna: Ok, danke, kurzer Abriss zu eurer Bandhistorie: Ihr habt das Bandprojekt ja erst letztes Jahr gestartet. Ich würde mal sagen, das ist jetzt eher ein ungewöhnlicher Zeitpunkt. Also für mich war das eher so eine Zeit, wo irgendwie alle erst mal selbst auf sich klarkommen mussten und auf ihr Leben. War das für euch irgendwie eine Art des Umgangs mit der Pandemie, um sich auf die Musik fokussieren zu können? Oder wie ist das entstanden?
Carlo: Ach nee, es war eigentlich eher zufällig, dass die Pandemie war. Also wir hätten uns auch zum genau gleichen Zeitpunkt wahrscheinlich gegründet, wenn die Pandemie nicht gewesen wäre. Dass die jetzt war, war insofern Fluch und Segen gleichzeitig, als dass wir viel Zeit im Studio verbringen konnten, weil wir ja uns nicht darum kümmern mussten, irgendwo live zu spielen. Genau, aber um mal an den Anfang zurückzuspringen: Ende 2019 hat Leon uns auf einer Party angesprochen, weil der so ein Song von unserer alten Band gehört hat, wo Luis und ich mitgespielt haben und Merdi. Und den fand er irgendwie gut. Das war dieser “all about u”-Song und dann wollte er den aufnehmen mit uns. Dann bin ich irgendwann zu ihm gefahren und das hat dann so viel Spaß gemacht und die andere Band zieht sich dann auch aufgelöst zu dem Zeitpunkt, dass wir gesagt haben “lass doch einfach weiter so Songs aufnehmen”. Und dann irgendwann erst nachdem wir auch die ersten Songs rausgebracht haben und alles wieder so ein bisschen gelockert wurde und man wieder Konzerte spielen konnte, da haben wir dann noch Robin und Julien in die Band geholt. Einfach, weil es mittlerweile eine Live-Band brauchte. Ja und seitdem sind wir eine große Familie.
Aus Zufall wurde eine Band wie eine Patchwork-Familie
Anna: Kanntet ihr euch eigentlich alle schon vorher und wart befreundet oder ist das quasi durch die Band entstanden, dass ihr jetzt so eine Familie seid?
Carlo: Ja, den Luis kenn ich schon ganz lange, bestimmt schon seit 7 Jahren oder so. Damals in der Schule waren wir schon Homies. Und dann haben wir so vor 2 Jahren oder so angefangen Musik zusammen zu machen. Darüber haben wir Merdi, den anderen Gitarristen kennengelernt. Mit dem haben wir dann in anderen Formationen gespielt. Das war aber irgendwie alles auch super beschissen und so und dann hat sich das dann irgendwie aufgelöst. Bis wir dann auf der einen besagten Party die beiden Leons kennengelernt haben. Mit denen haben wir dann ne Weile rumgehangen und übers Internet haben wir dann erst Julien und Robin kennengelernt. Und seitdem hängen wir viel zusammen rum.
Anna: Gibt es bei euch eine bestimmte Aufteilung: Also zum Beispiel, dass du immer die Songs schreibst und Luis sich um den Sound kümmert oder ist es eher so, dass jeder was beisteuert und dann zusammen halt geschaut wird, was man daraus macht?
Carlo: Also jeder trägt trägt auf jeden Fall seinen Teil irgendwie bei und jeder hat so seinen kleinen Aufgabenbereich gesucht. Aber zum Beispiel die Songs schreiben Luis und ich und produzieren die dann mit den beiden Leons. Robin zum Beispiel macht den Merch Julien kümmert sich um diese ganzen Sachen wie Steuern, GbR und den ganzen Scheiß. Merdi macht viel Booking. Irgendwie hat so jeder seinen eigenen Stuff, aber schaut auch mal bei dem anderen mit über die Schulter.
Anna: Euch gibt es jetzt seit einem Jahr und ihr haut einfach direkt eine komplette EP raus. Kam das einfach so, dass ihr so einen Schreib-Produktions-Flow hattet und gesagt habt “So, jetzt hauen wir einfach mal direkt die Songs alle raus”? Oder wie kommt das zustande?
Carlo: Ja, wir hatten wir einfach viele Ideen rumliegen und so. Dann hatten wir wie gesagt auch echt das Glück, dass wir ja keinen externen Produzenten bezahlen mussten oder in einem Studio bezahlen mussten, sondern dass wir einfach da mit den beiden Leons produktiv sein konnten. Und die hatten irgendwie auch Bock auf ne EP. Und dann haben wir das einfach gemacht. Also ehrlich gesagt sind wir da jetzt auch gerade schon wieder so ein bisschen dabei. Wir produzieren schon wieder vor. Wir wollen, wenn’s gut läuft, vielleicht so Mitte bis Ende Dezember unsere zweite EP raushauen.
Selbstgezeichnete Cover passend zum Song
Anna: Sehr cool, da bin ich gespannt! Was ich bei euren Singles und EPs auch immer total cool finde ist das Artwork. Also wie kommen eure Cover zustande?
Carlo: Achja, das ist das eine Freundin von mir und die ist einfach lieb genug uns ihre Zeichnungen zur Verfügung zu stellen. Sie malt generell einfach super viel und gerne und und ganz ganz toll. Und dann habe ich sie einfach ganz am Anfang mal gefragt. Mir gefallen ihre Bilder generell total gut. Seitdem hat sich das irgendwie so eingependelt, dass ich sie frage, immer wenn wir was neues releasen. Obwohl ich auch ein bisschen das Gefühl hab, dass ich sie so langsam auch ein bisschen nerve. Entweder sie hat noch so Bilder rumliegen oder sie hat gerade neue gemacht oder ob Bock was zu zeichnen. Sie ist einfach so eine sweete Person und sagt immer “klar”. Dann schicke ich ihr den Song und dann hört sie sich den an und malt. Es kommt auf jeden Fall immer was krasses dabei raus. Checkt sie mal auf Insta aus unter @artbydanai.
Anna: Nice! Das check ich doch gleich mal aus. Ich habe gelesen, ihr labelt euer Genre von Musik Indie Surf Pop. Mal abgesehen davon, dass Genres oft Interpretationssache sind. Aber wie seid ihr auf dieses Genre gekommen? Surfen liegt ja jetzt irgendwie nicht so nahe in Köln.
Carlo: Also wir hatten einfach das Gefühl, dass die Musik so relativ surfig klingt. Ich glaube es liegt auch daran, dass Luis und ich eine Zeit lang unglaublich viel so Mucke gehört haben, die sich im Surf Rock Genre einordnet. Zum Beispiel sowas wie Hockey Dad, Peach Pit, Skeggs oder Vanilla Gorilla, diese typischen australischen Bands. Und wenn man da guckt auf Spotify, dann werden die auch irgendwie immer in Surf Rock Playlists gepackt. Dann haben wir einfach beschlossen, dass wir uns auch dort einordnen. Aber in unserer Band fließen auch extrem viele verschiedene Musik Einflüsse zusammen, weil wir alle extrem unterschiedlichen Kram hören. Je nach Song hat dann irgendwie einer mehr Einfluss als der andere. Größtenteils machen wir aber einfach das, worauf wir Bock haben.
Anna: Und wie sieht es bei den Texten aus: Habt ihr da bestimmte Themen, die ihr favorisiert? Oder gibt es sogar irgendwas, wo du sagen würdest, dass du darüber nicht schreiben kannst oder es nicht so gerne in einem Song behandeln möchtest?
Carlo: Ich tue mich schwer mit so Love Songs, weil ich da irgendwie einfach das Gefühl habe, ich kann das nicht gut schreiben. Aber ansonsten viel Party, viel Bier trinken, Skateboard fahren, Sonnenschein. Ich mag das auch einfach manchmal, wenn man an einem Text nicht so geisteskrank lange überlegt. Ich finde die Texte, die mir am meisten Spaß machen, sind auch immer noch die, die ich in unter 20 Minuten geschrieben habe. Auch so völlig ohne, dass ich in dem Moment wusste, worüber ich die geschrieben habe. Ich mag es manchmal auch, wenn der Text sich selber nicht zu ernst nimmt. Und vor allem jetzt mal hands down: Gerade bei uns in Deutschland, wo sehr viel auch auf Deutsch veröffentlicht wird, da hört man bei einer Band wie uns mit englischsprachigen Texten ja jetzt auch nicht geisteskrank auf den Text. Und wir haben auch Songs geschrieben, wo wir einfach nur eine Strophe geschrieben haben. Oder wenn wir mit der zweiten nicht weitergekommen sind haben wir uns gesagt “fuck it, wir singen einfach die erste noch mal” Und das ist bis heute auch keinem aufgefallen.
“Deutsche Texte klingen sehr schnell kitschig. Da habe ich Angst vor.”
Anna: Okay wow, das ist mir tatsächlich auch noch gar nicht so genau aufgefallen. War es für euch eigentlich eine aktive Entscheidung, dass ihr auf Englisch schreibt oder haltet ihr es euch auch offen, Songs auf Deutsch zu schreiben?
Carlo: Ist immer noch offen, ich habe auch mit meinen Homies auch schon mal Texte auf Deutsch geschrieben. Die klingen aber irgendwie bisher immer noch blöder. Vielleicht schreiben wir mal irgendwann einen auf Deutsch. Ich glaube, dass wir uns da nicht so extrem festlegen. Aber aktuell glaube ich, fühlen wir uns ganz wohl mit Englisch. Ich glaube, Deutsch ist immer die größere Herausforderung. Ich glaube, als Muttersprachler kann dich ein deutscher Text krasser berühren als ein englischer Text. Also ich glaube, ein gut geschriebener deutscher Text ist gefühlvoller als ein gut geschriebener englischer Text für deutsche Zuhörer:innen. Aber man ist im Deutschen auch extrem dazu geneigt sehr kitschig zu klingen. Da habe ich ein bisschen Angst vor. Denn wenn man auf Deutsch singt, achtet man ja sofort viel stärker auf den Text. Das wäre doch irgendwie komisch, wenn ich mich auf die Bühne stelle und singe “Ich liebe dich unterm Sternenhimmel”. Das ist direkt so privat. Mann kann gar nichts mehr verstecken.
Anna: Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Was würdest du sagen, ist für euch so die größte musikalische Inspiration momentan?
Carlo: Das ist schwierig so allgemein zu sagen. Also ich kann jetzt erst einmal von mir reden, das ist dabei bei uns allen sieben irgendwie bei jedem anders. Ich glaube bei mir hört man momentan die Musik, die ich gerne höre nicht aus der Musik heraus, die ich mache. Ganz am Anfang von unserer Band habe ich zum Beispiel extrem viel Skeggs gehört. Diese australischen Surf Skate Punkbands fand ich extrem cool letztes Jahr. Und dann muss ich selber mal gucken, was habe ich denn hier heute gehört? (schaut in seinem Spotify Verlauf nach) Ich habe heute die 2018er Platte gehört von Das Paradies. Kennst du die?
Anna: Nee, sagt mir tatsächlich gerade nichts.
Australian Surf Pop als Inspiration für den EASY EASY Sound
Carlo: Kannst du dir auf jeden Fall mal anhören, die ist richtig nice. Ansonsten habe ich in letzter Zeit super viel Sports Team gehört. New Order finde ich im Moment aber auch wieder krass. Ja so, die Bands würde ich so aktuell nennen, aber es ist doch immer sehr tagesformabhängig bei mir. Ich. Finde schwierig zu sagen, welcher Künstler einem die größte Inspiration war. Ich glaube die erste Band, die bei mir ausgelöst hat, Musik zu machen war damals Sticky Fingers.
Anna: Was meinst du wäre für eure Band ein Traum-Feature Artist? Oder lieber keine Features?
Carlo: Auf jeden Fall Features! Ich glaube, man hätte eine sehr gute Zeit mit Mac DeMarco. Ich glaube, das macht Spaß mit dem zu produzieren. Ansonsten, was wäre noch krass … (überlegt)
Ja, LCD Soundsystem wäre für mich aktuell krass, das höre ich sehr viel im Moment und mit James Murphy im Studio zu stehenwäre schon krass. Ich glaube, dass wir mit dem einen richtigen Dance-Song produzieren könnten.
Anna: Oha, ja, das sind beides krasse Künstler! Aber zurück zu euch: Wie war für dich und euch als Band denn so der Sommer jetzt? Ich habe gesehen, dass ihr eure erste kleine Tour gemacht und die Songs live gespielt habt. Wie fühlt sich das an?
Carlo: Es hat einfach so Spaß gemacht! Da haben wir auch wieder gemerkt, dass wir fünf Jungs einfach eine Live-Band sind. Merkt man denn auch bei allen so, dass das genau der Grund ist, warum wir das machen. Also klar, Musik im Studio machen ist auch toll, aber live ist nochmal was anderes. Das ist das geilste Gefühl, was du durch Musik bekommen kannst. Und Ende August haben wir zum Beispiel ein Konzert gespielt mit den Boys von Sakropolis zusammen hier bei uns in Köln in so einem Kiosk. Auf einmal kamen ganz viele Leute , sodass es am Ende um die 100 waren alleine in dem Kiosk! Und dann haben die auch so die Texte mitgesungen und das war krass. Das hat so Spaß gemacht und da geht man auch wirklich runter von der Bühne und ist den ganzen Abend happy. Da singen einfach Leute die Texte mit, die man teilweise nachts um 5 Uhr im Suff geschrieben hat. Darauf musst du erstmal klarkommen. Ist ein krasses Kompliment irgendwie.
Das Glücksgefühl nach einem Live-Konzert ist nicht zu toppen
Anna: Ist denn für die Zukunft schon mehr geplant?
Carlo: Auf jeden Fall! Im Oktober spielen wir noch vier oder fünfmal, drei Mal in Köln und einmal (hoffentlich zweimal) in Hamburg. Und dann im Januar gehen wir auf unsere erste richtige, größere Tour. Hoffentlich. Mal schauen, ob das funktioniert, da sind wir gerade noch in der Planung.
untold story
Anna: Sehr cool! Okay, letzte Frage für heute: Was ist eure EASY EASY untold story? Untold stories sind bei uns in Interviews Geschichten von Bands und Künstler:innen, die sie noch nie in einem Interview erzählt haben, die aber eigentlich total lustig, spannend, interessant zu erzählen sind. Fällt dir da zufällig etwas ein?
Carlo: Doch, es fallen mir auf jeden Fall ein paar Geschichten ein. Das Problem ist nur: Die Geschichten, die wir in Interviews nicht erzählen, die können wir auch nicht erzählen. Aber es gibt Sachen, dass man selber keinen Gefallen mit, wenn wir das erzählen, beziehungsweise die sollten wir lieber niemandem erzählen (schmunzelt). Aber du hast Glück: Da gibt es doch noch eine aktuelle Story, die ganz lustig ist. Und zwar habe ich mir den Fuß verbrannt auf der Bühne vor ein paar Wochen. Da haben wir auf auf dem Bulli Summer Festival gespielt am Freitag und das hat den Veranstaltern so sehr gefallen, dass sie uns gefragt haben, ob wir am Samstag noch einmal spielen wollen. Und natürlich hatten wir Bock! Dann sind wir noch kurz vor knapp zum Baumarkt gefahren, also Schlafsäcke hinzu geholt, uns da ein Zelt organisiert, alle da gepennt und dann am nächsten Tag mit so zwei Stunden Schlaf und übertrieben verkatert noch so drei Sets gespielt. Eins von den Sets war wirklich so extremst in der Sonne und ich war so gut drauf, da hab ich gesagt “So Leute, ich spiele jetzt barfuß”. Dann bin ich da so ein bisschen rum gezappelt, wie ich es halt immer auf Konzerten mache. Und irgendwann habe ich so gedacht, ich jetzt einen nicen Move und wollt so ganz cool, meinen Fuß so vorne auf den Monitor drauf stellen. Und dann habe ich aber nicht bedacht, dass der halt zwei Stunden lang in der prallen Sonne die ganze Zeit stand, da ich meinen Fuß so drauf und dann so direkt meinen Fuß übelst verbrannt. Es hat wirklich eine ganze Woche lang übertrieben wehgetan. Kann ich also nicht empfehlen. Aber ansonsten hat Luis sich zum Beispiel auf der Bühne einmal fast übergeben. Ich weiß nicht, ob er seine Haare oder eine Zigarette verschluckt hatte, eins von beidem. Und dann musste er fast kotzen auf der Bühne. Das war lustig – also für uns zumindest, für ihn eher weniger.
Anna: Aua, so einen verbrannten Fuß stelle ich mir echt sehr schmerzhaft vor. Aber danke, dass du die Stories mit mir geteilt hast und danke für das Interview. Bis zum nächsten Mal!
Hier könnt ihr in die Debüt-EP “Lemon Squeezy” von EASY EASY reinhören!
Fotocredit: Marco Peters (letztes Foto)